Mobilcom Schmids neueste Volte
Hamburg - Otto Gellert glaubt, dass im Fall Mobilcom noch einiges zu retten ist - nicht zuletzt der Börsenkurs.
Die kompletten elf Stunden der vergangenen Mobilcom-Hauptversammlung habe er miterlebt: "Und es scheint doch deutlich so zu sein, dass man dort das Klima insgesamt in Aufsichtsrat und Vorstand wird verbessern können. Das dürfte nicht so schwierig werden", sagte Gellert vor Journalisten im Hamburger Ratsweinkeller. Das Klima bei Mobilcom nämlich, so Gellerts unausgesprochene Einschätzung, ist augenfällig miserabel.
Gellert hatte während der Versammlung noch staunend über die wüsten, gegenseitigen Vorwürfe und Ausfälle der Aufsichtsratsmitglieder, Vorstände und Ex-Vorstände im Publikum gesessen und sich nicht zu Wort gemeldet.
Hoffnung auf Erholung des Aktienkurses
Nun aber mischt der 73jährige mit. "Herr Schmid kann jetzt über seine sämtlichen Vermögensgegenstände nur noch über mich bestimmen", sagte Gellert. Mobilcom-Gründer Schmid erklärte, er habe sich zu dem Schritt entschlossen, weil ihm Zahlungsunfähigkeit drohe, wenn der Werteverfall der Mobilcom-Aktien sich fortsetze.
Mit der "Zwangseinschaltung" des renommierten Unternehmens-Sanierers Gellert erhofft sich Schmid nun, die Weichen für eine andere Sanierung des Büdelsdorfer Mobilfunkers gestellt zu haben als sie vom derzeitigen Vorstand Thorsten Grenz verfolgt wird. Damit verbunden sein soll dann auch ein steigender Aktienkurs.
Gellert ließ dazu anklingen, dass Schmid seine Gesamtschulden bei einem Aktienkurs von drei Euro nicht vollständig begleichen könne. In Branchenkreisen ist die Rede davon, dass erst bei einem Aktienkurs von acht Euro die Gefahr der privaten Insolvenz gebannt sei.
Schmid will nicht, dass Banken seine Aktien verkaufen
Bereits am Freitag hat das Amtsgericht Flensburg Gellert als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Demnach verfügt der Wirtschaftsprüfer nun auch über 37 Prozent aller Mobilcom-Aktien aus dem Besitz von Schmid. Offiziell liegen die Aktien jedoch noch in Händen von Ex-RTL-Geschäftsführer Helmut Thoma, einem Ex-Vertrauten von Schmid, den er nun aber nicht mehr als Treuhänder akzeptiert. Ihm missfiele "die freie Handlungsweise eines Programmdirektors, der vom Geschäft nichts versteht", so Schmid.
Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass Thoma von verschiedenen Banken zum Verkauf des Schmidschen Aktienpakets gezwungen werden könne: Der mit Abstand größte Teil der Wertpapiere ist bei den Banken verpfändet - diese könnten somit theoretisch die Aktien bei einem niedrigen Kurs veräußern, um wenigstens einen Teil ihrer Kreditsumme wieder einzustreichen.
Gellert und Schmid kritisieren die Bundesregierung
Doch nun, so Gellert, sei davon auszugehen, dass Helmut Thoma in den kommenden acht Wochen die Aktien nicht verkaufen kann. Sämtliche Ansprüche von Schmids Schuldnern seien eingefroren, solange Gellerts Aufstellung von Vermögensposten und Schulden des Wahl-Schleswigers noch in Arbeit sei.
Danach aber will sich der Insolvenzverwalter auch bei Fragen über das Sanierungskonzept von Mobilcom zu Wort melden. "Ich sehe mich eher als aktiven, denn als passiven Verwalter", sagte Gellert.
Besonders aktiv wurde Gellert ebenso wie Schmid bereits jetzt, als es um die Rolle der Bundesregierung im Fall Mobilcom ging. Schmid wiederholte, dass die Regierung als Großaktionär der Telekom nichts lieber sähe als einen Abriss des UMTS-Netzes, das Mobilcom für etwa zwei Milliarden Euro aufgebaut hat. Kurz vor der Bundestagswahl hatte die Bundesregierung einen Überbrückungskredit für Mobilcom in Höhe von 162 Millionen Euro für Mobilcom zugesagt, um eine drohende Insolvenz abzuwenden.
"Mit France Telecom Gemeinsamkeiten finden"
Gellert: "Mit France Telecom Gemeinsamkeiten finden"
Gellert, der von der Handelskammer Hamburg im vergangenen Jahr als Schiedsgutachter im Streit zwischen Mobilcom und France Telecom bestellt worden war, sagte, damals sei "etwas nebulös geblieben, welchen Standpunkt die Bundesregierung eingenommen hat".
Als er später, im vergangenen September, nach Zustimmung von Schmid und Treuhänder Thoma in Berlin angeboten habe, zweiter, gleichberechtigter Treuhänder für Schmid zu werden, sei dies brüsk abgelehnt worden. "Diese Absage ist mir gegenüber in einer Form erfolgt, die ich nicht angemessen fand", sagt Gellert. Schließlich habe er bereits 1990 als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der Treuhandanstalt begonnen, erfolgreich für die Regierung zu arbeiten.
Suche nach "positiven Ansätzen"
Gellert setzt jetzt darauf, mit dem Anwalt der France Telecom, Dr. Gerd Thoma, ins Gespräch zu kommen. Gellert: "Mit dem Großaktionär France Telecom lassen sich dann sicher positive Ansätze für Gemeinsamkeiten finden."
Der französische Partner hatte im vergangenen Jahr jedoch noch ausdrücklich gefordert, dass Gerhard Schmid sich vollständig aus dem Geschäft bei Mobilcom zurückziehen müsse. Vor diesem Hintergrund könnte die Ankündigung Schmids, via Gellert wieder Einfluss auf das Unternehmen auszuüben, in Paris durchaus als Affront gewertet werden.
"Keineswegs nur ein Knallerbsen-Effekt"
Auf Nachfragen winkt Schmid aber ab: "Ich habe bereits mit Verantwortlichen der France Telecom gesprochen - dort wird der Vorschlag zu mehr Kooperation ganz sicher nicht als Rotes Tuch gesehen."
Schmid und Gellert verwahrten sich zudem ausdrücklich dagegen, durch die Anmeldung der Privatinsolvenz einen Coup gestartet zu haben. "Der Vorgang ist gerichtlich geprüft, es handelt sich hier keineswegs nur um einen Knallerbsen-Effekt."
Mobilcom dagegen sieht den Vorgängen scheinbar gelassen entgegen: "Der Treuhändervertrag bleibt unverändert bestehen. Professor Dr. Helmut Thoma ist weiterhin rechtlicher Eigentümer der Mobilcom-Aktien von Gerhard Schmid ", meldet die Konzernzentrale in Büdelsdorf.
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