Deutsche Telekom 15 Millionen zum Abschied
Hamburg/Berlin/Bonn Der ehemalige Telekom-Chef Ron Sommer bekommt möglicherweise eine deutlich höhere Abfindung, als bisher vermutet. Nach einem Bericht des SPIEGEL enthält der Vertrag des am Dienstag zurückgetretenen Managers neben einer garantierten Laufzeit bis 2005 auch die Option auf eine Verlängerung um weitere drei Jahre.
Damit stünden Sommer nicht nur drei sondern insgesamt sechs Jahresgehälter zu. Bei einer jährlichen Vergütung von geschätzten 2,5 Millionen Euro müsste die Telekom dann rund 15 Millionen Euro allein aus den garantierten Festbezügen überweisen. Ein Telekomsprecher sprach auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa von Spekulationen.
Offen sei zudem, ob und in welcher Höhe Sommer zusätzlich einen Gegenwert für die Aktienoptionen erhält, die ihm der Aufsichtsrat einstimmig eingeräumt hat. Experten schätzten deren Wert auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Finanzminister Hans Eichel (SPD) hatte in der vergangenen Woche lediglich erklärt, dass es keine gesonderte Abfindung für Sommer gebe, sondern lediglich der Vertrag erfüllt werde.
Schelte vom DGB
Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer kritisiert unterdessen die Bundesregierung wegen der Personalquerelen bei der Telekom. Nachdem Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber das Thema "hochgezogen" habe, seien "einige in der Regierung offenbar nervös geworden", sagte Sommer, der im Aufsichtsrat der Telekom sitzt, gegenüber dem SPIEGEL. "Dass eine so wichtige Personalie in aller Öffentlichkeit debattiert wurde, war fatal." Das habe "dem Unternehmen schwer geschadet".
Zugleich warf der DGB-Chef einigen seiner Aufsichtsratskollegen bei der Telekom vor, mit der Personalie verdeckt Wahlkampf für Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber gemacht zu haben. Einige Aufsichtsräte der Kapitalseite hätten in den vergangenen Wochen "die Ablösung von Telekom-Chef Ron Sommer betrieben", sagte der DGB-Chef. Dabei hätten "wohl nicht nur betriebswirtschaftliche Erwägungen eine Rolle gespielt".
Auf Sparkurs
Derweil gibt es erste konkrete Aussagen über den bereits angekündigten Sparkurs der neuen Hausherren. Interims-Vorstandschef Helmut Sihler plant einschneidende Maßnahmen, um die Schulden von insgesamt rund 67 Milliarden Euro bis Ende 2003 auf 50 Milliarden Euro zu senken.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" sollen unter anderem beim Marketing-Etat 400 Millionen Euro eingespart werden. Außerdem sollen Investitionen massiv gekürzt und Vermögenswerte schneller verkauft werden. "Wir stellen fast alles auf den Prüfstand", sagte ein Mitarbeiter des Konzerns.
Bereits zuvor wurde bekannt, dass die IT-Sparte T-Systems ein noch unter dem ehemaligen Vorstandschef Ron Sommer gestartetes Kostensenkungsprogramm vorantreiben will. Danach sollen die Kosten in der Sparte um mehr als 500 Million Euro bis zum Ende des dritten Quartals des kommenden Jahres verringert werden. Damit trage die Tochter zum Abbau der Schulden des Konzerns bei. Das gesamte Sanierungsprogramm will Interims-Vorstandschef Helmut Sihler mit den Halbjahreszahlen am 21. August bekannt geben.
Strafanzeige wegen Falschabrechnung
Strafanzeige wegen Falschabrechnung droht
Während sich die neue Telekom-Spitze um Konsolidierung bemüht, droht Ärger wegen falschen Rechnungen in Millionenhöhe. Telekom-Vize Gerd Tenzer müsse nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" deshalb mit einer Strafanzeige wegen Betrugs rechnen.
Bei der Analyse von 100 Millionen Datensätzen von 1999 bis 2001 seien Rechnungsfehler in Millionen-DM-Höhe zu Lasten der Kunden entdeckt worden, sagte der Geschäftsführer der Telefonkunden-Gemeinschaft "Communitel", Bernd Stotzel. Seitenweise seien Einzelgespräche ohne Datum und Zielnummer mit einer Dauer von 0 Sekunden mit bis zu 1311,85 DM in Rechnung gestellt worden. Kurzgespräche über 31 Sekunden von Bonn nach Aachen seien mit 25 DM belastet worden.
Intern Fehler eingestanden
Nach Hausmitteilungen, die der "Welt am Sonntag nach eigenen Angaben vorliegen, räume die Telekom intern Fehler ein. Das Blatt zitierte beispielsweise eine interne Meldung vom September 2001, wonach es aufgrund eines Fehlers in der Technik vorkommen könne, dass Verbindungen mit der Inland-Auskunft 11833 zu spät oder gar nicht beendet worden wären.
Die fehlerhaften Verbindungen hätten eine Dauer von mehreren Stunden oder Tagen gehabt. Es könnten deswegen fälschlicherweise Rechnungen über mehrere Tausend DM pro Verbindung aufkommen. Telekom-Sprecher Ulrich Lissek wies die Vorwürfe gegenüber der dpa am Samstag zurück. Der drohenden Strafanzeige sehe das Unternehmen mit Gelassenheit entgegen, hieß es weiter.