
Der Mittwoch im Überblick Eine China-Freundin, ein Spaßverderber und drei Kronzeugen

Liebe Leserin, lieber Leser,
wie halten wir es künftig mit China? Als Bundeskanzler Olaf Scholz im November zum Antrittsbesuch nach Peking flog, saß Merck-Chefin Belén Garijo mit an Bord der Kanzlermaschine. Seitdem wird die Frage immer lauter diskutiert, ob sich Deutschland von einem seiner wichtigsten Handelspartner stärker distanzieren muss. Garijo hat dazu eine klare Meinung: "Das China-Bashing ist überzogen."
Das sagt die Merck-Chefin nicht nur, weil der Pharma- und Life-Science-Konzern sehr stark in China investiert hat. Deutschlands Unternehmen bräuchten einen "konstruktiven Dialog" sowie "Kooperationen mit bestehenden und neuen Partnern", sagt Garijo. Sich für die Zukunft breiter aufzustellen, sei sinnvoller, als Verbindungen jäh zu kappen. "Das größte geopolitische Risiko in meinen Augen ist die derzeitige Blockbildung." Um globale Probleme zu lösen, sei "die Zusammenarbeit aller globalen Akteure" nötig.
Dabei behält die 62-Jährige, die seit ihrem Amtsantritt vor knapp 2 Jahren das Wachstum von Merck stark beschleunigt hat, auch eine mögliche Eskalation des Taiwan-Konflikts im Blick. "Es gibt ein Risiko, aber wir glauben es managen zu können", sagt Garijo. Allein wegen einer möglichen Eskalation auf die aktuellen Chancen in China zu verzichten, hält sie für die falsche Strategie. Wie ihre Wachstumsstrategie für Merck aussieht und in welchen Bereichen sie sich eine milliardenschwere Übernahme vorstellen könnte – darüber hat Garijo mit meinem Kollegen Dietmar Palan gesprochen.

Tiefe Taschen: Merck-Chefin Belén Garijo
Foto:Anna Ziegler
Die Wirtschaftsnews des Tages:
Neuer Puma-Chef präsentiert Rekordergebnis: Wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hat der neue Puma-Chef Arne Freundt das beste Ergebnis in der Firmengeschichte von Puma verkündet. Nun muss sich Freundt fortan an den Leistungen seines Vorgängers Björn Gulden messen lassen, der zum größeren Konkurrenten Adidas abgewandert ist. Freundt nutzte die erste Bilanz-Pk als Firmenchef, um den Spaßverderber zu geben und die Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr zu dämpfen. Meine Kollegin Maren Jensen beschreibt, wie der neue Puma-Chef tickt und was ihn von Gulden unterscheidet.
ProSiebenSat1 verschiebt Vorlage der Bilanz: Bert Habets, Chef des Fernsehsenders ProsiebenSat.1, hat die Veröffentlichung der Konzernbilanz überraschend gestoppt. Auch der Termin der Hauptversammlung wackelt. Es gebe Unstimmigkeiten bei zwei Tochterfirmen, darunter "Jochen Schweizer mydays", hieß es zur Begründung des Schritts. Die späte Absage der Bilanzvorstellung ist auch peinlich für den Wirtschaftsprüfer EY. Die Aktie von ProsiebenSat.1 gab am Mittwoch nach.
Volkswagen prüft Verkauf des Werks in Russland: Der Autobauer Volkswagen führt Gespräche über einen Verkauf seines Werks im russischen Kaluga. Ein Konzernsprecher erklärte am Mittwoch auf Anfrage, man ziehe verschiedene Szenarien für die Zukunft des Geschäftsbetriebs in Russland in Betracht. Eine der Optionen sei der Verkauf der Vermögenswerte der Volkswagen Group in Russland.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:
Gründer und die Illusion der großen Freiheit: Wer ein Start-up gründet, darf nicht auf die große Selbstverwirklichung hoffen. Sachzwänge bestimmen den Alltag – ähnlich wie bei Führungskräften in Unternehmen und Konzernen. In unserer Start-up-Kolumne haben die Gründer Marcus Diekmann und Johannes Kliesch fünf goldene Regeln zusammengefasst, die für mehr persönlichen Freiraum sorgen. Eine davon: Gnädig mit sich selbst sein.
Mein Event-Tipp für die kommende Woche:
"Mögen Sie Menschen? Können Sie gut mit Ihnen umgehen? Dann besitzen Sie vermutlich die wichtigste Fähigkeit, die derzeit von Führungskräften verlangt wird. Weichere Skills wie Empathie, Kommunikationsstärke und Anpassungsbereitschaft rücken in den Fokus, Fachkenntnisse und Finanzwissen allein reichen nicht mehr aus. Um diese neue Art des Führens geht es im digitalen Live-Event OPEN HOUSE vom Harvard Business manager am 8. März um 14 Uhr. Zu Gast bei HBm-Moderatorin Christina Kestel ist Leadership-Professor und Führungskräfte-Coach Wolfgang Jenewein, der viel aus Forschung und Praxis erzählen kann. Die Teilnahme ist kostenlos und alle Interessierten sind herzlich eingeladen, Fragen im Chat zu stellen. Hier geht es zur Anmeldung.
Meine Empfehlung für den Abend:

Es wird einsam: FTX-Gründer Sam Bankman Fried beteuert seine Unschuld – während sich drei Vertraute bereits schuldig bekannt haben
Foto: Justin Lane / EPASBF und der dritte Kronzeuge: Der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX hat den Markt für Kryptowährungen erschüttert. Bis heute fahndet Insolvenzverwalter John Ray nach verschwundenen Milliardensummen. FTX-Gründer Sam Bankman Fried, der aktuell im Hausarrest in Kalifornien mit elektronischer Fußfessel auf seinen Prozess wartet, beteuert weiterhin seine Unschuld. Das Risikomanagement habe versagt, na gut, aber den Vorwurf vorsätzlichen Betruges weist "SBF" weit von sich. Diese Strategie wird nun auf eine weitere Probe gestellt: Nach seinen Vertrauten Caroline Ellison und Gary Wang hat sich nun auch ein dritter FTX-Insider, Nishad Singh, des Betruges schuldig bekannt und ist bereit, als Kronzeuge auszusagen. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin die Liste der Anklagepunkte gegen Bankman Fried auf zwölf erweitert. Warum es um SBF einsam wird und was das für seine Verteidigungsstrategie bedeutet, lesen Sie hier.
Herzlich, Ihr Kai Lange
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