Mobilcom Die Insolvenz ist vorerst abgewendet
Berlin/Hamburg/Büdelsdorf - Nach einem mehrstündigen Krisengespräch kam am Sonntag-Abend gegen 22 Uhr die erlösende Nachricht: Der angeschlagene Mobilfunk-Anbieter Mobilcom ist vorerst gerettet. Eine Insolvenz wurde mit Hilfen des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein in Höhe von bis zu 400 Millionen Euro abgewendet.
Eine erste Tranche der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) von 50 Millionen Euro werde bereits am Montag zur Verfügung gestellt, sagte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller nach einer mehrstündigen Krisensitzung in Berlin am Sonntagabend.
Der Minister betonte ausdrücklich die Finanzierungsverpflichtungen des französischen Konzerns France Telecom, der Mobilcom mit seinem Rückzug in Bedrängnis gebracht hatte.
Minister Müller: "Ein im Kern gesundes Unternehmen"
Mobilcom sei ein im Kern gesundes Unternehmen mit einem Liquiditätsengpass, sagte Müller zur Begründung für die Hilfen. Deshalb sei eine Insolvenz nicht zu verantworten gewesen. Der umstritttene Mobilcom-Mehrheitsaktionär Gerhard Schmid will als weiteren Teil der Lösung seine Aktien an einen Treuhandfonds übergeben. Schmid ist eine Reizfigur für die Franzosen, die ihn für den Hauptschuldigen der Krise bei Mobilcom halten.
Die KfW werde bis zu 320 Millionen Euro bereitstellen. Weitere Hilfen kämen von der Landesbank Schleswig-Holsten, sagte Müller. Mit den Hilfen solle der Liquiditätsengpass überwunden und eine Restrukturierung mit Erhalt der UMTS-Zukunft auf den Weg gebracht werden. Mobilcom hat mehr als 5.000 Mitarbeiter.
Auch Kanzler Schröder intervenierte
An dem Krisengespräch bei Müller nahmen Mobilcom-Chef Thorsten Grenz, Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Rohwer sowie Vertreter des Kanzleramtes und des Finanz- und Justizministeriums teil. Die "Bild"-Zeitung hatte am Samstag berichtet, der Bund und das Land Schleswig-Holstein wollten kurzfristige Bankkredite bis zu 200 Millionen Euro durch Staatsbürgschaften absichern.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte angekündigt, sich für den Fortbestand von Mobilcom einsetzen zu wollen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Matthias Wissmann, warnte am Samstag unter Hinweis auf die Erfahrungen mit dem Bauriesen Philipp Holzmann vor Bürgschaftszusagen Schröders. Der Konzern musste gut zwei Jahre nach der spektakulären Rettung durch Schröder dieses Jahr erneut Insolvenz anmelden.
France Telecom sieht Klagen gelassen entgegen
Angedrohten Klagen nach dem Rückzug bei Mobilcom gibt die France Telecom wenig Chancen. "Wir sind juristisch in einer sehr soliden Position", bekräftigte Vorstand Jean-François Pontal nach Angaben der französischen Zeitung "Le Figaro" vom Samstag.
Mobilcom hatte erklärt, es würden Klagen auf Schadenersatz geprüft. Schmid wirft den Franzosen Vertragsbruch vor kündigte bereits eine Milliardenklage gegen den französischen Konzern an, der an Mobilcom 28,5 Prozent hält.
Insgesamt hat France Telecom nach Worten von Finanzchef Jean-Louis Vinciguerra in Zusammenhang mit dem Rückzug für mögliche juristische Auseinandersetzungen 900 Millionen Euro zurückgestellt.
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