Game Changer Award 2023 Porsche-Chef stellt elektrischen 911er in Aussicht

Bühnenreif: Porsche-Chef Oliver Blume bei der Preisverleihung mit seinen Vorstandskollegen Andreas Haffner und Barbara Frenkel sowie Gastgeber Sven Clausen vom manager magazin
Foto: Bain & CompanyPorsche treibt die Elektrifizierung seiner Modellpalette weiter voran. Bis 2030 sollen mehr als 80 Prozent aller Fahrzeuge mit vollelektrischem Antrieb ausgeliefert werden, bekräftigte Vorstandschef Oliver Blume (54) bei der Verleihung des Game Changer Awards 2023 in Berlin. Dabei schloss er auch eine E-Variante des 911ers nicht aus, den es bisher nur als Benziner zu kaufen gibt. "Wir werden ihn als Verbrenner bauen, solange es geht. Aber wenn das Verbrennerverbot kommt, werden wir eine Lösung haben", sagte der Porsche-Chef.
Der Game Changer Award wird seit 2015 von manager magazin und Bain & Company an Unternehmen verliehen, denen es mit disruptiven Innovationen gelungen ist, die Spielregeln in ihrer Branche zu verändern. Der Preis wird in drei Kategorien vergeben, die Gewinner werden von einer Jury aus Wirtschaftsexperten ausgewählt.

Galavorstellung: Die Preisträger samt Laudatoren und Gastgebern bei der Feier im Motorwerk Berlin
Foto: Bain & CompanyIn der Kategorie "Customer Experience": Enpal
In der Kategorie "Product & Service Innovation": Porsche
In der Kategorie "Operations of the Future": Siemens Healthineers
Porsche ist im vergangenen Jahr gemessen an der Marktkapitalisierung der erfolgreichste deutsche Börsengang aller Zeiten gelungen, der das Unternehmen direkt in den Dax beschleunigte. Heute ist der Sportwagenhersteller höher bewertet als der Mutterkonzern Volkswagen, dessen Vorstandsvorsitzender Blume ebenfalls ist. Porsche sei die Blaupause, an der sich auch andere Konzernteile ausrichten sollten, sagte der Manager. "Wir entwickeln gerade virtuelle Equity Stories und werden so das Unternehmertum in alle Marken und alle Abteilungen tragen. Es gibt weitere Einheiten, die den Weg von Porsche gehen können."
Mit dem vollelektrischen Taycan, einem ganzheitlichen Konzept zum Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie dem Aufbau einer eigenen E-Fuels-Produktion haben die Stuttgarter Maßstäbe für die Mobilität der Zukunft gesetzt. "Es findet gerade der größte Umbruch in der Branche seit Erfindung des Automobils statt. Und Porsche steht an der Spitze dieses Wandels", sagte der frühere Siemens-Chef Joe Kaeser (65), Mitglied der Game-Changer-Jury, in seiner Laudatio.

Game Changer 2023
Beschleunigung ist auch für den Sieger in der Kategorie "Customer Experience" ein entscheidender Faktor. 2017 gegründet, zählt Enpal heute zu den deutschen Einhörnern, also Start-ups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar, und wächst mit durchschnittlich 160 Prozent pro Jahr. Enpal bietet Fotovoltaikanlagen über ein Mietmodell an und ermöglicht damit Hausbesitzern, ohne Vorabinvestitionen den Einstieg in eine nachhaltige Stromversorgung. Zudem habe Enpal die gesamte Wertschöpfungskette von der Beratung bis zur Vertragsabwicklung konsequent digitalisiert, lobte Jurymitglied Philipp Justus, Google-Chef für Zentraleuropa. "Der gesamte Prozess ist digital, einfach und kundenfreundlich. Eine deutsche Rooftop-Revolution."
Der Titel
Der Game Changer Award ist eine Auszeichnung für deutsche Unternehmen, die auf disruptive Weise die Spielregeln ihrer Branche verändert haben. manager magazin und Bain & Company verleihen den Preis in drei Kategorien: Customer Experience, Product & Service Innovation sowie Operations of the Future.
Der Test
Firmen können sich für diesen Preis nicht bewerben, sie werden ausgewählt. Anhand der Kriterien Innovation, Disruptionspotenzial, Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg werden mehr als 60.000 in Deutschland ansässige Unternehmen analysiert, die 100 besten jeder Kategorie schaffen es auf die Longlist und werden in einer vertieften betriebswirtschaftlichen Analyse (Due Diligence) durchleuchtet und nach einem Punkteschema bewertet.
Die Sieger
Pro Kategorie kommen die fünf Unternehmen mit der höchsten Punktzahl auf die Shortlist und werden von einer Jury aus erfahrenen Wirtschaftsexperten beurteilt: Wie disruptiv und nachhaltig ist das Geschäftsmodell wirklich? Wie hoch ist die Erfolgswahrscheinlichkeit? Alle sieben Juroren geben eine schriftliche Bewertung ab, in einer abschließenden Diskussion fällt die Entscheidung, welche drei Unternehmen die Auszeichnung erhalten. Die Preisverleihung fand am 27. April 2023 in Berlin statt.
Andreas von Bechtolsheim (Chairman und CDO Arista)
Ayla Busch (Unternehmerin: Busch Vacuum, Pfeiffer Vacuum)
Sven Clausen (Chefredakteur manager magazin)
Philipp Justus (Vice President Central Europe Google)
Joe Kaeser (Aufsichtsratsvorsitzender Siemens Energy und Daimler Truck)
Harald Krüger (Berater und ehemaliger CEO von BMW)
Verena Pausder (Gründerin Fox & Sheep / Haba Digitalwerkstätten)
Walter Sinn (Managing Partner Bain & Company)
In der Kategorie "Operations of The Future" ging die Auszeichnung an den Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers, der mit seinen innovativen bildgebenden Diagnostik- und Therapieverfahren weltweit führend ist. "Die völlig neue Qualität bei der Computer- und Kernspintomografie hat mich zutiefst beeindruckt", so die Unternehmerin und Gründerin Verena Pausder (44) in ihrer Laudatio. "Es ist phänomenal, welche Einblicke wir inzwischen in den menschlichen Körper haben und wie präzise Gesundheitsgefahren erkannt werden können."
Seit der Abspaltung von der Mutter Siemens ist der Medizintechnikriese zu einem der zehn wertvollsten Unternehmen Deutschlands aufgestiegen. Digitale Technologien und künstliche Intelligenz zählen bei Siemens Healthineers zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren bei der Weiterentwicklung ihrer Produkte, die in Diagnostikzentren und Operationssälen täglich Menschenleben retten. Vorstandschef Bernd Montag (54), der mit seinem kompletten Vorstand die Auszeichnung entgegennahm, plädierte dafür, die Debatte über künstliche Intelligenz (KI) in Deutschland zu versachlichen. "Wir sollten nicht reflexhaft verbieten, was es Neues gibt, sondern nach dem Nutzen fragen", sagte er. "Wäre es nicht besser, wenn mein Arzt dank KI weiß, wie 10.000 vergleichbare Behandlungen abgelaufen sind?"
Die Augsburger Informatikprofessorin und KI-Expertin Elisabeth André warb in der anschließenden Podiumsdiskussion für eine europäische KI-Strategie. "Es reicht nicht, die besten ethischen Standards zu haben, wir unser Wissen und unsere Werte auch in Technologie umsetzen", so die Leibniz-Preisträgerin. Das Potenzial dafür sei da: "China und die USA investieren viel mehr in KI als wir, aber es gibt auch in Deutschland viele innovative Start-ups und hervorragend ausgebildete Experten. Es ist an der Politik, bessere Bedingungen zu schaffen, damit vor allem die jungen Leute hier eine Perspektive haben und nicht ins Ausland abwandern."
Viele Unternehmen gingen das Thema jetzt aktiv an und seinen bereit, in KI zu investieren, ergänzte Bain-Partnerin Christina Ellringmann. "Da findet gerade eine sehr positive Diskussion darüber statt, wo KI nützlich sein kann. Wenn ich das sehe, ist mir um den Standort Deutschland nicht bange."