
Newsletter "Der Tag" Der Tag mit Ärger in der Affenhorde
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit Europas stillen Softwarestars, Lebensmittellieferanten im Stillstand und einem stillschweigenden Triumph der Superreichen.
Bei den älteren Investoren unter Ihnen klingelt es vielleicht noch, wenn sie den Namen Nemetschek hören. Das Softwarehaus mit Sitz in München gehörte zu Zeiten der Dot-Com-Bubble zu jenen Tech-Firmen, die am Frankfurter Neuen Markt besonders gehypt wurden – und deren Aktien später empfindlich abstürzten. Nemetschek, bereits Anfang der Sechziger gegründet, ist allerdings auch eine der wenigen IT-Hoffnungen aus jenen Jahren 1999/2000, die bis heute überlebt haben. Und die jetzt erneut Erwartungen bei Investoren wecken.
Meine Kollegen Thomas Mersch und Stefan Merx haben sich auf dem Markt für europäische Softwareaktien umgeschaut, die nach ihrer Ansicht zurzeit gegenüber vergleichbaren und gehypten US-Papieren deutlich günstiger bewertet sind. Sie haben mehrere Tech-Unternehmen gefunden, die der Konkurrenz aus den USA oder Asien erfolgreich trotzen – und die deshalb interessant für Anleger sind. Neben Nemetschek sind das zum Beispiel der Stuttgarter IT-Dienstleister GFT oder der Berliner Mobilitätsspezialist IVU Traffic Technologies. Warum? Das lesen Sie hier: Softwareaktien - Die Hidden Champions der europäischen Techszene
Die Wirtschaftsnews des Tages:

Gorilla at work: Unter den Fahrerinnen und Fahrern des Liefer-Start-ups macht sich Unzufriedenheit breit
Foto: Arnulf Hettrich / imago imagesZoff in der Affenhorde: Beim Berliner Liefer-Start-up Gorillas haben bereits den zweiten Tag in Folge Fahrerinnen und Fahrer gestreikt und Lebensmittellager des Unternehmens blockiert. Unmittelbarer Auslöser der Proteste war die Kündigung eines Kollegen. Doch der Unmut über schlechte Arbeitsbedingungen schwelt schon länger. Hier alle Details, inklusive eines Statements des Unternehmens zu den Ereignissen. Und für Ihren Hintergrund: Die Schlacht um den Liefermarkt.
Spektakuläre Finanzierungsrunden für junge Tech-Unternehmen gab es zuletzt einige – heute kommt eine weitere hinzu. Wobei, mit einer Gesamtbewertung von inzwischen fast 46 Milliarden Dollar spielt der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna schon in einer anderen Liga als beispielsweise die kürzlich frisch finanzierten hiesigen Start-ups Scalable, Trade Republic oder Wefox. 46 Milliarden Dollar? Auf diesen Wert kommt Klarna durch die knapp 640 Millionen Dollar, die unter anderem die japanische Softbank jetzt in das Unternehmen gegeben hat.
Dass viele Reiche in der Corona-Krise noch reicher wurden, weil die Aktienmärkte die globale Misere nicht so recht für voll nehmen wollten, ist bereits bekannt. Jetzt kommen dazu neue Zahlen der Boston Consulting Group: Demnach ist das private Finanzvermögen weltweit auf inzwischen 250 Billionen Dollar angestiegen. Deutschland, so die Analyse, ist der immerhin drittwichtigste Standort für die Superreichen.
Neue Details zum richtungweisenden Urteil über Bankgebühren, das der BGH bereits im April gefällt hat: Allein die Deutsche Bank stellt sich darauf ein, dass Kundenrückforderungen in diesem Jahr zu einer Belastung von 300 Millionen Euro führen könnten.
Wieder ein Dämpfer für alle Bitcoin-Fans: Die einflussreiche Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel – das ist die Zentralbank der Zentralbanken – will Kryptowährungen in Risikoklassen aufteilen - und zählt den Bitcoin als bedeutendsten Vertreter dieser Gattung zu den riskantesten Assets. Dass eben jene BIZ selbst bei der Gestaltung des künftigen Währungssystems eine ganz entscheidende Rolle spielt, haben wir Ihnen neulich schon im Detail berichtet. Hier noch einmal zum Nachlesen: Der BIZ-Krieg, äh, Bitskrieg – also der globale Machtkampf um die digitalen Währungen.
Was heute sonst noch wichtig war:

Die Inflation im Blick: EZB-Präsidentin Christine Lagarde bereiten die Preissteigerungen offenbar noch keine Sorgen
Foto: Jonathan Rebboah / imago images/PanoramiCSteigende Inflationsraten bereiten Konsumenten und Anlegern seit Monaten Sorgen, und die heutige Entscheidung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Kollegen, an der überaus lockeren Geldpolitik festzuhalten, dürfte daran erst mal wenig ändern. In Deutschland zum Beispiel wurden zuletzt die stärksten Preissteigerungen seit fast zehn Jahren gemessen, in den USA sogar, wie ebenfalls an diesem Donnerstag publik wurde, seit 13 Jahren.
Wer sich angesichts dessen um sein Erspartes sorgt, hat bei der Geldanlage ein paar Möglichkeiten. Zum Beispiel inflationsindexierte Anleihen. Diese sogenannten "Linker" wurden eigens erfunden, um Investoren einen Schutz vor der Geldentwertung zu bieten. Wie sie funktionieren und worauf beim Investment zu achten ist, lesen Sie hier: "Linker" - diese Wertpapiere schützen vor Inflation
Neues aus der beliebten Rubrik "Was macht eigentlich?" Diesmal beantwortet Kollegin Margret Hucko die Frage, womit sich die frühere Opel-Managerin Rita Forst heute die Zeit vertreibt. Spoiler: Hin und wieder sitzt sie offenbar auf einem Aufsitzmäher - abgesehen von einigen ernsthaften Beschäftigungen, versteht sich.

Gartenfreuden: Ex-Opel-Managerin Rita Forst daheim
Foto:LÊMRICH für manager magazin
Meine Empfehlung für den Abend:
Überlegen Sie mal: Wann haben im Freundes- oder Bekanntenkreis zuletzt ein Gespräch geführt, in dem es nicht mindestens einmal kurz um das Thema Impfung oder Impfstoffe gegangen wäre? Vermutlich lange her. Denn seit Langem wurde wohl kaum eine andere Frage so breit diskutiert, wie diese. Wenn Sie also beim Corona-Impf-Talk künftig den vollen Kenntnisstand haben wollen, dann empfehle ich Ihnen dringend diesen Überblick, den mein Kollege Arvid Kaiser zusammengestellt hat: Corona-Vakzine im Vergleich - welcher Impfstoff ist der beste?
Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm