

Newsletter "Der Tag" Der Tag mit Trennungskrieg statt Traumhochzeit

Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit der Schlacht von LVMH und Tiffany, Volkswagens Karrieresprungbrett für Klaus Zellmer und dem Leitzins der EZB.
ursprünglich wollte der französische Luxuskonzern LVMH bekanntlich die US-Juwelierkette Tiffany für 16,2 Milliarden US-Dollar übernehmen - es wäre der teuerste Deal in der Geschichte von LVMH gewesen. Doch statt einer glamourösen Hochzeit droht nun eine Schmutzschlacht vor Gericht. Nachdem Tiffany ankündigte, die Franzosen gerichtlich zur Durchführung des Geschäfts zu zwingen, haben diese nun ihrerseits Klage gegen Tiffany angesagt. Très chaotique!
Als Begründung verweist LVMH auf "schlechtes Krisenmanagement" in der Pandemie und "Unehrlichkeit" von Tiffany. Der Verwaltungsrat habe sich die gegenwärtige wirtschaftliche Lage von Tiffany genau angesehen und dabei festgestellt, dass die notwendigen Bedingungen für den Abschluss der Übernahme nicht gegeben seien. So zieht LVMH-Herrscher Bernard Arnault - aktuell der drittreichste Mensch der Welt – nun wohl die Reißleine. Und scheut sogar vor einem teuren Rechtsstreit in den USA nicht zurück, um Tiffany doch noch loszuwerden.
Mehr über LVMH, das wertvollsten Unternehmen Europas, lesen Sie außerdem in unserem Inside-Report auf manager magazin+.
Die Personalien des Tages:

Klaus Zellmer: Noch ist er Porsches US-Chef - ein klassisches Sprungbrett im VW-Konzern
Schon seit Monaten wird über die Ablösung von Volkswagens Vertriebschef Jürgen Stackmann spekuliert. Jetzt haben meinem Kollegen Michael Freitag mehrere Beteiligte bestätigt, dass Porsches USA-Chef Klaus Zellmer den Posten übernehmen soll. Stackmanns galt in Wolfsburg in den letzten Jahren als Garant für die positive Entwicklung der Marke VW, war zuletzt aber über Uneinigkeit zu Rabattverkäufen in die Kritik geraten. Zellmer führt Porsche in Nordamerika seit 2015 - und er ist nicht der erste, dem dieser Posten als Karrieresprungbrett dient.
Der Chef der US-Großbank Citigroup, Michael Corbat, hat seinen Rücktritt zum Februar 2021 eingereicht. Seine Nachfolge soll die Topmanagerin Jane Fraser antreten, die bereits seit 2019 das Privatkundengeschäft der Bank leitet. Damit wird erstmals eine Frau die Führung bei einer der großen Wall-Street-Banken übernehmen.
Und noch eine neue Chefin: Die bisherige Finanzvorständin Anna Borg wird neue Chefin des Energiekonzerns Vattenfall. Sie soll zum 1. November zur Präsidentin und Geschäftsführerin des schwedischen Unternehmens aufrücken und damit Magnus Hall ablösen. Zuletzt verbuchte Vattenfall wegen hoher Abschreibungen, etwa auf das Hamburger Kraftwerk Moorburg und schwedische Windräder, einen Quartalsverlust von 820 Millionen Euro.
Die wichtigsten Wirtschaftsthemen des Tages:
Die Europäische Zentralbank belässt den Leitzins in der Eurozone bei 0,0 Prozent. Auch das Pandemie-Anleihenkaufprogramm PEPP, mit dem die EZB Staats- und Unternehmensanleihen kauft, um die Konjunktur während der Corona-Krise zu stützen, bleibt unverändert bei 1,35 Billionen Euro. Sorgen bereitet unterdessen der Höhenflug des Euro.
Bevor die EU-Wettbewerbshüter die 27 Milliarden Dollar teure Übernahme des Datenanbieters Refinitiv zulassen, muss sich die Londoner Börse LSE mindestens von einem Teil der italienischen Tochter Borsa Italiana trennen. Der europäische Börsenbetreiber Euronext und die Deutsche Börse erwägen Insidern zufolge Milliardengebote für die Borsa Italiana, auch weitere Bieter könnten noch auf den Plan treten.
Volkswagens Lkw-Tochter Traton will ihren US-Partner Navistar komplett übernehmen - und hat das Angebot an die Navistar-Aktionäre deutlich erhöht. Der Aufschlag gegenüber der Januar-Offerte beträgt mehr als 20 Prozent.
Was uns heute sonst noch beschäftigt hat:
Knapp zwei Monate vor den US-Präsidentschaftswahlen hat sich Präsident Donald Trump selbst in Bedrängnis gebracht durch sein Eingeständnis, die Corona-Gefahr heruntergespielt zu haben. In jetzt erstmals veröffentlichten Aufnahmen aus dem Frühjahr spricht er von der Gefährlichkeit des Coronavirus - öffentlich hatte er die Covid-19-Erkrankungen wiederholt mit einer Grippe verglichen. Heute sagte er zu seiner Verteidigung, er habe Panik vermeiden und Führungsstärke zeigen wollen. Herausforderer Joe Biden nennt sein Verhalten "abscheulich".
Die Balearen zahlen den Preis für die kurze Öffnung für Sommerurlauber. Die Corona-Pandemie grassiert jetzt so stark, dass ein ganzes Viertel von Palma de Mallorca für zwei Wochen zum Sperrgebiet erklärt wird.
Zudem wird die pauschale Reisewarnung für fast alle Länder außerhalb der EU bis zum 30. September verlängert; weitere Warnungen für Europa kommen hinzu.
Meine Empfehlung für den Abend:
Was den Klimarettern nicht gelungen ist, hat das Coronavirus binnen Wochen geschafft: Die Luftfahrt zu stoppen. Der weltweite Stillstand von Produktion und Verkehr bremst den CO₂-Ausstoß in diesem Jahr womöglich um 4 bis 7 Prozent. Der ökonomische Preis ist bekanntlich gigantisch und dennoch sind die Emissionseinsparungen noch lange nicht ausreichend, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auszubremsen. Gelingen kann die "große Transformation" der Klimapolitiker nur als wirtschaftliche Erfolgsstory.
Herzlich, Ihre Corinna Scheying