

Newsletter "Der Tag" Der Tag mit dem fleißigen Herrn Klein
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit einem Anstieg des Preisniveaus, einem Einstieg ins Aufsichtsratsgeschäft und einem Abstieg aus der ersten Software-Liga.
Die Warnung vor einer kommenden Inflation dürfte ungefähr so alt sein wie die Inflation selbst. Kein Wunder, ist es doch ein für Fachleute attraktiv erscheinendes Geschäft: Der Warner spricht eine Gefahr an, die jeden betrifft, er kann sich also maximaler Aufmerksamkeit gewiss sein. Und selbst wenn er falsch liegt, droht kein Reputationsverlust. Erstens gehört es für Volkswirte wie auch für Wissenschaftler anderer Disziplinen zum Handwerk, im Nachhinein überzeugend erklären zu können, warum nicht geschehen ist, was zuvor noch unausweichlich erschien. Und zweitens bleibt auch bei dieser Prophezeiung stets das Totschlagargument: Die Inflation kommt in jedem Fall - nur eben etwas später.
So gesehen warnen Ökonomen vor der aktuell bevorstehenden Inflation bereits seit etwa zehn Jahren - mindestens. Seinerzeit hatten Notenbanken ihre Geldschleusen geöffnet, um die Finanz- und Wirtschaftskrise zu bekämpfen. Preissteigerungsraten von 5 Prozent und mehr sahen Experten damals kommen. Die Teuerung blieb zwar bis heute aus, die Warnungen sind jedoch nicht verstummt, und zwar mit wechselnden Argumenten.
Gegenwärtig kocht das Thema einmal mehr besonders hoch, und tatsächlich lassen Statistiken einen Anstieg des Preisniveaus erkennen. Anleihekurse am Finanzmarkt sind deshalb bereits in Wallung geraten. Was steckt dahinter? Lesen Sie hier den aktuellen Kanon der Gründe, die für eine Rückkehr der Inflation sprechen.

Preisrichterin: EZB-Präsidentin Christine Lagarde muss die Inflation im Blick behalten
Foto: Olivier Matthys/POOL/EPA-EFE/ShutterstockDie Wirtschaftsnews des Tages:
Nach Wochen des Lockdowns sehen sich inzwischen auch die großen Einzelhandelsfirmen hierzulande an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Das zeigt eine - nicht repräsentative - Umfrage, die der Einzelhandelsimmobilienvermieter ECE unter vornehmlich umsatz- und mitarbeiterstarken Nutzern seiner Flächen durchgeführt hat. Demnach bangt mehr als die Hälfte der Firmen um ihre Existenz, drei Viertel erwägen Ladenschließungen.
Schon wieder ein Spac-Deal: Diesmal geht es um den Tesla-Konkurrenten Lucid Motors, der per Firmenhülle an die Börse gebracht wird, und zwar zu einer Bewertung von stattlichen 11,75 Milliarden Dollar. Was es mit dem boomenden Spac-Geschäft auf sich hat, das jetzt auch nach Europa kommt, und in dem der Lucid-Deal lediglich ein Mosaiksteinchen ist, können Sie bei der Gelegenheit hier noch einmal ausführlich nachlesen.
Homeoffice statt Bankschalter? So ungefähr lautet offenbar das Motto beim britischen Geldhaus HSBC. Die Großbank will nach einem Gewinneinbruch die Kosten senken und zu dem Zweck langfristig auf einen großen Teil der Büroflächen verzichten. Damit liegt sie im Trend: Wie wir bereits vor einiger Zeit berichtet haben, haben auch hierzulande viele Konzernlenker in der Corona-Krise die Heimarbeit lieben gelernt. Bei den Kollegen vom Harvard Business manager erfahren Sie zudem, unter welchen Vorausetzungen Homeoffice für Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen auf Dauer gelingen kann.
Was heute sonst noch wichtig war:
Was macht eigentlich? Eine immer wieder gern gestellte Frage, wenn es um Promis geht, die aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind. "Was macht eigentlich nicht?" müsste sie allerdings eher lauten in Bezug auf Joe Kaeser. Der kürzlich abgetretene Chef des Großkonzerns Siemens würde in der Deutschland AG gerne das eine oder andere Aufsichtsratsmandat übernehmen, berichtet meine Kollegin Angela Maier - doch noch hat er kaum Passendes gefunden. Am liebsten säße Kaeser natürlich an der Spitze der Aufseher "seines" Siemens-Konzerns. Um dorthin zu gelangen, müssten sich die Dinge allerdings ziemlich präzise fügen, wie Sie hier nachlesen können.
Ist Karriere ohne Personal Branding heute noch möglich? Braucht jede Managerin und jeder Manager ein erfolgreiches Social-Media-Profil? Wenn Sie diese Fragen auch spannend finden, sollten Sie sich die aktuelle Folge des Podcasts Team A vom Harvard Business manager anhören. Mit dabei: Tijen Onaran, Gründerin des Netzwerks Global Digital Women, Investorin, Autorin, Moderatorin. Mit zehntausenden Followern auf diversen Kanälen hat sie zu dem Thema einiges zu sagen.
Platzt jetzt - einmal mehr - eine Krypto-Blase? Nachdem die New Yorker Justiz gegen die Plattform Bitfinex vorging, beschleunigte der Bitcoin seinen bereits begonnenen Kursrutsch. Binnen drei Tagen hat die wichtigste Cyberdevise bereits um 13.000 Dollar nachgegeben.
Meine Empfehlung für den Abend:

Fleißig und sympathisch: SAP-Chef Christian Klein sucht nach einer Zukunftsstory für den Softwarekonzern
Wie weit die globale Konkurrenz den deutschen Softwareriesen SAP im seit Corona noch stärker boomenden Cloudgeschäft abgehängt hat, zeigt der Vergleich der Aktienkurse eindrücklich: Mit allen großen Playern ging es in den vergangenen zwölf Monaten nach oben - nur mit SAP nicht. Verantwortlich dafür ist "der fleißige und sympathische Herr Klein", wie ihn meine Kolleginnen Christina Kyriasoglou und Eva Müller charakterisieren: Christian Klein, seit Oktober 2019 CEO in Walldorf. Seit seinem Amtsantritt - zunächst noch neben Co-Chefin Jennifer Morgan - müht sich Klein damit ab, den angestaubten IT-Konzern wieder in Schwung zu bringen, das Kernprodukt S/4 Hana als zugleich größtes Sorgenkind dabei stets im Fokus. Das Problem ist nur: SAP fehlt die Zukunftsstory. Lesen Sie die ausführliche Analyse hier: Warum SAP den Anschluss verliert.
Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm