FDP Mit einer Flasche Bier

Der neue Chef Westerwelle ist der Sieger des Parteitages. Sein Ziel: Liberalismus für alle.

Düsseldorf - In seiner Schlussrede am Sonntag sprach Guido Westerwelle von einem "Stück Parteigeschichte". Die FDP habe Abschied vom Motto "klein, aber fein" genommen und wende sich nun an "alle im Volk": "Wir fangen neu an."

Der Parteitag hatte zuvor mit großer Mehrheit die von Westerwelles Rivalen und neuen Vize-Parteichef Jürgen Möllemann entworfene "Strategie 18 Prozent" beschlossen - allerdings ohne Kanzlerkandidaten. "Unser Ziel heißt 18 Prozent", gibt der Beschluss für die Bundestagswahlen 2002 vor. Bei der vergangenen Bundestagswahl vor drei Jahren kamen die Liberalen auf 6,2 Prozent.

Erstmals seit 20 Jahren verzichtet die FDP zudem auf eine Koalitionsaussage. Damit erhofft die Partei, neue Wählergruppen zu erobern. Die FDP will vor allem um Nicht-, Wechsel- und Jungwähler werben.

Westerwelles Triumph über Möllemann

Am Samstag hatte sich Westerwelle gegen seinen parteiinternen Widersacher Möllemann durchgesetzt. Die beiden Rivalen lieferten sich vor der Entscheidung ein heftiges Rededuell. Der nordrhein-westfälische FDP-Chef warb leidenschaftlich für seine Idee, Westerwelle wandte sich dagegen. Dabei unterstrich der Parteichef seinen Führungsanspruch und stellte indirekt die Vertrauensfrage: "Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt - und das bin ich!"

Die Delegierten folgten Westerwelle. Der zeigte sich mit der Entscheidung zufrieden und dankte Möllemann für seinen Einsatz bei der Wahlstrategie für 2002. Er unterstrich sein großes Interesse an Möllemanns Mitarbeit, den er selbst für einen der drei Stellvertreter-Posten vorgeschlagen hatte. Möllemann akzeptierte das Votum des Parteitages und sah sich unterm Strich auch als Gewinner: "Fußballerisch ausgedrückt habe ich gewonnen - mit einem Gegentor."

Keine Punkte mehr

Nach über 30 Jahren beschlossen die Delegierten auch das Ende der "Pünktchen-Partei". Bei dem neuen Parteilogo wird auf die Pünktchen hinter den Buchstaben (F.D.P.) verzichtet. Das nüchterne Schriftbild soll ins Computer-Zeitalter passen. Westerwelle kündigte weitere, ungewöhnliche Medienauftritte wie etwa bei "Big Brother" an.

Nicht nur Sekt, auch Bier

Westerwelle forderte die Liberalen auf, sich auf den Wahlkampf zu konzentrieren. Wenn die FDP ihr Wahlziel von 18 Prozent erreichen wolle, müsse Schluss sein mit dem Vorurteil, sie sei eine Partei für "die feinen Kreise". "Wenn Sie auf fünf Prozent aus sind, ist das das Sektglas in der Hand. Wenn Sie auf 18 Prozent aus sind, scheuen Sie sich nicht, in der Öffentlichkeit auch mal eine Flasche Bier zu trinken", rief Westerwelle den Delegierten zu.

Die FDP stehe weder der Union noch der SPD näher, sondern sei eine eigene politische Kraft, betonte Westerwelle und wandte sich gegen die Funktion der FDP als Mehrheitsbeschaffer der großen Parteien. "Die FDP muss um ihrer selbst Willen gewählt werden."

Westerwelle verdient weniger

Einen Nachteil hat der Aufstieg vom Generalsekretär zum Vorsitzenden für Guido Westerwelle. Künftig hat er monatlich "mehrere tausend Mark" weniger Einkommen, bestätigte Parteisprecher Martin Kothé am Sonntag am Rande des Düsseldorfer Parteitages. Denn der Generalsekretär wird bezahlt, der Parteivorsitz ist ein Ehrenamt.

Als Generalsekretär wurden Westerwelles Diäten als Bundestagsabgeordneter von rund 13.000 Mark von der Partei um mehrere tausend Mark bis zum Gehalt eines Staatssekretär aufgestockt. Diese Zulage fällt jetzt weg.

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