Andersen "Bedauerlich, wenn unser Name verschwände"
mm.de:
Gibt es Auswirkungen des Enron-Skandals in den USA auf das Deutschland-Geschäft von Andersen?
Groß: Wir haben in Deutschland keinen Kunden verloren, der die Vorgänge um Enron zum Anlass dafür genommen hätte. Offensichtlich überzeugt die Qualität unserer Arbeit. Und wir bemühen uns darum, dass es auch so bleibt.
mm.de: Also gibt es keine Verunsicherung unter den Kunden?
Groß: Es gibt natürlich Verunsicherung. Aber wir beantworten alle Fragen, die uns gestellt werden. Unsere Kunden wissen sehr wohl zu unterscheiden zwischen dem Problem im Büro Houston und der Arbeit der deutschen Andersen Praxis.
mm.de: Aber immerhin benutzt Andersen Deutschland denselben Namen wie der Prüferkonzern in den USA.
Groß: Das ist richtig.
mm.de: Wird der Firmenname vielleicht schon bald verschwinden? Es heißt, dass Andersen weltweit möglicherweise schon in den kommenden Tagen oder Wochen an einen anderen Prüferkonzern verkauft werden könnte.
Groß: Zum einen: Sollte der Name Andersen verschwinden, wäre das aus meiner Sicht sehr bedauerlich. Zum anderen: Es finden derzeit Gespräche mit verschiedenen Adressen statt. Dabei geht es aber nicht um einen Verkauf - es geht um eine mögliche Fusion. Die Gesellschafter der deutschen Andersen Praxis sind ausschließlich aktive deutsche Partner. Und deren wertvollster Besitz sind die etablierten, persönlichen Netzwerke. Die lassen sich nicht verkaufen, aber sehr wohl in eine Fusion einbringen.
mm.de: Wie funktioniert die Meinungsfindung unter den weltweit verstreuten Andersen-Partnern über eine mögliche Fusion?
Groß: Es wird einen Vorschlag des weltweiten Board of Partners geben, das sich aus 18 Partnern aus 12 Nationen zusammensetzt. Über diesen Vorschlag müsste dann weltweit abgestimmt werden. Danach sind Abstimmungen in den einzelnen Ländern erforderlich.
mm.de: Einzelne Länder können sich von der Entscheidung der Mehrheit abkoppeln?
Groß: Das ist nicht auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich.
mm.de: In den US-Medien wird spekuliert, dass es einen weltweiten Zusammenschluss zwischen Deloitte Touche Tomahatsu und Andersen geben wird - wobei das US-Geschäft allerdings ausgeklammert werden soll.
Groß: Ich kann weder den Namen des angeblichen Interessenten bestätigen noch die genannte Fusionsvariante. Die USA sind unbestreitbar die größte Landespraxis von Andersen - das lässt sich aus einer Fusion nicht so einfach ausklammern.
mm.de: Die Begründung lautet, dass der Fusionspartner die Risiken eines Gerichtsprozesses in den USA nicht zu tragen hätte. Immerhin erwägt jetzt angeblich auch die Staatsanwaltschaft, Anklage gegen Andersen wegen Justizbehinderung zu erheben. Dabei soll es um die Vernichtung von wichtigen Unterlagen des ehemaligen Mandanten Enron gehen.
Groß: Ich will mich zur Sache an dieser Stelle nur insoweit äußern, dass sicher nicht alles den Tatsachen entspricht, was derzeit in den Medien berichtet wird. Ob tatsächlich Anklage erhoben wird ist auschließlich eine Entscheidung der amerikanischen Justizbehörden. Meines Wissens ist eine Entscheidung noch nicht getroffen.
mm.de: Joseph F. Berardino, der Andersen-Chef in den USA, hat in ganzseitigen Zeitungsanzeigen für Vertrauen in den Konzern geworben. Wird in Deutschland über ähnliche Maßnahmen nachgedacht?
Groß: Nein. Für die deutsche Organisation würde ich das auch nicht für sinnvoll halten. Direkte Gespräche mit unseren Kunden erscheinen mir wesentlich sinnvoller.