
Der Donnerstag im Überblick Das richtige Maß und ein Abschiedsgeschenk
Liebe Leserin, lieber Leser,
in der Pandemie ist die Arbeit von zu Hause aus in vielen Branchen üblich geworden. Was vorher nur erduldete Ausnahme war, manchmal gar als unmöglich galt, wurde zur Pflicht – und funktionierte oft unerwartet reibungslos. Aber wie viel Homeoffice ist eigentlich gut? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander.
Besonders divers sind die Ansichten dazu offenbar bei Volkswagen. 50.000 Beschäftigte des Autokonzerns verlagerten während der Pandemie ihr Büro in die eigenen vier Wände – und viele sind damit offenbar sehr zufrieden. Ein großer Teil der VW-Leute hat jedenfalls nicht vor, künftig seine Zeit wieder überwiegend im Büro zu verbringen, ergab eine Umfrage des Betriebsrats.
Das allerdings scheint VW-Oberboss Oliver Blume nur mäßig gut zu finden. Er empfahl seinen Führungskräften bei der VW-Tochter Porsche, wo er bekanntermaßen nebenher Teilzeitchef ist, kürzlich 80 Prozent Anwesenheit im Büro. Vier Tage Büro, ein Tag Homeoffice pro Woche? Der VW-Betriebsrat war entsetzt. Wie in vielen Unternehmen gibt es auch bei VW eine Betriebsvereinbarung: Bei Porsche darf jeder drei von fünf Tagen im Homeoffice arbeiten, bei Volkswagen sogar vier Tage. VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo fürchtete, die Blume-Empfehlung könnte zur Pflicht für alle im Konzern uminterpretiert werden – und suchte den offenen Konflikt.
Wie der Homeoffice-Streit bei VW weiterging, erfahren Sie im Text meines Kollegen Claas Tatje. Wenn Sie wissen wollen, wie man als Unternehmen am besten mit Homeoffice umgeht, dann empfehle ich Ihnen diesen Text vom Harvard Business manager. Spoiler: Am besten läuft es, wenn jedes Team selbst entscheidet. Aber falls Sie wie Oliver Blume traurig sind, dass Sie so oft fast allein im Büro sind – hier haben wir Tipps gesammelt, wie Sie ihr Team zurück in die Firma locken.

Streitlustig: Betriebsratschefin Daniela Cavallo fordert flexible Arbeitsbedingungen
Foto:Carsten Heidemann
Die Wirtschaftsnews des Tages:
Post-Chef Appel verteilt Abschiedsgeschenk – und bekommt womöglich Streik: 15 Jahre lang war Frank Appel Chef der Deutschen Post. Er geht nun nach einem Rekordjahr, die Dividende und das laufende Aktienrückkaufprogramm werden ausgeweitet. Damit enden allerdings die guten Nachrichten: Nachdem in der Pandemie besonders viele Pakete verschickt wurden, vermiesen die hohen Preise nun den Konsumenten die Kauflaune – und damit der Post das Geschäft. Zudem wollen auch die Arbeitnehmer vom Boom profitieren: Sie stimmten für einen unbefristeten Streik. Am Freitag soll allerdings noch einmal verhandelt werden.
Credit Suisse verschiebt Geschäftsbericht: Eigentlich wollte die Schweizer Großbank Credit Suisse heute ihre Bilanz präsentieren – doch daraus wird erst einmal nichts. Die US-Börsenaufsicht hat gestern Abend eine Fragenliste an die Bank geschickt, dabei geht es um "technische Bewertungen" in früheren Geschäftsjahren. Offenbar ist die Sache nicht ganz einfach: Die Credit Suisse will die Anmerkungen nun zunächst verstehen, bevor die neue Bilanz veröffentlicht wird. Wie lange die Banker dafür brauchen? Wollten sie nicht sagen.
BMW steigert Gewinn um fast die Hälfte: Für BMW war 2022 das erfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte. Der Umsatz stieg kräftig, der Gewinn erreichte Rekordniveau – auch weil BMW sein China-Geschäft voll konsolidiert hat. Der Autobauer hat wegen fehlender Halbleiter und mangelnder Kabelbäume zwar etwa 100.000 Autos weniger als im Vorjahr verkauft, profitierte aber unter anderem von einem hohen Anteil teurer Modelle und höheren Preisen. Die Aktionäre sind trotzdem unzufrieden.
Gericht macht VW-Investoren Hoffnung: Hat Volkswagen die Märkte beim Auffliegen der Dieselaffäre zu spät informiert? Darum geht es im milliardenschweren Musterprozess von Investoren. Jetzt bekommen die Kläger eine neue Chance auf Schadensersatz – das Gericht hält eine Beweisaufnahme für nötig. Angesichts der zu erwartenden zeitintensiven Maßnahme mit offenem Ausgang empfiehlt das Oberlandesgericht Braunschweig den Beteiligten, Vergleichsgespräche zu prüfen.
Personalien des Tages:
Källenius verliert Topberater: Zehn Jahre lang schrieb Max Warburton als Analyst immer wieder kritisch über Mercedes. 2020 heuerte Konzernchef Ola Källenius den Kritiker an und machte ihn zu einem seiner engsten Berater. Nun zieht der Brite weiter zum US-amerikanischen Private-Equity-Fonds Kimmeridge.
BMW tauscht Finanzchef aus: Nach drei Jahrzehnten im Konzern und sechs Jahren im Vorstand verlässt Finanzvorstand Nicolas Peter überraschend den Autohersteller BMW. Er geht bereits im Mai in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Walter Mertl, der derzeit das Controlling verantwortet.
Volkswagens ehemaliger IT-Chef kehrt in die Fahrzeugbranche zurück: Zwei Jahrzehnte lang war Martin Hofmann bei VW, doch die Krönung seiner Karriere mit einem Vorstandsposten blieb dem IT-Chef verwehrt. Anfang 2020 verließ er den Konzern und ging zum Softwareriesen Salesforce. Nun kehrt Hofmann in die Autobranche zurück: Zum 1. Mai wird er Chief Technology and Information Officer beim Elektrotruck-Hersteller Volta.
Meine Empfehlung für den Abend:

Nicht immer ist mehr auch besser: Das kollektive Wissen einer Gruppe ist nur dann von Vorteil, wenn es richtig eingesetzt wird
Foto: Tara Moore / Getty ImagesBesser entscheiden im Team: Kennen Sie das? Sie sollen in einer Gruppe eine Entscheidung treffen, diskutieren ewig – und am Ende steht ein fauler Kompromiss. Oder genauso schlimm: Alle haben dem Chef zugestimmt, die meisten halten die Lösung aber für falsch. In vielen Fällen ist es eigentlich sinnvoll, Herausforderungen mit der Expertise von vielen zu lösen. Doch oft ist das gar nicht so einfach. Unsere Kolleginnen und Kollegen vom Harvard Business manager haben sieben Tipps zusammengestellt, die Entscheidungen in der Gruppe schneller und besser machen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!
Ihr Oliver Hollenstein
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