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Christoph Rottwilm

Der Mittwoch im Überblick Rückschläge in Hannover und riskante Anlagen in Holz

Liebe Leserin, lieber Leser,

jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit einem Russen, der zum Problem für die Tui wird, einem wichtigen Schritt zum Öl-Embargo gegen Russland und einer Thyssen-Chefin, der der russische Angriff auf die Ukraine die Strategie vermasselt.

Der Touristikkonzern Tui in Hannover hat seit Beginn des Krieges in der Ukraine sein ganz eigenes Russland-Problem. Es heißt Alexej Mordaschow. Der Milliardär und Oligarch war bislang Großaktionär bei der Tui und ein wichtiger Unterstützer des Managements um CEO Fritz Joussen. Doch nun ist alles anders: Mordaschow wurde von der EU sanktioniert, seine Tui-Anteile sind blockiert, den Aufsichtsrat hat er bereits verlassen.

Tui-Chef Joussen spielt die Angelegenheit zwar gerne herunter. Doch es ist klar, dass der Tourismusriese, der von der Corona-Zeit ohnehin noch immer schwer gebeutelt ist, damit eine weitere Belastung tragen muss. Die Wirren um Mordaschow gefährden die Sanierung des Konzerns, schreibt mein Kollege Michael Machatschke in seiner ausführlichen Analyse der Situation .

Konkret heißt das: Zwar übt sich Joussen in Optimismus angesichts wieder steigender Buchungszahlen. Aber im wahrscheinlichsten Fall kommt die Tui damit in diesem Jahr nicht einmal auf das Niveau von 2019, das bereits schwach war. Zugleich zeigt sich, dass die beiden wichtigsten Profitbringer des Unternehmens, die Hotels und die Kreuzfahrtschiffe, schwächeln. Hinzu kommt noch ein riesiger Berg Schulden, auf dem die Tui sitzt.

Der Tui-Boss braucht neue Investoren. Die Suche danach dürfte allerdings schwierig werden, schließlich hat Joussen mit Oligarch Mordaschow gerade seinen wichtigsten Geldgeber verloren (neben dem Bund, der in der Krise rettend zur Stelle war, versteht sich). Da wundert es kaum noch, dass der CEO zuletzt beinahe unbemerkt eine lukrative Ausstiegsklausel für sich ausgehandelt hat.

Russland-Problem: Die Tui verliert mit Alexej Mordaschow einen wichtigen Rückhalt

Russland-Problem: Die Tui verliert mit Alexej Mordaschow einen wichtigen Rückhalt

Foto:

Bloomberg via Getty Images

Die Wirtschaftsnews des Tages:

  • Öl-Embargo rückt näher: Seit Wochen wird über den Verzicht auf russisches Öl diskutiert, jetzt wird es bei der Europäischen Union konkret. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte heute den Entwurf eines neuen Sanktionspakets vor, in dem auch das Öl-Embargo enthalten ist. Mit einer Übergangsfrist von sechs Monaten sollen demnach sämtliche Importe von russischem Rohöl gestoppt werden. Dem Vorhaben müssen jetzt noch die 27 EU-Länder zustimmen.

  • Schnelltests von Siemens gefragt: Beim Medizintechnikunternehmen Siemens Healthineers laufen die Geschäfte gut. Vor allem der Verkauf von Corona-Schnelltests kurbelt den Umsatz an. Die Folge: Ein stattlicher Gewinnsprung und ein Konzernchef Bernd Montag, der die Prognose für die kommenden Monate in die Höhe schraubt.

  • Volkswagen bleibt zuversichtlich: Volkswagen hatte bereits Mitte April über den Milliardengewinn informiert, den der Konzern im ersten Quartal einmal mehr erzielt hat. Heute bekräftigte Volkswagen-Chef Herbert Diess auf Grundlage dieser Geschäftszahlen seine Prognosen für das Gesamtjahr. Demnach soll der Umsatz 2022 um 8 bis 13 Prozent steigen. Zugleich äußerte sich Diess jedoch besorgt über den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Risiken, etwa für die Energieversorgung.

