Corporate Governance Angst vor den Haftungsrisiken
Frankfurt am Main - An diesem Dienstag überreicht die "Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex" ihre Leitlinien der Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin. Das Dokument besteht zur Hälfte aus zusammengestellten Gesetzen, zu 40 Prozent aus Empfehlungen an Vorstand und Aufsichtsrat und zu zehn Prozent aus Anregungen, von den Vorstand und Aufsichtsrat abweichen können. "Vom Kodex darf insgesamt in beliebiger Weise abgewichen werden, es muss nur offen gelegt werden", sagte Wirtschaftsrechts-Professor und Mitglied der Kommission, Marcus Lutter, auf einem Seminar des Deutschen Aktieninstituts zum Thema Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat.
Sobald sich ein Unternehmen dem Kodex verpflichtet, sollten nach Ansicht Lutters die Mitglieder des Leitungs- und Kontrollgremiums die Regeln "am besten auswendig lernen". Andernfalls könnten sie von Investoren auf Schadensersatz verklagt werden, und zwar aufgrund der Rechtsregeln, die der Bundesgerichtshof zur "allgemeinen Prospekthaftung" für den grauen Kapitalmarkt entwickelt hat.
Rechtsanwalt und Steuerberater Detlev Haselmann von KPMG Deutschland unterstrich, dass mit dem Kodex endlich der Außenhaftung von Unternehmen stärker Rechnung getragen werde. Die Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft sei bereits genügend gesetzlich geregelt. Für Investoren beispielsweise aus den USA, die nur in Kodex-Unternehmen aus dem Ausland investieren wollen, stelle sich die Frage, ob Vorstand und Aufsichtsrat dafür haften, wenn gegen den Kodex verstoßen wird und das negative Auswirkungen auf den Aktienkurs hat.
Auf derselben Veranstaltung betonte der Mainzer Universitätsprofessor Uwe H. Schneider mehrfach, dass "der Faden, an dem das Damoklesschwert der Haftung hängt, sehr, sehr dünn geworden ist". Die Haftungsrisiken, die für Vorstand und Aufsichtsrat mit dem Corporate Governance Kodex entstünden, nannte er einen "Exzess", dem energisch entgegengetreten werden müsse. Für diese Äußerung erhielt Beifall zahlreicher Wirtschaftsjuristen.
Mehr Transparenz bei den Vorstandsgehältern
Zusammengestellt wurden die Verhaltensmaßstäbe von der Regierungskommission mit Gerhard Cromme, Aufsichtsratschef bei Thyssen-Krupp, als Vorsitzenden. Grundlage sind Richtlinien nationaler und internationalen Standards.
Das Papier richtet sich vor allem an börsennotierte Unternehmen. Abweichungen von den Richtlinien sollen im Geschäftsbericht vermerkt werden. Auch wenn der Kodex nicht rechtlich bindend ist, wird davon ausgegangen, dass die Kapitalmärkte erheblichen Druck auf Unternehmen ausüben, die sich nicht an ihn halten.
Künftig sollen die Mitglieder des Aufsichtsrats bei Geschäften von grundlegender Bedeutung einen Zustimmungsvorbehalt gegenüber dem Vorstand haben. Damit der Vorstand von einem tatsächlich unabhängigen Gremium überwacht wird, dürfen dem Aufsichtsrat nicht mehr als zwei ehemalige Mitglieder des Vorstands angehören. Einen besseren Einblick soll es künftig in die Einkünfte der Vorstände geben. Jedes einzelne Gehalt soll aufgelistet werden - derzeit wird im Geschäftsbericht nicht mehr als die wenig aussagekräftige Gesamtsumme angegeben.