Deutsche Bank Ackermann droht Anklage

Der neue Konzernchef schlittert in seinen ersten Skandal: Wegen des Verdachts der Untreue soll Ackermann angeblich vor Gericht. Es geht um die hohen Abfindungen im Zuge des Mannesmann-Vodafone-Deals, die er als Aufsichtsratsmitglied absegnete.

Frankfurt - Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft will nach Zeitungsberichten wegen der Millionen-Abfindungen bei der Übernahme des Telefonkonzerns Mannesmann durch den Konkurrenten Vodafone  Anklage wegen des Verdachts der Untreue gegen sieben Verantwortliche erheben. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ). Die Kripo-Sonderkommission "EK Mannesmann" und die Staatsanwaltschaft ermitteln seit der Übernahme des Konzerns durch Vodafone im Jahr 2000.

Für die Rekordsumme von 188 Milliarden Dollar hatte der britische Konzern damals gegen anfänglich erbitterten Widerstand des Mannesmann-Managements an deren Unternehmen die Mehrheit erlangt.

Dabei erhielt Vorstandschef Klaus Esser insgesamt etwa 90 Millionen Mark Abfindung (davon zahlte Großaktionär Hutchison Whampoa 30 Millionen), seine engsten Mitarbeiter 31 Millionen und weitere, bereits pensionierte Vorständler oder deren Angehörige 60 Millionen Mark.

Ackermann: Mangelnde Kenntnis des Übernahmerechts?

Beschuldigt werden jetzt der Vorstand der Deutschen Bank  Josef Ackermann, IG-Metall-Vorstand Klaus Zwickel, der frühere Mannesmann-Vorstandsvorsitzende Klaus Esser und der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Funk sowie vier weitere Personen, titelt die "Süddeutsche Zeitung". Dass Anklage erhoben wird, gelte als sicher.

Ackermann soll sich laut "SZ" in einer für die Ermittler bestimmten Erklärung bereits zu den Vorwürfen geäußert haben. Seine angebliche Entschuldigung: Er sei als Schweizer Staatsbürger mit den deutschen Gepflogenheiten bei Übernahmen nicht so vertraut gewesen.

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Simone Kämpfer, wollte den Bericht nicht kommentieren. Die Anklagebehörde habe den Sachverhalt weitestgehend rechtlich gewürdigt und ausführliche Gespräche mit den Verteidigern geführt. Derzeit erwarte die Staatsanwaltschaft die Stellungnahmen der Verteidiger, sagte Kämpfer.

Ein Sprecher Ackermanns erklärte, eine Anklage wegen des Verdachts der Untreue erscheine aus rechtlicher Sicht abwegig. "Es ist unstreitig, dass der zuständige Ausschuss des Mannesmann-Aufsichtsrats in Vergütungsfragen ein breites Ermessen hatte", sagte er. Dass dieses Ermessen korrekt ausgeführt worden sei, habe auch ein Rechtsgutachten belegt.

"Pflichtverletzung des Aufsichtsrats"

Das hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPNG kurz nach der Übernahme noch anders beurteilt. Die "Appreciation Award" genannten hohen Abfindungssummen kritisiert. Die "SZ" bezieht sich auch Unterlagen der Sonderkommission, aus denen hervorgehe, dass KPNG eine "Pflichtverletzung des Aufsichtsrats" in diesem Punkt nicht ausschließt.

Ackermann war im Jahr 2000 Angehöriger eines vierköpfigen Aufsichtsrats-Ausschusses, dem auch Zwickel und der Aufsichtsratschef Joachim Funk sowie Konzern-Betriebsratsvorsitzender Jürgen Ladberg angehörten. Das vierköpfige Gremium hatte mit seinen Unterschriften die geplanten, hohen Abfindungszahlungen abgesegnet.

Vorwürfe der Sonderkommission sind zugestellt

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft näherten sich offenbar dem Ende, schreibt das "Handelsblatt" zu dem Thema. Nach dessen Informationen seien den Betroffenen die Ergebnisse der Ermittler zugestellt worden.

Bis zum 16. August könnten sich die Beschuldigten dazu äußern, heißt es. Ob es dann zu einer Anklage komme, sei laut Staatsanwaltschaft aber noch offen. Auch nach "Handelsblatt"-Informationen soll eine Klage in einigen Fällen als sehr wahrscheinlich gelten.

Möglicherweise vorinformierte Investorenkreise reagierten bereits gestern: Die Aktie der Deutschen Bank gab um 6,6 Prozent nach.

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