Das darf doch nicht wahr sein! Eigentlich wollte ich mir nur einen neuen Außenspiegel rechts montieren lassen, nachdem mich in der Tiefgarage eine Säule angesprungen und das abstehende Teil abrasiert hat. Da teilt mit doch die Opel-Werkstatt meines Vertrauens mit, die Reparatur lohne eigentlich nicht mehr. Denn die Chancen, meinen Astra noch einmal über den TÜV zu kriegen, ständen ungefähr so gut wie den Lotto-Jackpot zu knacken.
Doppelter Mist: Die 14 Millionen Euro hat am 1.Mai jemand anderes gewonnen. Und ich muss mir jetzt ernsthaft überlegen, welches neue Auto ich kaufen soll. Dabei hat mein derzeitiges Schätzchen gerade einmal 15 Jahre auf dem Tacho und steht noch da wie neu. Von den unschönen Rostfleckchen rund um die hinteren Kotflügel mal abgesehen.
Okay, okay: Das Fahrzeug ist technisch und wirtschaftlich erschöpft. Ein neuer fahrbarer Untersatz muss her. Ökologisch korrekt soll er sein - also weniger als 100 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Einen großen Kofferraum muss er haben, damit ich in der kommenden Sonnensaison Campingliegen, Schlauchboot inklusive Paddel und Pumpe, Kühlbox und Rucksäcke zum See mitnehmen kann. Und ein Cabrio soll er sein - so wie mein todgeweihter Astra. Denn in dessen Kofferraum passen all die genannten Dinge - wie in 15 herrlichen Sommern immer wieder erprobt.
Wie gut also, dass nun unsere vorausschauende Bundesregierung die
Nationale Plattform Elektromobilität gegründet hat. Endlich mal eine vernünftige Verwendung meiner monatlichen Steuerzahlungen. Mit Hilfe meiner großzügigen Gaben sollte es der deutschen Automobilindustrie doch gelingen, den Wagen meiner Träume zu konstruieren. Und umweltfreundlicher Ökostrom dafür fließt ja schon seit Jahren aus meiner Steckdose.
Aber was muss ich da lesen? Nur kleine Wägelchen wollen Benz, BMW und Co. bauen. Und der wenige Stauraum geht für die vielen Batterien drauf. Und gerade mal 100 Kilometer kommt der Ökofreund mit einer Ladung. Geht's noch?
Der freundliche Autohändler klärt mich auf: Das Elektroauto sei ja auch nicht als Erstwagen gedacht, sondern als Zweitfahrzeug für die Stadt. Beziehungsweise in meinem Fall als Drittwagen. Denn ein Cabrio, dessen Kofferraum die von mir erwähnten Mengen fasse, gebe es heutzutage nicht mehr. Die Kunden wollten lieber ein Stahldach, das im Stauraum verschwindet. Deshalb empfehle er mir zusätzlich die Anschaffung eines Kombi - für die Urlaubsfahrt. Und den Elektroflitzer für die kleine Tour zum Supermarkt.
Jetzt verstehe ich: Das ganze staatliche Elektroprogramm dient mitnichten dazu, das Klima mit Hilfe neuster Technologien zu schonen. Es geht darum, den bundesdeutschen Zwei-Personen-Haushalten endlich einen triftigen Grund für die Anschaffung eines Drittwagens zu liefern. Deshalb kommt das Geld für die Aktion ja auch aus dem Konjunkturprogramm!