
Der Dienstag im Überblick Trübe Aussichten und erstaunlich realistische Träume
Liebe Leserin, lieber Leser,
wie schlimm wird 2023 für die Wirtschaft wirklich? Mit dieser Frage setzen wir uns an dieser Stelle recht regelmäßig auseinander, die Bandbreite der Antworten ist dabei hoch. Zuletzt verbreitete sich bei mir persönlich so etwas wie Zuversicht: Vielleicht wird doch alles nicht so schlimm. Wenn es bei Ihnen auch so ist und Sie dieses Gefühl mögen, sollten Sie den nächsten Absatz überspringen.
Denn Andrew Balls, weltweiter Chefinvestor am Anleihemarkt bei der Allianz-Tochter Pimco, ist leider nicht sehr optimistisch, was die nähere Zukunft angeht. "Es gibt ein signifikantes Risiko, dass die wirtschaftliche Abkühlung deutlich stärker ausfallen wird als derzeit gedacht", sagt der Mann, der maßgeblich bestimmt, wo einer der größten Anleihemanager der Welt rund 1,74 Billionen US-Dollar anlegt. Im Interview mit meinem Kollegen Christoph Rottwilm gibt Balls einen Ausblick auf das Jahr und erklärt, wo sich Investments derzeit trotzdem lohnen.

"Aktien haben an Attraktivität verloren": Pimco-Anleihechef Andrew Balls bleibt seiner Anlageklasse treu
Foto: Frank WangDie Wirtschaftsnews des Tages:
Werner Baumann verabschiedet sich mit Kursrutsch: Zum letzten Mal präsentierte Bayer-Chef Werner Baumann heute die Bilanz des Dax-Konzerns. Auf den ersten Blick konnte er gute Zahlen vorstellen: Der Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern steigerte Umsatz und Gewinn zweistellig, die Dividende soll angehoben werden. Die Investoren waren trotzdem enttäuscht: Der schwache Ausblick ließ den Aktienkurs einknicken. Zum 1. Juni übernimmt Bill Anderson in Leverkusen die Chefrolle – was ihn erwartet, hat unser Kollege Dietmar Palan recherchiert.
Mathias Döpfner streicht Stellen bei "Bild" und "Welt": Mit einem Sparprogramm will Springer-Chef Mathias Döpfner das Ergebnis seiner deutschen Medienmarken bis Ende 2025 um rund 100 Millionen Euro verbessern. Das kündigte Döpfner heute in einem Schreiben an seine Mitarbeiter an. Welchen imperialen Plan Döpfner mittelfristig mit dem Medienhaus hat, haben unsere Kollegen Christina Kyriasoglou und Martin Noé für Sie analysiert.
Ralf Brandstätter sieht keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen: Volkswagens China-Chef Ralf Brandstätter hat nach einem Besuch in dem umstrittenen Werk in der Provinz Xinjiang betont, an der Fabrik festhalten zu wollen. "Wir haben keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in diesem Werk – das hat sich nach meinem Besuch nicht geändert", sagte er. Ein Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte hatte im vergangenen Jahr von schwerwiegenden Verstößen in der Gegend gesprochen. In der Provinz soll es unter anderem Umerziehungslager geben.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:

Methode simple Nachfrage: Richter Markus Födisch führt die Verhandlung bisher noch recht großzügig
Foto: Sven Simon / IMAGODer unerbittliche Herr des Verfahrens: Ab morgen wird es in München wieder spannend. Im Prozess um den Milliardenbetrug bei Wirecard geht es dann mal wieder um den größten Bluff des ehemaligen Finanzdienstleisters überhaupt – das sogenannte Partnergeschäft des einstigen Dax-Konzerns in Asien, das offenbar überwiegend erfunden war. Zu diesem Thema wird Richter Markus Födisch Ex-Konzernchef Markus Braun befragen. Aus diesem Grund hat sich unsere Kollegin Katharina Slodczyk den Richter einmal genauer angeschaut , der bisher eher humorfrei, aber stets ruhig und verbindlich durch den Prozess führt – und Selbstdarsteller Braun vor allem mit den kleinen Fragen aus dem Konzept bringt.
Meine Empfehlung für den Abend:

Forever young! Amazon-Gründer Jeff Bezos als Kind
Foto:ARCHIVIO GBB / Alamy Stock Photo
Die große Verschwörung gegen den Tod. Hätten Sie ihn erkannt? Auf dem Foto ist nicht etwa Prinz George (9) zu erkennen, die Nummer 2 der britischen Thronfolge. Es ist Amazon-Gründer Jeff Bezos (59) als Kind. Eben jener Jeff Bezos träumt heute im fortgeschrittenen Alter von ewiger Jugend: "Den Tod abzuwehren, ist eine Sache, an der man arbeiten muss", schrieb er vor zwei Jahren seinen Investoren. Der Gedanke ist zugegeben nicht ganz neu, der Sieg über die eigene Endlichkeit ist der größte und älteste Traum der Menschheit. Neu ist allerdings, dass Superreiche, Spezialfonds und sogar erste Staaten atemberaubende Summen in Projekte zum ewigen Leben stecken. Und dass der Traum näher rückt: Die Forschungsergebnisse versprechen Historisches, das haben meine Kollegen Margret Hucko und Martin Mehringer recherchiert.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!
Ihr Oliver Hollenstein
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