Die tägliche Wirtschaftsglosse Wo der Schuh drückt
Wie werden wir in Zukunft leben? Und womit kann man eigentlich noch richtig Geld verdienen? Wer Antworten auf solche Fragen sucht, schaut sich derzeit gerne auf der Cebit um - dabei sind am Ende des Tages weitaus bodenständigere Branchen führend, wenn es um wirklich Neues geht. Zum Beispiel die Schuhindustrie.
Wie aus gewöhnlich bestenfalls mittelgut informierten Kreisen verlautet, kann man Social Communities, das Internet to go und Twitter getrost schon wieder vergessen, noch bevor man begriffen hat, wie man eigentlich Freunde von Followern unterscheidet. "Schuhe. Man zieht sie an und geht raus, um Leute zu treffen", soll der ranghohe Manager eines renommierten Softwarekonzerns jüngst auf die Frage geantwortet haben, an welchen heißen Produkten zur allgemeinen weiteren Vernetzung sein Konzern derzeit arbeite.

Wir Wirtschaftsjournalisten stehen Schuhherstellern ja schon deshalb ausgesprochen wohlwollend gegenüber, weil sich in der Unternehmensberichterstattung so ausnehmend hübsche Wortspiele mit Redewendungen wie "hier drückt der Schuh", "Absatzschwierigkeiten" und "auf großem Fuß leben" drechseln lassen.
Von dieser Grundidee der gegenleistungslosen Wirtschaft könnten eigentlich auch noch ganz andere Branchen profitieren, und damit meinen wir nicht nur die dunkleren Distrikte der Beratungsbranche und des Finanzsektors. Fürs Erste schlagen wir vor: Die Fertighausindustrie ("Endlich unter freiem Himmel wohnen"), Nahrungsmittelhersteller ("Nichts schmeckt so gut wie ein gesunder Appetit") und den Gartenbau ("Irgendwelches Gestrüpp kommt doch auch ganz von allein").
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