

Newsletter "Der Tag" Der Tag mit den Börsenplänen für Porsche

Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit dabei: Die Wandlung von VW in eine Techcompany, Cum-Ex-Ärger für die Deutsche Börse, das Frauenproblem der Bahn und Panik am Rohstoffmarkt.
Am Mittwoch vor vier Wochen traf Volkswagen-Chef Herbert Diess eine Runde internationaler Investoren, die Deutsche Bank hatte das Meeting organisiert. Man diskutierte via Video, die Stimmung gegenüber Diess war respektvoll kritisch; der Vorsitzende des bis vor Kurzem größten Autoherstellers der Welt wirkte ehrlich, antwortete "ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen", berichtet einer der Investoren. Dann, es ging um die Zukunft der Branche, zählte Diess die vier langfristig dominierenden Unternehmen auf:
Tesla: der Elektroauto-Marktführer aus Kalifornien, Chef Elon Musk wird von Diess fast hymnisch verehrt. Abgehakt.
Apple: der iPhone-Gigant, gerade viel diskutierter Eventualeinsteiger ins Autogeschäft. Hoppla.
Baidu: der chinesische Tech- und Internetaufsteiger will künstlich-intelligente Autos bauen, wie wenige Tage zuvor bekannt wurde. Diess traf die Stimmung.
Und dann, Nummer vier: Volkswagen. Das Wolfsburger Kombinat. 125 Werke, 664.000 Mitarbeiter; für die meisten Anleger Sinnbild für verkrustete Strukturen und die alte Autowelt. Die Runde lachte. Der Kapitalmarkt glaubt nicht an Volkswagen.
Mit dieser Szene beginnt mein Kollege Michael Freitag seinen Inside-Report über den Umbau des Volkswagen-Konzerns. Die Leitfrage: Unterschätzt der Kapitalmarkt die Innovationskraft der deutschen Konzerne? Nun wollen eigentlich alle eher mickrig bewerteten deutschen Industriegrößen gerade zu einer Techcompany werden – aber niemand so radikal wie Volkswagen. Und was dabei (überraschenderweise) Hoffnung gibt: Diess und seine Transformer sind viel weiter als es bekannt ist. Aber lesen Sie selbst: Mission Tech.
Sollten Sie die Geschichte lieber anhören wollen: Hier finden unsere Abonnentinnen und Abonnenten den Audio-Artikel.
Für eine höhere Börsenbewertung hat man bei Volkswagen übrigens noch einen Joker: Porsche. Und im Konzern gibt es durchaus Gedanken, diesen zu ziehen – und Porsche an die Börse zu bringen, wie Sie heute exklusiv bei uns erfahren konnten.

Werk der Götter: Mit Projekten wie Artemis, Apollon oder Trinity will Volkswagen den Tech-Konzernen aus den USA und China etwas entgegensetzen
Foto: Tim DalhoffDie wichtigsten Wirtschaftsthemen des Tages:
Die Deutsche Börse AG war offenbar tiefer in den Cum-Ex-Skandal verwickelt als bislang bekannt, wie die Recherchen meiner Kollegin Katharina Slodczyk ergeben haben. Die Aufsichtsbehörden ermitteln mit erheblichem Aufwand, ob die Handelsüberwachung des Konzerns versagt hat. Für Vorstandschef Theodor Weimer ist das ein Alarmsignal.
Für Daimler scheint die Corona-Pandemie weitgehend abgehakt. Nach einem Gewinnplus von 50 Prozent im vergangenen Jahr erhöht Vorstandschef Ola Källenius die Ziele.
Was für Volkswagen gilt (#techcompany), gilt auch für Aldi. Der größte deutsche Lebensmitteldiscounter kann sich dem Trend zum Onlineshopping offenbar nicht mehr entziehen. Gemeinsam bauen Aldi Nord und Aldi Süd jetzt ihre E-Commerce-Aktivitäten aus. Anders als bei Volkswagen wählte man hier aber keine Götternamen wie Artemis – das Programm heißt "Aldi liefert".
Schock für alle K+S-Aktionäre. Denn die Bafin lässt die Bilanzen noch einmal genau durchleuchten, der Konzernabschluss 2019 und der verkürzte Abschluss von Mitte 2020 werden überprüft. Im Fokus stehen Wertberichtigungen von rund zwei Milliarden Euro. Ein Versagen wie bei Wirecard wollen sich die Aufseher nicht noch einmal vorwerfen lassen.
Und Thyssenkrupp hat die Verhandlungen mit Liberty Steel über den Verkauf der eigenen Stahlsparte beendet. Der Konzern übernimmt die Sanierung jetzt selbst. Oder anders gesagt: Er findet keinen Käufer.
Die Personalien des Tages:
Bei der Deutschen Bahn verlässt Sabina Jeschke nach nur drei Jahren den Vorstand und obwohl ihr Vertrag noch bis 2025 gelaufen wäre. Die Technik- und Informatikexpertin war dort für das Thema Digitalisierung zuständig – was nun der gelernte Jurist und Sozialpädagoge Ronald Pofalla übernehmen wird. In seinem – sehr empfehlenswerten – Kommentar diagnostiziert mein Kollege Michael Machatschke ein eindeutiges Problem der Bahn-Oberen mit Frauen in Führungspositionen: Die Chauvi-Schiene.
Die gräflichen Eigentümer des Blei- und Buntstiftunternehmens Faber-Castell haben einen neuen Finanzchef gefunden. Mal wieder, muss man sagen. Zum 1. April übernimmt Constantin Neubeck den Posten, Auftrag: Kosten radieren.
Keith Gill erlangte Berühmtheit als "Roaring Kitty" und "DeepFuckingValue". In diesen Rollen war er einer der maßgeblichen Treiber hinter dem Hype um die Gamestop-Aktie. Nun ist er mit einer Sammelklage anderer Investoren konfrontiert.
Meine Empfehlungen für den Abend:

Beinahemonopol: Schmelze des Seltenerdmetalls Lanthan in der Inneren Mongolei
Foto: DAVID GRAY/ REUTERSElektroautos, Windräder, Kampfjets, Smartphones: Der kalte Krieg zwischen China und den USA könnte all diese Dinge stark verteuern. Peking nämlich setzt mal wieder den dafür nötigen kritischen Rohstoff als Waffe ein: Seltene Erden. China dominiert etwa 80 Prozent des Markts und in diesen Tagen sollen die neuen Ausfuhrbeschränkungen festgelegt werden. An den Märkten ist die Panik zurück. Für einige dieser Metalle sind die Preise seit Ende 2020 regelrecht in die Höhe geschossen. Für Neodym oder Dysprosium etwa. Oder für ein Zeug namens Terbium, das heute dreimal so teuer ist wie vor einem Jahr.
Bei Märkten und explodierenden Preisen denkt man in diesen Tagen ansonsten, natürlich, an Bitcoin und andere Kryptowährungen. Der Run sorgt für extreme Schwankungen – im Portfolio wie im Gemüt. Wir haben mit Krypto-Investor Moritz Schildt gesprochen. Er kennt die Extreme (seine Investmentgesellschaft hat mit einer Miniwährung im letzten Halbjahr aus 50.000 Euro rund 30 Millionen gemacht) und erklärt, wie Profi-Investoren damit umgehen.
Bleiben Sie gesund, herzlich, Ihr Lukas Heiny