Entrepreneure des Jahres (4) - Develey Erfolgsrezept süßsauer

GIBT SEINEN SENF DAZU: Mit den Marken Develey, Löwensenf und Bautz'ner beherrscht Michael Durach den deutschen Markt
Foto: Fritz Beck für manager magazinSeit 23 Jahren wird von der Beratungsgesellschaft EY (früher Ernst & Young) der Wettbewerb "Entrepreneur des Jahres" veranstaltet. manager magazin ist Partner des Wettbewerbs, bei dem wachstumsstarke und innovative Unternehmen in folgenden fünf Kategorien gekürt werden: Industrie, Konsumgüter/Handel, Dienstleistung, Digitale Transformation und Junge Unternehmen.
Die fünf Sieger werden von einer renommierten Jury (darunter Unternehmer Patrick Adenauer und Bertelsmann-Gesellschafterin Brigitte Mohn) ausgewählt. Außerdem bestimmt die Jury zwei Ehrenpreisträger. Zum einen wird ein erfolgreiches Familienunternehmen geehrt, zum anderen ein Unternehmen für außergewöhnliches soziales Engagement. Die Preise wurden bei einer Gala im Deutschen Historischen Museum in Berlin überreicht. Aus den fünf Kategoriesiegern wird ein Primus inter pares ausgewählt, der Deutschland bei der Wahl zum "World Entrepreneur of the Year" vertritt. Dieses Event, bei dem sich über 50 Landessieger präsentieren, findet im Frühjahr in Monte Carlo statt. Mehr Infos zum Wettbewerb finden Sie hier.
Senf ist ein sehr regionales Produkt", sagt Michael Durach (51). Südlich des Weißwurstäquators würden die Konsumenten meist Develey vorziehen, im schinkengeprägten Norden und Westen eher den Löwensenf, und im Osten - Heimat fettiger Bratwürste - den Bautz'ner Senf. Ihm kann das alles wurscht sein: alle drei Marken gehören der Develey Senf & Feinkost GmbH - und die ist im Besitz der Durachs.
Develey, Unterhaching
Der Betriebswirt Michael Durach (51) kam nach ein paar Lehrjahren bei Knorr 1995 ins elterliche Unternehmen. 1999 wurde er Geschäftsführer bei Develey. Er ist für die Bereiche Marketing und Vertrieb zuständig. Sein Bruder Stefan (50) ist ebenfalls Geschäftsführer und verantwortet die Bereiche Finanzen und Produktion.
1845 gründete Johann Conrad Develey in München eine Senfmanufaktur, die neun Jahre später den süßen Senf zur Weißwurst kreierte. 1971 kaufte der Sauerkonservenhersteller Durach Develey. Heute ist Develey (Umsatz: über 500 Millionen Euro) der größte Senfhersteller Deutschlands und Produzent von Soßen, Ketchup und Mayonnaise.
Das Familienunternehmen ist durch Übernahmen in Serie zum Marktführer in Deutschland geworden. Es fing nach der Wende an. Herbert Durach - Michaels Vater - erfuhr, dass der VEB Lebensmittel- betriebe Bautzen zum Verkauf stand. Leider hätten sie schon einen Käufer aus dem Westen, beschied aber der Geschäftsführer. Herbert Durach blieb trotzdem dran, reichte ein in drei tagen erstelltes Sanierungskonzept bei der Treuhandanstalt ein - und bekam den Zuschlag, vor allem weil Develey die Fabrik weiterführen wollte. Heute ist der Bautz'ner Senf Marktführer in Deutschland, was nur wenigen ost- deutschen Marken gelungen ist.
Knapp zehn Jahre später schlug Develey im Westen zu. In Düsseldorf übernahmen sie von der Familie Frenzel den Löwensenf. auch damals bekannten sie sich zum Produktionsstandort Düsseldorf.
"Natürlich könnten wir irgendwo in der Mitte Deutschlands eine große Senffabrik hinstellen und dort alle unsere Marken produzieren", sagt Michael Durach. aber das widerspräche ihrem Regionalprinzip. "Senf ist auch ein sehr emotionales Produkt", doziert Durach, "wie Bier. Die Kunden wollen es aus ihrer Region." So leistet sich Develey eben den Luxus, an acht verschiedenen deutschen Standorten Senf zu produzieren. Und zunehmend wird auch der wichtigste Rohstoff - Senfsaat - in Deutschland eingekauft. 40 Prozent sind es bereits, der Rest kommt aus Osteuropa und Kanada.
Develey ist inzwischen nicht nur deutsch, es kauft auch im nahen Ausland lokale Marken. reine de Dijon in Frankreich, Kand in Tschechien, Snico in der Slowakei und Mautner in Österreich. "auch dort sagten wir zu, die bestehenden Fabriken zu erhalten."
Einerseits regional, andererseits international. Kein Problem, sagt Michael Durach: "Wir beherrschen den Spagat - wir kämpfen um jeden Imbiss, aber auch in aller Welt um McDonald's." Dabei haben sie den Kampf um McDonald's eigentlich schon 1971 gewonnen. Damals kam der unbekannte Hamburger-Bräter nach Deutschland, suchte nach heimischen Lieferanten, bevorzugt kleine oder mittelständische Unter- nehmen. Und sie fanden Develey.
