Siemens Neue Aufseher für Heinrich von Pierer
Hamburg/München - Siemens plant im Aufsichtsrat mehr als die Hälfte der Vertreter der Aktionäre auszutauschen. Wie die "Financial Times Deutschland" in ihrer Mittwochausgabe schreibt, werde der Aufsichtsrat des Technologie-Konzerns der Hauptversammlung am 23. Januar kommenden Jahres sechs neue Mitglieder vorschlagen: Josef Ackermann, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, John David Coombe, Finanzvorstand des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline, Gerhard Cromme, Aufsichtsratsvorsitzender von ThyssenKrupp, Iain Vallance, Vize-Chairman der Royal Bank of Scotland, und Walter Kröll, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Der Name des sechsten Kandidaten werde nachgereicht, sagte ein Konzernsprecher der Zeitung.
Mit der Hauptversammlung am 23. Januar laufen dem Bericht zufolge die Amtszeiten sämtlicher 20 Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer- und Aktionärs-Seite aus. Von den zehn Vertretern der Aktionäre würden Jean Gandois (72) und Heinz Kriwet (71) aus Altersgründen ausscheiden. Dabei soll Kriwet durch Cromme ersetzt werden. Die Nominierung Crommes unterstreiche den Stellenwert, den Siemens der Corporate Governance einräume. Cromme hat als Vorsitzender der Regierungskommission "Deutscher Corporate-Governance-Kodex" Leitlinien für deutsche Unternehmen entwickelt.
Neben Kriwet und Gandois werden laut dem Bericht auch Robert Kimmitt, Vorstand von AOL Time Warner, Daniel Vasella, Vorstandsvorsitzender des Pharmakonzerns Novartis, Rolf-E. Breuer, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank und der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Hubert Markl, aus dem Gremium ausscheiden. Sie alle haben dem Bericht zufolge lediglich eine Amtszeit von fünf Jahren hinter sich und sind noch deutlich von der Altersgrenze von 70 Jahren entfernt. Ein Sprecher wollte die Gründe für ihr Ausscheiden und die Auswahl der neuen Kandidaten gegenüber der Zeitung nicht kommentieren.
"Die Unternehmenskultur hat Schaden genommen"
Unterdessen teilten die Mitarbeiteraktionäre von Siemens mit, dass sie dem Vorstand bei der Hauptversammlung im Januar die Entlastung verweigern wollen. Die Verbesserung des operativen Ergebnisses sei von Mitarbeitern durch den Abbau von Arbeitsplätzen bezahlt worden, sagte ein Sprecher des Vereins von Belegschaftsaktionären am Mittwoch in München.
In einem Brief an Siemens-Chef Heinrich von Pierer kritisieren die Belegschaftsaktionäre, bei ICN sei die Absatzentwicklung lange falsch eingeschätzt worden. Der Vorstand habe die Signale für einen bevorstehenden Einbruch übersehen. Die daraus resultierende Akquisitionspolitik in den USA habe dem Konzern zusätzlich hohe Einbußen beschert. Die Gruppierung forderte zudem erneut eine Senkung der Renditevorgaben für ICN und die industriellen Dienstleistungen.
Beim Stellenabbau hat Siemens nach Einschätzung der Mitarbeiteraktionäre zu spät angefangen, nach neuen Wegen zur Rettung von Arbeitsplätzen zu suchen. So hatte Siemens den Stellenabbau bei ICN nach langen Verhandlungen mit den Arbeitnehmern unter anderem durch eine Arbeitszeitverkürzung abgemildert. "Enttäuschend war vor allem für viele Mitarbeiter, dass der Vorstand erst auf erheblichen öffentlichen Druck die notwendigen Anpassungsmaßnahmen halbwegs sozialverträglich abfederte", hieß es. Die Auseinandersetzung habe in Bezug auf die Firmenkultur viel Schaden angerichtet.