Arbeitsamt-Skandal Die Lügen der Vermittler
Nürnberg - Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg teilte am Montag mit, bei einer Untersuchung von fünf Arbeitsämtern habe sich nach Darstellung des Rechnungshofes ergeben, dass rund 60 Prozent der Vermittlungen fehlerhaft gebucht worden seien. Die BA bestätigte damit weitgehend einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Bundesarbeitsminister Walter Riester bestellte BA-Präsident Bernhard Jagoda für Mittwoch zu einer Sondersitzung ein.
Der Rechnungshof ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Arbeitsämter weit weniger Stellenangebote hätten besetzen können als in der Statistik der Arbeitsverwaltung ausgewiesen. Der Sprecher des Bundesrechnungshofs, Joachim Romers, bestätigte am Dienstag in Bonn, es gebe einen Entwurf einer entsprechenden Prüfungsmitteilung, der dem Bundesarbeitsministerium zwecks Stellungnahme zugegangen sei. Von 5127 untersuchten Fällen seien 3008 fehlerhaft gebucht worden. Für das vorige Jahr hatte die BA nach Angaben der Prüfer rund 3,8 Millionen Vermittlungen von Arbeitssuchenden verbucht.
Fehler durch Zeitdruck
Ein Sprecher der Bundesanstalt versuchte, die möglichen Ursachen der Buchungsfehler mit der Überlastung der Arbeitsvermittler zu erklären. Die Statistik ergebe sich aus den Daten, die bei der täglichen Arbeit anfielen. "Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Vermittler auf Grund des großen Publikumsandrangs oft unter Zeitdruck stehen und deshalb manche Daten unvollständig oder erst nachträglich in den PC eingeben."
Der "Süddeutschen Zeitung" zufolge heißt es in dem Prüfbericht zudem, dass nur 20 Prozent der Arbeitslosen, die eine Stelle fänden, durch die Arbeitsämter vermittelt würden. Weiter heiße es: "Der Erfolg arbeitsmarktpolitischer Instrumente, die Qualität der Vermittlung und die Belastung des mit der Vermittlung befassten Personals sind damit deutlich geringer als bisher allgemein angenommen."
Einzelfälle werden überprüft
Der Sprecher des Bundesarbeitsministeriums, Klaus Vater, sagte, die Statistik werde von der Arbeitsverwaltung in eigener Verantwortung erstellt. Riester habe großes Interesse daran, dass mögliche Fehler ausgeräumt würden. Das zum Jahresanfang gestartete Job-Aktiv-Programm, das die Vermittlung von Arbeitslosen verbessern soll, müsse auf einer verlässlichen Datenbasis anlaufen. Riester habe bereits in der vorigen Woche alle dem Ministerium zur Verfügung stehenden entsprechenden Daten dem Rechnungshof übermittelt.
Die Bundesanstalt teilte mit, alle vom Rechnungshof genannten Einzelfälle würden von der BA überprüft. Dies sei mit dem Rechnungshof abgesprochen, der über das Ergebnis informiert werde. Die Innenrevision der Behörde werde bis Mitte Februar eigene Prüfungen in zehn Arbeitsämtern vornehmen. Der Rechnungshof wolle ab April in 20 weiteren Ämtern prüfen.