Die tägliche Wirtschaftsglosse Der steueroptimierte Glaube
Geld vermehrt sich nicht von selbst, das ist harte Arbeit. Finanzoptimierer wie Sie und ich - wir kaufen nicht blindlings drauflos. Wir informieren uns, beobachten Märkte, vergleichen und entscheiden dann. Zugegeben, das ist nicht immer von Erfolg gekrönt. Aktuell jedenfalls steht das steueroptimierte Depot unter Wasser. Wir sind auch viel zu teuer versichert, sagt der Nachbar. Der übrigens kauft den Sprit immer noch regelmäßig zwei Cent günstiger ein als wir
Das ist jetzt aber kein Grund, in Sack und Asche zu gehen. Und wir sollten dazu stehen: Der schnöde Mammon ist uns wichtig. Aber wie wichtig? So wichtig, dass wir wegen des Geldes die Kirche verließen? Das wiederum würden wir als üble Nachrede unseres Nachbarn identifizieren und mit aller Rechtskraft unterbinden lassen.
Apropos Kirchenaustritte: Im vergangenen Jahr verließen 160.000 Mitglieder die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), 30.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die EKD macht dafür die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge verantwortlich, welche die Banken mit der Kirchensteuer abführen sollen. Angeblich glaubten viele Menschen, es handelte sich bei der Kirchensteuer auf Kapital um eine neue Steuer. Und deshalb hätten zum Jahresende so besonders viele Schafe ihre Herde verlassen, heißt es.
Als Investor und Steuersparfuchs, der wir natürlich auch sind, beleidigt so eine These unseren Intellekt. Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Wir hatten andere, ganz persönliche Gründe für den Kirchenaustritt. Und wir sind deshalb nicht vom Glauben abgefallen, wie man uns bei passender Gelegenheit gern unterstellt. Wir haben feste Überzeugungen. Ja. Und in gewisser Weise glauben wir auch.
Würden wir sonst regelmäßig mit der Lütten das Gutenachtgebet sprechen? Wohl kaum. Und wenn der Frosch in Kürze mit uns zum Krippenspiel in die Kirche will, gehen wir selbstverständlich mit. Dann setzen wir uns in die letzte Reihe. Und beim Rausschleichen stecken wir wieder kräftig was in die Kollekte. So haben wir es in der Vergangenheit immer gemacht. Behaupte also keiner, wir hätten für die Kirche nix übrig.
In diesem Sinne: Frohe Feiertage noch. Und vergelt's Gott !
Am Ende des Freitages: Sackgasse der Dynamik - die Glosse vom 4.12.
Lutz Reiche: Lack-Schichten-Dicken-Messgerät