Versicherer Verärgert über Riester
München - Die Versicherungsbranche hat im vergangenen Jahr ihre Wachstumsziele in Deutschland verfehlt und rechnet für 2002 wegen der Unsicherheit um die Akzeptanz der Riester-Rente mit einem geringeren Beitragswachstum als zuvor. Die Beitragseinnahmen sollten in diesem Jahr branchenweit um vier Prozent steigen, sagte der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Bernd Michaels, am Dienstag in München.
Im November hatte er noch mit fünf Prozent Wachstum gerechnet. "Bei den vielen Wenn und Aber rund um die Riester-Rente lässt sich gegenwärtig allenfalls prognostizieren, dass die deutsche Versicherungswirtschaft auch im Jahr 2002 auf Wachstumskurs bleibt", sagte er. 2001 hatte das Beitragswachstum in der Branche mit 2,8 (2000: 3,2) Prozent auf 135,5 Milliarden Euro das Ziel von 3,3 Prozent verfehlt. Bei der Deckung von Terror-Risiken geht Michaels von einer raschen Einigung mit der Bundesregierung aus.
"Für das Jahr 2001 können wir mit dem erreichten Ergebnis zufrieden sein", sagte Michaels. Die größten Wachstumsträger waren nach seinen Angaben die private Krankenversicherung, die 5,5 Prozent zulegte, zugleich aber 6,3 Prozent mehr Leistungen auszahlte, und die Autoversicherung. Dieser größte Zweig der Schadenversicherung habe seine Beitragseinnahmen um 4,9 Prozent gesteigert, während der Schadenaufwand um 2,5 Prozent zurück gegangen sei. In der Industrieversicherung seien erstmals seit sieben Jahren die Beiträge wieder um 3,5 Prozent gestiegen.
Der große Unsicherheitsfaktor
Als großen Unsicherheitsfaktor sieht der GDV den Erfolg der "Riester-Rente". Bisher seien davon rund 1,5 Millionen Verträge verkauft worden, fast ausschließlich durch Lebensversicherer. Bei einem erwarteten Volumen von 1,3 Milliarden Euro könne das Renten-Geschäft den Lebensversicherungen in diesem Jahr allein einen Wachstumsschub von zwei Prozent geben.
Die Leben-Sparte insgesamt könne um fünf Prozent wachsen, nachdem sie 2001 mit 1,9 Prozent weniger stark zugelegt hatte als erhofft. In der Krankenversicherungs-Sparte erwartet der GDV ein Wachstum von rund vier Prozent, bei Schaden- und Unfall-Policen zeichne sich ein Plus von 2,5 Prozent ab.
Branchenweit standen Beitragseinnahmen von 135,5 Milliarden Euro 2001 um 3,5 Prozent gestiegene Versicherungsleistungen von 158,3 Milliarden Euro gegenüber. Der Anlagebestand der Versicherer sei trotz des schlechten Börsenjahres um 61 Milliarden Euro gestiegen. Jedoch hätten die Unternehmen nur 25 Prozent des Bestandes in Aktien angelegt, 70 Prozent dagegen in fest verzinslichen Papieren.
US-Terror-Schaden kostet 52 Milliarden Dollar
Verlässliche Zahlen über die Belastungen aus den Anschlägen in den USA auf die Versicherungsbranche in Deutschland gebe es noch nicht, hieß es. Insgesamt werde der versicherte Schaden mittlerweile auf 52 Milliarden Dollar (knapp 60 Milliarden Euro) geschätzt. In Deutschland drohten bei einer dem Anschlag in New York vergleichbaren Attacke Einzelschäden von fünf bis sechs Milliarden Euro.
Zur Deckung künftiger Terror-Risiken ziehe die Branche die Gründung eines Spezialversicherers einer Pool-Lösung vor, sagte der GDV-Präsident. Die von den Versicherungskonzernen und dem Staat gemeinsam getragene Gesellschaft solle Sachschäden und Betriebsunterbrechungskosten in der Industrie von mehr als 25 Millionen Euro je Einzelfall decken, die aus Anschlägen entstehen.
Unter dieser Schwelle seien Schäden durch Anschläge über die normalen Policen versichert. Die deutschen Erst- und Rückversicherer seien bereit, 1,5 Milliarden Euro an Kapazität dafür zur Verfügung zu stellen. Ein Betrag in gleicher Höhe solle bei ausländischen Erst- und Rückversicherern beschafft werden, sagte Michaels.
Oberhalb einer Grenze von drei Milliarden Euro müsse jedoch der Staat einstehen, am Besten unbegrenzt, sagte der GDV-Chef. Darüber werde bereits gesprochen. Er sei zuversichtlich, dass die Bundesregierung relativ bald positiv entscheiden werde.