
Der Tag im Überblick Ein Textilboss und jede Menge Zombies
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit Flügen im New-Yorker-Jet, BASF im Hurrikan und Jazzmusikern im Team.
Es sind Geschichten wie diese, wegen derer es immer wieder von Neuem Freude macht, sich mit der Wirtschaft zu beschäftigen. Heute schauen wir auf die Modekette New Yorker. 1150 Filialen in 46 Ländern, 19.000 Beschäftigte, ein Milliardenumsatz – New Yorker (Hauptsitz Braunschweig) ist längst ein Handelskonzern von Weltrang. Zudem mit einer Vorsteuerrendite von mehr als 16 Prozent äußerst profitabel. Was die Geschichte einzigartig macht, sind die Marotten des Alleinherrschers hinter der Firma.
Friedrich Georg Knapp führt die Kette seit Jahren so, als wäre er ein Gutsherr im 19. Jahrhundert: Keine Entscheidung ohne ihn, keine Mitbestimmung der Beschäftigten – und auch keine erkennbare Perspektive dafür, was aus dem Unternehmen einmal werden soll, sollte sich der heute 70-jährige Knapp dereinst zurückziehen. Stattdessen: ein Unternehmeralltag voller Kuriositäten. Im schwarzen Rolls-Royce geht es durchs morgendliche Braunschweig, vom Wohnsitz in einer alten Nazi-Villa in die zehn Kilometer entfernte Firmenzentrale, die der Patriarch dann bisweilen in kurzen Jogginghosen, T-Shirt und Espadrilles betritt. Oder die spontanen Flüge im Privatjet nach Ibiza, Tokio oder Los Angeles, wo Knapp regelmäßig ein paar Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausschwärmen lässt, um deren Probeeinkäufe nachschneidern zu lassen.
Neugierig geworden? Ich empfehle dringend die ganze Geschichte meines Kollegen Martin Mehringer über: King Knapp - der verschrobene Alleinherrscher eines deutschen Weltkonzerns

King Knapp: Der Chef von New Yorker agiert gern nach Gutsherrenart
Illustration: Tim McDonagh für manager magazin
Die Wirtschaftsnews des Tages:
Die Corona-Pandemie brachte viele Unternehmen in Schwierigkeiten – doch dank des billigen Geldes der Notenbanken, der Staatshilfen und großzügigen Investoren konnten viele trotzdem am Leben gehalten werden. Die Folge: Inzwischen wimmelt es in der Weltwirtschaft vor sogenannten Zombie-Firmen. Seit 2010, das hat die Unternehmensberatung Kearney ermittelt, hat sich die Zahl dieser scheintoten Wirtschaftsakteure beinahe verdreifacht. Mehr als 2000 dieser Zombies tummeln sich aktuell an den Weltbörsen. Die Kearney-Studie, die uns exklusiv vorliegt , zeigt zudem: Besonders betroffen von dem Phänomen ist die Immobilienbranche.
In die Bredouille gerieten in der Pandemiezeit insbesondere Tourismusfirmen. Der Lockdown brachte vor allem das Massengeschäft zum Erliegen. Urlaub als Übung in Vereinzelung jedoch hatte in den vergangenen Monaten Hochkonjunktur - und damit auch der Verkauf von Wohnmobilen. Davon wiederum hat der Hersteller Knaus Tabbert profitiert: Das Unternehmen will nun seine Produktionsmöglichkeiten vergrößern, sehr zur Freude seiner Aktionäre.
Auch über die Krise im weltweiten Warentransport haben wir schon mehrfach berichtet. Mittendrin steckt die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd. Die größte Containerlinie Deutschlands versucht das Problem zu lindern - und hat erstmal 75.000 neue Container bestellt.
Notlage in den USA. Der Wirbelsturm "Ida" verwüstete Teile des Landes, davon ist selbstverständlich auch das wirtschaftliche Leben betroffen. Der Dax-Konzern BASF etwa musste seine Produktion im US-Staat Louisiana zeitweise aussetzen. Zudem legte das Unwetter einen Großteil der Stromversorgung sowie der Ölproduktion im Süden der Vereinigten Staaten lahm.
Und makroökonomisch bedeutend waren heute mal wieder neue Daten zur Inflation. Im August kletterte die Inflationsrate in Deutschland auf 3,9 Prozent - es ist der höchste Stand seit 28 Jahren.
Was heute sonst noch wichtig war:
Im Wahlkampf wird mal wieder über das Thema Vermögenssteuer gestritten. Zwar kam es im ersten "Triell" der Spitzenkandidaten von SPD, Union und Grünen nur ganz am Rande vor, aber streiten lässt sich darüber herrlich. So stellte der Ökonom Clemens Fuest, Chef des Münchener Ifo Instituts, heute eine Studie vor, die zu einem ablehnenden Urteil über die Vermögenssteuer gelangt. Der Widerspruch dazu ließ nicht lange auf sich warten: "Ich halte die Studie vom Ifo für unvollständig und damit die Schlussfolgerungen für falsch", sagte Marcel Fratzscher, Präsident des DIW in Berlin.
Diejenigen Geldanleger, die Gewinnausschüttungen von Unternehmen in ihre Vermögensplanung einbeziehen, können aufatmen: Das Tal der Corona-Krise ist durchschritten, weltweit legen die Konzerngewinne wieder zu und damit auch die Dividendenzahlungen. Wer besonders gut zahlt und worauf zu achten ist - wir haben hier einen kleinen Überblick für Sie.
Meine Empfehlung für den Abend:

Teamworkerin: Francesca Gino kennt sich mit Zusammenarbeit aus
Funktionierende Teamarbeit ist in Unternehmen heute wichtiger als je zuvor - doch haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, worauf es eigentlich ankommt, damit Menschen wirklich effektiv zusammenarbeiten? Francesca Gino ist Professorin an der Harvard Business School, Buchautorin und Profi auf dem Gebiet. Sie weiß: Führungskräfte, die Teams leiten, können vor allem von Jazzmusikern, Improvisationskünstlern und Basketballcoaches viel lernen. Und: Damit ein Team funktioniert, müssen vor allem drei Voraussetzungen erfüllt sein. Welche das sind? Das hat Frau Gino meinem Kollegen Ingmar Höhmann im Interview verraten. Dabei wartet die Expertin auch mit einer durchaus bemerkenswerten Erkenntnis auf: "Wir sind nicht dazu geboren, mit anderen zu kooperieren"
Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm