Quelle Ein paar Smart-Cabrios zum Schleuderpreis
Hamburg - Das Versandhaus Quelle will künftig Autos frei Haus liefern - und zwar unter Listenpreis. Verbraucherschützer stehen solchen Rabattaktionen skeptisch gegenüber, denn die Werbung hält meist nicht, was sie verspricht.
Nach Edeka, Schlecker und Plus wird auch Europas größtes Versandhaus seine Marketing-Maschinerie mit einer Auto-Aktion ankurbeln. Der Versandhändler bestätigte gegenüber SPIEGEL ONLINE, dass bei der nächsten Sonderaktion ab Mitte April eine kleinere Menge von Fahrzeugen weit unter Händlerpreis angeboten werden soll. Verschiedene Agenturen berichten, Quelle wolle 50 Smart-Cabrios importieren, ausgeliefert werden sollen sie von der Post-Tochter DHL.
Unternehmenssprecher Erich Jeske wollte diese Angaben nicht bestätigen. Dennoch distanzierte sich Hersteller Smart sofort von der Aktion: "Es gibt keine Unterstützung von Smart oder DaimlerChrysler für einen derartigen Verkauf und wir liefern auch keine Fahrzeuge", ließ sich ein Unternehmenssprecher in der "Financial Times Deutschland" zitieren.
Seit Mai 2001 versuchen deutsche Handelsketten mit Auto-Aktionen das Geschäft anzukurbeln. Bei der Edeka-Gruppe wurde ein Fiat Punto im Paket mit Druckern, Mobiltelefonen oder Computern angeboten. Der Paketpreis entsprach dabei genau der unverbindlichen Preisempfehlung für das Auto. Die Fiat Automobil AG versuchte mit allen Mitteln den Verkauf zu stoppen - ohne Erfolg.
Betrübnis über das Urteil zu Koppelgeschäften
Im August 2001 erklärte das Oberlandesgericht Karlsruhe das Koppelgeschäft für rechtsmäßig. "Das ist der Anfang vom Ende des Autohandels", kommentierte Friedrich-Karl Bonte, Chef des Verbandes der Fiat-Händler, damals das Urteil. Angesichts des mäßigen Erfolges dieser Aktion scheint die Befürchtung unbegründet: Trotz erheblicher Werbeanstrengungen wurden nur 20 Auto-Pakete verkauft.
Auch der Drogerie-Discounter Schlecker umging bereits im Mai 2002 die Vertriebsrichtlinien. Über die Internet-Homepage wurden Fahrzeuge von Fiat und Ford vertrieben. Die Neuwagen wurden für einen Tag angemeldet und galten somit automatisch als Gebrauchtfahrzeuge. Die Erfolgsbilanz war ebenfalls eher dürftig: Rund 40 Ford Ka und rund 35 Fiat Punto wurden an den Kunden gebracht.
Bis 13. April versucht derzeit der Lebensmittel-Discounter Plus sein Glück im Autogeschäft. Beim Wochenendeinkauf können nun VW-Golf und Ford-Focus-Modelle mit 15 Prozent Rabatt gekauft werden. Allerdings stehen die Ausstattungspakete fest, die Farbwahl ist ebenfalls stark eingeschränkt.
Anbieter Plus bekam schon eine Abmahnung
Solche Spar-Angebote wecken regelmäßig das Interesse von Verbraucherschützern. Plus wurde wegen seiner Autoverkäufe bereits vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) abgemahnt. "Bei diesem Angebot ist nicht klar, mit wem der Kunde die vertragliche Beziehung eingeht, Plus dient hierbei ja eigentlich nur als Werbeplattform", sagte VZBV-Pressesprecher Carel Mohn zu SPIEGEL ONLINE. Dadurch könne es bei der Serviceabwicklung zu Schwierigkeiten kommen.
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Prinzipiell begrüßt der VZBV Rabatt-Aktionen als innovative Form des Marketings, mit denen der mündige Konsument umzugehen weiß. "Kehrseite dieser Aktionen ist jedoch die Unübersichtlichkeit. Der Aufwand das günstigste Angebot zu finden, wird immer größer", sagt Mohn. Beratung und Service blieben dabei oft auf der Strecke. "Allein mit Werbung kann man den Verbraucher nicht informieren, schließlich zeigt diese nur einen Teil der Wahrheit", so Mohn.
Wie der VZBV empfiehlt auch der ADAC einen Preisvergleich vor dem Autokauf. In einer Aussendung wird darauf hingewiesen, dass sich die von Plus genannten Rabatte von 15 Prozent auf die Listenpreise der Autos beziehen. Da im deutschen Autohandel Rabatte üblich sind, ist es gut möglich, dass der Autoverkäufer um die Ecke ein ähnliches oder besseres Angebot macht.
Auch in anderen Branchen gilt: Wenn das Angebot wirklich gut ist, kommen meist nur sehr wenige Kunden in dessen Genuss. Konsumentenschützer bemängeln die meist geringen Aktions-Kontingente. Beispiel Billigfluglinien: Sie werben teilweise mit Flügen zum Nulltarif.
Dumping-Tickets gehen zuerst an Firmenkunden
Wie viele Sitze tatsächlich zu den günstigen Tarifen verkauft werden, lässt sich dabei aber kaum nachprüfen. "Wenn ein Billigflieger sagt, ab morgen gebe es Tickets für zehn Euro, und sie klicken sich kurz nach Mitternacht ein, kann es schon einmal passieren, dass da steht: Kontingent vergriffen. Dagegen hat man keine Handhabe", sagte Sabine Fischer, Reiseexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg.
Außerdem arbeiten Billigfluglinien verstärkt mit Firmen zusammen, wodurch noch weniger Tickets zum Billigstpreis für Privatkunden übrig bleiben. Billigtickets können somit, wenn überhaupt, nur lange im voraus gebucht werden. Wer spät bucht, zahlt häufig mehr als bei einer Linienfluggesellschaft. "Der niedrige Lock-Preis ist nur ein Mittel, um die Airlines ins Gespräch zu bringen", kommentierte Fischer die Angebote der Billigflieger.
Nur wer zuerst bestellt, gewinnt
Nicht zuletzt dank der Billig-Aktionen legte zuletzt auch der deutsche Versandhandel zu. Der Anteil des Versandes am Einzelhandel stieg 2002 auf den Rekordwert von sechs Prozent. "Wir gehören zu den Gewinnern der derzeitigen Konsumflaute", sagte Rolf Schwab, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels (BVH). Maßgeblichen Anteil an diesem Erfolg hat der deutsche Marktführer Quelle. Die Erlöse 2002 wurden um etwa 400 Millionen Euro auf rund 4 Milliarden Euro gesteigert.
Das Versandhaus feierte sein 75-jähriges Firmenjubiläum mit werbewirksamen Billig-Angeboten. Besonders beliebt war dabei das Fertigteilhaus für 75.000 Euro. Von den rund 100.000 Interessenten fanden jedoch nur zehn ihr Zuhause in einem Quelle-Jubiläumshaus. Kein seltenes Szenario - auch das Quelle-Mountainbike für 49,90 Euro wurde nur an 1000 Kunden geliefert. Wer von den restlichen 1,6 Millionen Interessenten unbedingt dies Fahrrad haben wollte, musste 299 Euro bezahlen.
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