

Newsletter "Der Tag" Der Tag mit den drei Magiern

Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit dabei: Ein zweiter Impfstoff für Europa, Volkswagens Börsenneid, eine Kryptowährung im Himmel und eine Privatbank im Feuer.
Der 6. Januar steht im Kalender als "Drei-Königs-Tag". Nun ist bei strenger Exegese der Originalquellen gar nicht von dreien die Rede, auch nicht von Königen, schon gar nicht von irgendwelchen Namen. Doch in der abendländischen Vorstellungswelt hat sich das Bild fest etabliert. Grund genug, die drei Könige des Tages zu ernennen: Sie heißen Stéphane, Herbert und Satoshi – dabei hatten am "Fest der Erscheinung des Herrn" vor allem die Frauen Grund zum Feiern. Aber der Reihe nach.
Die wichtigsten Wirtschaftsthemen des Tages:

Magier der Märkte: Moderna-Chef Stéphane Bancel brachte statt Weihrauch, Gold oder Myrrhe einen Stoff namens mRNA1273.
Foto: Adam Glanzman/BloombergDer Biotechkönig aus Amerika: Stéphane Bancel. Der Chef der US-Firma Moderna tritt laut und aggressiv auf und vermag es damit, sowohl die Investoren als auch den scheidenden Donald Trump zu umgarnen. An diesem Mittwoch erhielt der von Moderna entwickelte Impfstoff die Zulassung der europäischen Arzneimittelbehörde und später auch der EU-Kommission. Damit avanciert Bancel selbst zu einer Art Heilsbringer, so sehnlichst wurden seine Fläschchen erwartet (Deutschland hat sich 50 Millionen Dosen gesichert, zwei Millionen erwartet die Bundesregierung im ersten Quartal). Und sollten Sie mehr über König Stéphane wissen wollen: Hier das aktualisierte Porträt meines Kollegen Dietmar Palan.
Der Autokönig von Deutschland: Herbert Diess. Der hat schon vor Jahren versprochen, den Börsenwert von Volkswagen auf 200 Milliarden Euro zu heben (er blieb indes recht konstant bei rund 80 Milliarden). Die Prophezeiung gilt als Running Gag in der Branche. In einem Bloomberg-Interview sagte Diess jetzt: "Unsere Marktbewertung steckt noch im Bereich der alten Autoindustrie - das führt zu gravierenden Nachteilen für uns beim Zugang zu benötigten Ressourcen." Ein ernstes Problem, zweifellos. Andererseits: Ist natürlich doof, wenn ein Autokonzern wie ein Autokonzern bewertet wird. Wäre schon besser, wenn alle Konzerne wie Tech-Elektro-Start-ups hochgejazzt würden (außer für die Investoren, vermutlich).
Der Kryptokönig aus Blockchainistan: Satoshi Nakamoto. Unter diesem Pseudonym jedenfalls ist der bis heute unbekannte Bitcoin-Erfinder bekannt. Der Wert der Digitalwährung stieg erstmals über 35.000 Dollar (und zwar deutlich) auf ein neues Allzeithoch. Der Anstieg macht selbst Experten ratlos. Doch so grenzenlos wie er scheint, ist er nicht. In seinem Gastkommentar "Die Eine-Million-Dollar-Frage" rechnet Ökonom Cyrus de la Rubia die Grenze aus (Spoiler: Sie hat mit dem hohen Energieverbrauch zu tun).
Und warum war es nun ein Feiertag für die Frauen? Die Bundesregierung beschloss heute den Gesetzentwurf für die Frauenquote in Vorständen großer Unternehmen. "Ein Meilenstein für die Gleichberechtigung", jubelte Ministerin Franziska Giffey anschließend. Etwa 70 Unternehmen werden in ihren Vorständen nach Schätzung der Regierung etwas ändern müssen. Im Dax haben Bayer, Eon, HeidelbergCement, Infineon und MTU bislang keine Frau in ihrem höchsten Gremium. Mögliche Kandidatinnen finden sich selbstverständlich hier: In unserer Liste der aktuell 100 einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:
Weltweit haben die Regierungen gigantische Summen für Infrastrukturinvestitionen versprochen, um ihre taumelnden Wirtschaften zu stützen. Der kommende US-Präsident Joe Biden hat zwei Milliarden Dollar versprochen, China rund 1,5 Milliarden und die EU hat ihren Green Deal besiegelt. Für Investoren bieten die Staatsgelder hervorragende Chancen. Oder nicht? Schließlich konnten ähnliche Versprechen in der Vergangenheit oft nicht umgesetzt werden. Dieser Originaltext aus dem aktuellen "Economist" geht der Frage nach: Sollten Anleger auf den Infrastrukturboom wetten?
Sollten Sie auf Aktien gewettet haben, läuft es aktuell nicht sooo schlecht. Dax und Dow erreichten – mal wieder – neue Höchststände. Nachzulesen in unserem täglichen Börsenbericht.
Der US-Konzern Amazon kauft erstmals eigene Flugzeuge, um seine Waren noch schneller ausliefern zu können.
Der Reifenkonzern Michelin will 2300 Arbeitsplätze abbauen.
Und die italienische Regierung bringt sich in Stellung, damit die italienischen Autowerke des neuen Stellantis-Konzerns vor allzu viel Kahlschlag verschont bleiben.
Meine Empfehlung für den Abend:

Alstervergnügen: Die Hamburger Privatbank M.M.Warburg.
Foto: Morris MacMatzen / Getty ImagesDie Verflechtungen der Hamburger Privatbank M.M.Warburg in den Cum-Ex-Skandal und die Rolle der Hamburger Politik dabei sorgen seit Monaten für Aufregung. Vieles ist noch unklar, dabei hat der Fall alles, um für Peter Tschentscher (inzwischen Hamburgs Erster Bürgermeister) und Olaf Scholz (inzwischen Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat) noch ungemütlich zu werden. Ein Strafprozess in Bonn leuchtet in diesen Tagen in die dunklen Ecken zwischen Binnenalster und Rathaus aus. Vorgeladen ist auch eine Finanzbeamtin – die sich offenbar fürsorglich um die Bank kümmerte.
Der meistgelesene Artikel gestern war übrigens dieser hier: Wo ist Jack Ma?
Einen schönen Abend und bleiben Sie gesund. Herzlich, Ihr Lukas Heiny