EON/Ruhrgas Monti warnt
München/Berlin - "Ich bin schon seit langem entschlossen, mich völlig aus dem Verfahren rauszuhalten", sagte Müller dem Nachrichtenmagazin "Focus". Darum habe er vergangene Woche seinen Staatssekretär Alfred Tacke beauftragt, über den Antrag zu entscheiden. Die Möglichkeit der Delegation der Entscheidung an einen Untergebenen habe er vom Bundesjustizministerium mit positivem Ergebnis prüfen lassen.
Der EON-Konzern hatte einen Antrag auf Ministererlaubnis gestellt, nachdem das Kartellamt ihm die Übername der Ruhrgas AG versagt hatte. Dabei geht es um die 25,5-prozentige Ruhrgas-Beteiligung der Gelsenberg AG, die EON von der Deutschen BP übernehmen will. Gleichzeitig hatte EON angekündigt, auch für die 34,8-prozentige Ruhrgas-Beteiligung der Bergemann GmbH eine Ministererlaubnis zu beantragen. Die Entscheidung soll voraussichtlich im Juni fallen.
Glaubwürdigkeit der Kartellbehörden gefährdet
Unterdessen hat sich EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti im Streit um die Übernahme von Ruhrgas durch EON gegen eine Ministererlaubnis ausgesprochen. "Dies wäre nicht hilfreich", sagte Monti in einem Interview der "Berliner Zeitung".
"Natürlich hat jedes Land seine eigenen Regeln und Institutionen", sagte Monti. "Aber auf EU-Ebene haben wir keine Ministererlaubnis, und das finde ich auch richtig." Der italienische EU-Kommissar sieht durch eine Ministererlaubnis die Glaubwürdigkeit der Kartellbehörden gefährdet. "Wenn wir eine Fusion verbieten würden, und die Unternehmen dann zum Ministerrat gehen könnten, um sie doch erlaubt zu bekommen, wäre das schlecht für die Glaubwürdigkeit der Wettbewerbspolitik", sagte Monti.
Befangener Müller?
Minister Müller wird im fall Ruhrgas/EON von vielen Kritikern für befangen gehalten. Grund: Er war vor seiner Amtszeit als Bundeswirtschaftsminister als Manager beim Veba-Konzern beschäftigt, der später mit Viag zu EON verschmolz. Müller widersprach einer etwaigen Befangenheit. Das sei zwar gar nicht der Fall, sagte Müller, aber er wolle "die unerfreulichen Diskussionen darüber beenden" und sein Ministerium "keinen weiteren öffentlichen Spekulationen aussetzen".
Müller räumte ein, dass die Abtretung der Entscheidungskompetenz an Staatssekretär im Zusammenhang mit seiner beruflichen Zukunft stehe. Er wolle er in der Entscheidung über seine künftige Tätigkeit "in jeder Beziehung frei" sein, sagte er in dem Interview. Eine zweite Minister-Amtszeit sei möglich, aber auch eine "Rückkehr in die Wirtschaft".
Künast will sich einschalten
Unterdessen hat Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" angekündigt, sich mit einer eigenen Stellungnahme vor der Monopolkommission in die Debatte um eine mögliche Ministererlaubnis einschalten zu wollen. Die Ministerin werde im Rahmen des bevorstehenden Anhörungsverfahrens die Folgen der geplanten Fusion für die Verbraucher thematisieren, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Matthias Berninger. Man werde prüfen müssen, "welche Auswirkungen das Vorhaben auf die Wettbewerbssituation auf den Gasmärkten" und damit auf die Verbraucherpreise habe.
EON-Chef Ulrich Hartmann widersprach dagegen Künasts Befürchtung, ein Zusammenschluss mit der Essener Ruhrgas könnte sich negativ auf die Verbraucherpreise auswirken. "Frau Künast geht es doch wohl insbesondere um eine sichere und preisgünstige Versorgung aller Verbraucher mit Erdgas", sagte Hartmann der "Berliner Zeitung". Hierzu könne die Ruhrgas-Übernahme "einen wichtigen Beitrag leisten." Im Falle einer Fusionsgenehmigung biete EON an, "dass alle Anbieter ihr Gas diskriminierungsfrei durch unsere Verteilernetze leiten dürfen - und zwar so, dass sich bis hin zum Haushaltskunden jeder seinen Gasanbieter frei wählen kann".