Geschäfte per Handschlag
Gemeinsam entwickelten sie damals Soßen für die Big Macs. Heute liefert Develey Soßen, Ketchup und Salatdressings für McDonald's in 43 Länder. "In manchen Ländern haben wir nicht mal einen Vertrag mit McDonald's", sagt Durach. Kaum zu glauben: Geschäfte per Handschlag mit einem Weltkonzern!
"Wir hatten mit McDonald's immer einen fairen Umgang", sagt Michael Durach, "das kannten wir vom deutschen Einzelhandel gar nicht." Na ja, abgesehen vielleicht von Aldi, schiebt er nach einer kurzen Pause hinterher. Aldi beliefert er auch.
Die Frage muss jetzt kommen: Ist Develey nicht zu stark von McDonald's abhängig? Michael Durach hat diese Zweifel sicher schon 100-mal gehört und antwortet diplomatisch: "Wir haben eine gesunde gegenseitige Bereicherung."
Das Know-how, das man aus der Beziehung mit McDonald's gewann, hat sicher geholfen, die Feinkost- sparte von Develey auszubauen. Heute setzt das Unternehmen aus Unterhaching sogar mehr mit Fein- kost um - darin sind allerdings die Umsätze mit McDonald's enthalten - als mit Senf. Über die Hälfte des Umsatzes von über 500 Millionen Euro stammt nicht mehr aus dem Senfgeschäft.
Der Senfkonsum in Deutschland geht eher zurück. Er liegt derzeit bei knapp einem Kilo, wobei der Ost- deutsche mehr verspeist als der Westdeutsche. Gerade viermal im Jahr, sagt Durach, kauft der Durchschnittsdeutsche ein neues Senfglas oder eine -tube. Schon deshalb ist für Develey seit ein paar Jahren Diversizierung angesagt. Soßen, Dips, Dressings, Ketchup, Mayonnaisen: alles ist inzwischen im Programm. Vor allem mit Soßen - von süßsauer bis Curry - ist Develey gut im Geschäft. "Wir sind seit Jahren die mit am stärksten wachsende Feinkost- marke in Deutschland", sagt Durach. Dafür hat Develey auch ausnahmsweise mal Geld für TV-Werbung ausgegeben.
Dank dieser Diversizierung, der starken Stellung im Senfmarkt und der treuen Zusammenarbeit mit McDonald's glaubt Michael Durach, dass Develey als Familienunternehmen im Wettbewerb mit den großen Foodgiganten überleben kann.
Zusammen mit seinem Bruder Stefan (50), der selten nach außen auftritt und mit seinen Ressorts Finanzen und Produktion der Innenminister genannt wird, führt Michael Durach das Unternehmen. Er, der Außenminister, ist für Marketing und Vertrieb zuständig. als Dritter im Familienbunde schaut auch heute noch ab und zu Vater Herbert (87) vorbei, geht sogar auf die ein oder andere Geschäftsreise mit. Operativ mischt er sich längst nicht mehr ein. Die beiden Brüder haben vier Kinder. alle sind mit der Schule bereits fertig und derzeit im Studium. Danach sollen sie - so sieht es die Familienverfassung vor - erst einmal bei einem anderen Unter- nehmen Erfahrungen sammeln, so wie das Michael Durach bei Knorr einst auch getan hat. Spitzbübisch zitiert Michael seinen Vater Herbert, der einmal sagte: "Die Jungen sollen lieber die Anfängerfehler in anderen als im eigenen Unternehmen machen."
Ausgewählte Finalisten
Vom Boxer zum Radfahrer
Bis es zum nächsten Generationswechsel kommt - es wäre von der vierten zur fünften -, wird es also noch dauern. "Mindestens zehn Jahre", schätzt Michael Durach. So lange wollen er und sein Bruder an der Spitze bleiben.
Und so lange muss sich der schlanke, drahtige Unternehmer t halten. Bis vor Kurzem hat Michael Durach in seiner Freizeit geboxt. Für ihn war das Duell mit einem Sand- sack oder einem Sparringspartner ein idealer Sport zum abschalten. Jetzt hat er aber Probleme mit der Schulter. Boxen geht nicht mehr. Nun macht er auf Ausdauersport. Zuletzt kam er von einer mehrtägigen Alpenüberquerung mit dem Fahrrad zurück.
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Und auch in seinem Unternehmen propagiert er Bewegung. Neben jeder Aufzugtür in den Develey-Gebäuden klebt ein Zettel. Darauf steht, dass Freitag der aufzugfreie Tag ist. Und für die anderen Wochentage gilt: "Treppe statt Aufzug: null CO."
Im Verwaltungsgebäude ließ er sogar einen gläsernen Aufzug einbauen, damit man sehen kann, wer darin fährt. Die deutsche Sprache könnte so um eine Wortschöpfung reicher werden: nach der soeben kreierten Flugscham nun also auch noch die Aufzugscham.