Börsenweisheiten Sell in May - lieber nicht!

Im Mai setzt die Natur neue Energien frei - mitunter auch an der Börse. Mit dem Motto "Sell in May" lagen Anleger in diesem Jahr daneben
Foto: Armin Weigel/ dpa
"Sell in May and go away", so lautet eine der bekanntesten Börsenweisheiten. Hintergrund ist ein Phänomen, das an den Kapitalmärkten auch als "Wintereffekt" bekannt ist: Von Oktober bis April, das lässt sich statistisch belegen, sind die Renditen an vielen Börsenplätzen häufig höher als im Rest des Jahres. Eine eindeutige Erklärung für diese Anomalie der Märkte gibt es bislang nicht.
Die Strategie, regelmäßig Anfang Mai aus dem Aktienmarkt auszusteigen und mögliche Gewinne mitzunehmen, kann also Erfolg haben. Entscheidend ist allerdings, im Herbst den Wiedereinstieg nicht zu verpassen ("... but remember to come back in September").
Nun ist der Mai 2016 vorbei, und es ist klar: Wer dieses Jahr am hiesigen Aktienmarkt nach diesem Konzept gehandelt hat, hat Geld verloren. Sowohl Dax als auch MDax beschlossen den Monat trotz einigen Auf und Abs im Plus. Zudem gab es in den führenden deutschen Indizes einzelne Aktien, bei denen Sell-in-May-Strategen geradezu grandios falsch gelegen haben. Denn die Papiere haben in den vergangenen 30 Tagen eine herausragende Performance hingelegt.
Hier die fünf aus Sicht von manager magazin online besten Beispiele, warum man Börsenweisheiten nicht trauen sollen:
Kursgewinner Deutsche Börse: Flirt zwischen Frankfurt und London
Die Aktie der Deutschen Börse ist eins von zwei Papieren im Dax , die im Mai mehr als 10 Prozent zugelegt haben. Im Falle des Börsenbetreibers aus Frankfurt hat das einen eindeutigen Grund: Das Unternehmen plant den Zusammenschluss mit der Börse in London.
Übernahmen und Fusionen gehören ohnehin zu den Ereignissen, die die Fantasie der Börsianer stark beflügeln können, und damit regelmäßig auch die Kurse bewegen. Die Börsen aus Frankfurt und London gaben bereits bekannt, dass ihre geplante Fusion bis zu 1250 Jobs kosten könnte. Das wird die Mitarbeiter der Unternehmen kaum erfreut haben - die Aktionäre dafür umso mehr.
Pharma-Konzern kauft ein - mit Erfolg

Erfolgreiche Zukäufe: Merck erfreut seine Aktionäre mit Wachstum
Foto: DPADie zweite Dax-Aktie, die im Mai mehr als 10 Prozent zulegen konnte, ist jene der Merck KGaA . Einen konkreten Grund, etwa eine Übernahmefantasie, gibt es in diesem Fall nicht. Dennoch spielen Unternehmenskäufe bei Merck eine wichtige Rolle.
Der Konzern befeuert sein Wachstum unter anderem durch Zukäufe anderer Firmen. Bestes Beispiel: Der 17-Milliarden-Dollar-Deal, mit dem Merck im vergangenen Jahr den US-Laborausrüster Sigma Aldrich in den Konzern holte.
Schon zum Jahreswechsel zahlten sich die Zukäufe aus. Merck musste zwar die Aufwendungen verbuchen, strich aber operativ einen höheren Gewinn ein. Im ersten Quartal 2016 setzte sich die positive Entwicklung fort, wie der Konzern Mitte Mai berichtete. Dabei verzeichnet Merck nicht nur Wachstum durch Übernahmen, sondern auch abseits davon, also "organisch". Da auch der Ausblick positiv ausfällt, greifen Anleger bei dem Papier offenbar gerne zu.
Die Nummer eins der 80 größten Aktiengesellschaften im Mai heißt ...
Von den 80 Aktien in Dax und MDax legte das Papier des Arzneimittelherstellers Stada (Kurswerte anzeigen) im vergangenen Monat am stärksten zu. Um rund 30 Prozent ging es mit der Aktie nach oben - da kann kein anderer Wert mithalten.
Wer nach den Gründen für die Performance sucht, stößt auf einen Stada-Vorstand im Stress. Auf der einen Seite muss er sich mit dem aktivistischen Investor Active Ownership (AOC) herumschlagen, der rund 7 Prozent am Unternehmen hält und den Aktienkurs nach oben treiben sowie den Aufsichtsrat neu besetzen will.
Auf der anderen Seite hat Vorstandschef Hartmut Retzlaff Berichten zufolge Kontakt zur britischen Beteiligungsgesellschaft CVC aufgenommen, die ihn beim Streit mit AOC unterstützen soll, wie es heißt. Dabei ist offenbar eine mögliche Übernahme Stadas durch CVC im Gespräch. Eine Information, die allein schon Ende Mai für einen Kurssprung um mehr als 10 Prozent sorgte. Denn Stada-Aktionäre befinden sich nun in einer komfortablen Situation: Verschiedene Investoren rangeln um das Unternehmen.
Begehrte Roboter: China und Arabien buhlen um Kuka

