Babcock Borsig Rüge vom Kanzler

Das Tauziehen um die Zukunft des angeschlagenen MDax-Konzerns geht in die nächste Runde. Während Banken und Politiker keine Lösung finden, läuft die Zeit davon. Bundeskanzler Schröder stellt eine Erhöhung der Bundes-Bürgschaft in Aussicht und kritisiert das Management.

Düsseldorf - Das Schicksal des von der Insolvenz bedrohten Konzerns Babcock Borsig  schien am Donnerstagabend völlig offen, wenngleich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dem Unternehmen weitere Bundeshilfen zugesagt hat. Die Gespräche seien wieder fest gefahren, war am frühen Abend aus der Düsseldorfer Staatskanzlei zu erfahren. Am Mittag hatte es dort noch geheißen, man sehe eine 50-prozentige Chance für eine Rettung des Traditionsunternehmens.

"Ich habe (den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten) Wolfgang Clement ermächtigt, wenn es nötig ist, zu Lasten des Bundes sich auch weiter zu engagieren", sagte Schröder im Anschluss an ein 20-minütiges Treffen mit Vertretern des Babcock-Betriebsrates in Oberhausen.

Zur konkreten Höhe des Engagements wollte sich Schröder nicht äußern. Es sei aber klar, dass ein Engagement des Bundes bei Babcock haushaltspolitische Grenzen habe.

Der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen hatten zuletzt Bürgschaften angeboten, die fast die Hälfte des auf 700 Millionen Euro bezifferten Finanzbedarfs abdecken. Über die mögliche Höhe der Bundesbürgschaft wollte Schröder keine Angaben machen. Die "Berliner Zeitung" hatte sie vor Schröders Erweiterungsoption auf 105 Millionen Euro beziffert.

Schröder kritisiert das Management

Auf einer SPD-Kommunaltagung in Oberhausen rügte Schröder deutlich das Management von Babcock: "Wenn das Management mit den ihnen anvertrauten Arbeitnehmern genau so sorgsam umgegangen wären wie mit ihren eigenen Gehaltsmaßstäben, dann wäre es wesentlich besser gewesen."

Wenn das Krisengespräch in der Düsseldorfer Staatskanzlei am Donnerstag keine Einigung bringe, werde am Freitag weiter verhandelt, kündigte Schröder an. Wegen der ohnehin hohen Arbeitslosigkeit in Oberhausen sei der Bund sehr am Erhalt des Unternehmens interessiert.

In Bankenkreisen hieß es einerseits, wenn nicht noch etwas Unvorhersehbares geschehe, werde Clement noch am Abend eine positive Lösung verkünden. Aus anderen Bankenkreisen hieß es hingegen, die Parteien hätten sich an in ihren Positionen wieder voneinander entfernt.

Die Frist läuft ab

Babcock braucht für seine Sanierung rund 700 Millionen Euro, rund 200 Millionen Euro davon sofort. Die Frist, bis zu der die Juni-Gehälter gezahlt werden müssen, war am Mittwoch um einen Tag auf Donnerstag verlängert worden.

Am Mittwoch hatten Vertreter der Banken, der Anteilseigner und der Landesregierung zwölf Stunden um eine Lösung für Babcock gerungen, sich schließlich aber doch auf Donnerstag vertagt. Als Fortschritt konnte Clement immerhin vermelden, Bund und Land seien zu Bürgschaften in der Größenordnung von 350 Millionen Euro bereit.

Bei der Aufgabenverteilung im Sanierungskonzept für Babcock sei man sich im Grundsatz näher gekommen, hieß es in den Bankenkreisen am Vormittag. Danach sollten die jetzt schon an Babcock beteiligten Häuser WestLB und Tui  für eine Aufstockung des Eigenkapitals sorgen.

Der Babcock-Gläubiger One Equity Partners (OEP) könnte helfen, indem er das zum Verkauf stehende US-Geschäft von Babcock zu einem annehmbaren Preis kaufe und damit dringend nötiges Geld in die Babcock-Geschäftskasse bringe. Schließlich sollten die Geschäftsbanken das Sanierungskonzept mit Krediten flankieren.

Überzogene Preise

Am Nachmittag sagte die IG-Metall-Sekretärin Hannelore Elze, nachdem sich offenbar die Deutsche Bank  in Richtung auf eine Sanierungslösung bewegt habe, hätten andere Bankenvertreter wieder neue Stolpersteine gefunden. Man rechne damit, dass erneut bis in die Nacht hinein verhandelt werde.

Der im Sanierungskonzept von Unternehmensberater Roland Berger vorgesehene Verkauf des US-Geschäfts von Babcock dürfte nach Unternehmensangaben eine spürbare Erleichterung der finanziellen Lage bringen. Der in der Presse genannte erwartete Erlös von einer Milliarde Euro für die Babcock Borsig Capital Corp (BBCC) sei aber deutlich zu hoch angesetzt.

Zocker spielen mit der Aktie

Bei früheren Versuchen Babcocks, sich von seiner unter der BBCC angesiedelten Tochter Vogt Nem zu trennen, hatten die Markterwartungen beim Preis zwischen 300 und 350 Millionen Euro gelegen. Der Komponentenlieferant für Gaskraftwerke macht etwa die Hälfte des BBCC-Umsatzes von rund einer Milliarde Euro aus.

Wenige Stunden vor Ablauf der verlängerten Frist zur Rettung von Babcock ist die Aktie des Anlagenbauers offensichtlich zum Spielball von Spekulanten geworden. Nach einem anfänglichen Kurseinbruch um ein Drittel drehten die im Nebenwerte-Index MDax gelisteten Titel  stark ins Plus und schlossen um knapp 30 Prozent höher als am Vortag. Einige Anleger spekulierten offenbar auf eine Rettung des Traditionsunternehmens in letzter Minute, sagten Händler.

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