  • Unruhe beim Liefer-Start-up: Für die Aktionäre von Just Eat Takeaway wurde es schon turbulent, bevor die Hauptversammlung überhaupt begonnen hatte. Kurz vor dem Start der Veranstaltung gab Europas größter Lieferdienst bekannt, dass weder der Aufsichtsratschef noch der für das operative Geschäft verantwortlichen COO zur Wiederwahl zur Verfügung stünden. Die Rede war von Verfehlungen eines der Herren auf einer Firmenveranstaltung, interne Ermittlungen seien aufgenommen worden. Investoren der Lieferando-Mutter, die ohnehin mit Wachstumsproblemen zu kämpfen hat, reagierten erbost, die Aktie verlor schlagartig 8 Prozent an Wert.

Die Personalien des Tages:

Viel zu tun: Carla Kriwet wird Chefin von FMC

Viel zu tun: Carla Kriwet wird Chefin von FMC

  • Dax-Konzern holt Frau an die Spitze: Carla Kriwet soll Chefin des Dialyseanbieters Fresenius Medical Care - kurz: FMC - werden. Nach Merck-Chefin Belén Garijo wird sie damit die zweite Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Kriwet kommt von der Münchener Bosch-Tochter BSH Hausgeräte, wo sie ihren Job kürzlich quittiert hat, und soll Anfang 2023 die Nachfolge von FMC-Chef Rice Powell antreten. Bei FMC kommt auf die 51-Jährige viel Arbeit zu – der Gewinn des Unternehmens brach im ersten Quartal dieses Jahres ein.

  • Auto-Ikone holt Mann an die Spitze: Der britische Autobauer Aston Martin hat für manch einen Kultstatus, ist aber inzwischen so etwas wie ein chronischer Krisenfall. Um das endlich zu ändern, setzt Großaktionär Lawrence Stroll einen neuen Mann ins Cockpit: Ex-Ferrari-Boss Amedeo Felisa soll den glücklosen Tobias Moers ersetzen. Auch für Felisa gibt es viel zu tun: Aston Martins Verlust hat sich im ersten Quartal mehr als verdoppelt.

Was uns heute sonst noch beschäftigt hat:

  • Thyssen-Chefin trotzt Widrigkeiten: Seit ihrem Amtsantritt 2019 bemüht sich Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz, den Konzern umzubauen und zu sanieren. Doch der Krieg in der Ukraine erschwert der Managerin diese Aufgabe gewaltig: Von den Marinewerften kann sie sich nicht trennen, weil Rüstungsfirmen plötzlich wieder bedeutsamer sind. Auch die Abtrennung der Stahlsparte stockt, weil der Krieg neue Unwägbarkeiten ins Rohstoffgeschäft bringt. Ende März kommenden Jahres steht für Merz eine Vertragsverlängerung an – meine Kollegen Kirsten Bialdiga und Thomas Werres beschreiben, warum die Thyssen-Chefin trotz aller Widrigkeiten weitermachen will .

Meine Empfehlung für den Abend:

Reizvolles Geschäft? Wald-Investments bergen für Anleger viele Risiken

Reizvolles Geschäft? Wald-Investments bergen für Anleger viele Risiken

Foto: Karin Jähne / imago images/Shotshop
  • Die Inflationsraten steigen, die Aktienmärkte sind unter Druck, wo sollen Investoren da noch Geldanlagen finden, die eine reale Rendite bringen? Im Wald zum Beispiel, lautet die Antwort einiger Investmentfirmen. Wald-Investments werden in unterschiedlichen Formen angeboten, von der Aktie über den Direktkauf bis hin zum geschlossenen Fonds. Angesichts rasant steigender Holzpreise ein reizvolles Geschäft, könnte man meinen. Aber Vorsicht ist geboten, viele Anleger, die in der Vergangenheit auf die stattlichen Renditeversprechen der Anbieter eingingen, fielen damit auf die Nase. Meine Kollegin Maren Jensen hat sich den Markt für diese alternative Geldanlage genauer angeschaut und beschreibt, worauf Investoren achten sollten.

Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm

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