Begehrte Roboter: Der chinesische Haushaltsgerätebauer Midea interessiert sich für den Hersteller Kuka
Foto: STAFF/ REUTERSAuch der Roboterhersteller Kuka (Kurswerte anzeigen) hat im Mai eine sensationelle Performance hingelegt. Um mehr als 25 Prozent ist der Aktienkurs in dem Zeitraum gestiegen. Grund ist ebenfalls die Spekulation um eine Übernahme des Maschinenbauers durch ein ausländisches Unternehmen.
Mitte Mai wurde zunächst bekannt, dass der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea, der bislang gut 10 Prozent an Kuka hält, seinen Anteil am deutschen Roboterbauer erhöhen will. Das gab der Aktie bereits genug Schub für einen zwischenzeitlichen Kurssprung.
Vor wenigen Tagen wurde dann publik, dass die Aussicht, Kuka könnte in chinesische Hände fallen, in Berlin offenbar keine große Freude auslöst. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bestätigte daher, dass die Bundesregierung an einer Gegenofferte für das Unternehmen interessiert ist, möglicherweise unter Beteiligung eines Staatsfonds aus dem arabischen Raum. Zwar hat die Bundesregierung anders als in Frankreich keinerlei Mittel und keine Befugnisse, um in ein Bieterrennen einzugreifen - die Aussicht auf ein mögliches Wettbieten unter potenten Kaufinteressenten ließ dennoch viele Aktionäre bei Kuka zugreifen. Wer braucht schon Berlin, wenn Investoren aus China und Saudi-Arabien erst einmal Gefallen an deutscher Schlüsseltechnologie gefunden haben?
Südzucker: Süße Neuigkeiten vom Konzernchef
Mit der Südzucker-Aktie (Kurswerte anzeigen) geht es schon seit Februar stetig aufwärts. Den Turbo für den Aktienkurs zündete Vorstandschef Wolfgang Heer jedoch am 19. Mai, als er Geschäftsergebnisse präsentierte und einen Ausblick in die Zukunft gab.

Mit zwei Informationen erfreute Heer die Anteilseigner besonders. Erstens: Höhere Preise für Bioethanol hatten den Gewinn des Unternehmens im zurückliegenden Geschäftsjahr in die Höhe getrieben. Und zweitens: Für die Zukunft erwartet Südzucker zwar wieder niedrigere Preise für Bioethanol. Dafür sollte sich aber der Weltmarkt für Zucker nach seiner Schwächephase wieder erholen. In diesem wichtigsten Geschäftsbereich will Südzucker daher künftig wieder schwarze Zahlen schreiben. Die Börsianer glauben offenbar an Südzucker und die optimistischen Einschätzungen des Konzernchefs. Die Aktie beschleunigte Ende Mai ihren Höhenflug und verzeichnet nun auf Monatssicht ein Kursplus von immerhin etwa 14 Prozent.
Zinsen, Brexit, VW-Skandal: Drei Schicksalstage für den Dax