
Der Dienstag im Überblick Intelligente Dichtungen, teurer Diesel und gefährliche Software
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit der beispielhaften Digitalisierung eines Familienunternehmens, Spritpreisen auf Rekordhöhe, der großen Frage nach dem Zufall und einem deutschen Unternehmer, dessen ukrainische Mitarbeiter sich auf den Krieg vorbereiten.
In Wolfratshausen, einige Kilometer östlich des Starnberger Sees, werden vor idyllischer Voralpenkulisse handfeste Industriewaren erstellt: Gleitringdichtungen. Eines jener vielen deutschen Produkte, die unspektakulär erscheinen, aber doch essenziell sind, denn ohne sie stehen Chemiewerke, Pharmaproduktionen, Bohrplattformen oder Molkereien still.
Der Anspruch an eine Gleitringdichtung ist denkbar einfach: absolute Zuverlässigkeit. Bei Eagle Burgmann in Wolfratshausen arbeiten sie deswegen daran, dass die Dichtungen intelligent werden. Die Dichtungen messen permanent Druck, Temperatur und Vibrationen und funken sie an die Cloud. So lassen sich drohende Ausfälle frühzeitig bemerken, teure Stillstandszeiten werden vermieden. Das ist bares Geld wert: Kunden zahlen nicht mehr nur die Dichtung, sondern auch ein Datenabo.
Eagle Burgmann gehört zum Mischkonzern Freudenberg. Und der ist ein gutes Beispiel dafür, wie Digitalisierung im Mittelstand funktioniert. Unsere Kollegin Eva Müller hat sich bei Freudenberg umgeschaut. In ihrem Text "Die Digitalisierung der Dichtungsringe" beschreibt sie, was andere Unternehmen von der Familienfirma lernen können.

Der Herr der Ringe: Freudenberg-CEO Mohsen Sohi
Foto: Markus Hintzen/laifDie Wirtschaftsnews des Tages:
Intel plant Chipfabrik in Magdeburg: Der US-Chiphersteller will in in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt zwei Fabriken mit zusammen etwa 3000 Arbeitsplätzen bauen. Insgesamt will der Konzern 80 Milliarden Euro in Werke in Europa investieren, davon 17 Milliarden in Magdeburg.
Northvolt baut Batteriezellfabrik in Schleswig-Holstein: Der schwedische Batteriezellhersteller will nahe der schleswig-holsteinischen Stadt Heide ein Werk mit bis zu 3000 Arbeitsplätzen bauen. Ab 2025 sollen dort jedes Jahr Batterien für bis zu einer Million E-Fahrzeuge hergestellt werden. Northvolt gehört zu einem Fünftel Volkswagen.
Bundesfinanzhof erklärt Cum-Ex-Geschäfte für unzulässig: Auch das höchste deutsche Finanzgericht hat in einem Grundsatzurteil nun Cum-ex-Geschäfte für unzulässig erklärt. Bei diesen Geschäften hatten sich Investoren und Banken Steuern erstatten lassen, die niemals gezahlt worden waren. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, dass die Geschäfte illegale Steuerhinterziehung sind.
Herbert Diess' Gehalt steigt auf 10,3 Millionen Euro: Volkswagen hat im vergangenen Jahr Milliarden eingespart und gleichzeitig höhere Preise durchgesetzt. Das hat dem Konzern - wie bereits berichtet - einen satten Gewinn gebracht. Und Chef Herbert Diess einen guten Gehaltssprung auf mehr als zehn Millionen Euro, wenn man seine Rentenansprüche einrechnet.
Sicherheitsexperten warnen vor Einsatz der Antiviren-Software Kaspersky: Die Software des russischen Herstellers Kaspersky soll eigentlich vor Viren schützen. Doch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik warnt jetzt vor dem Einsatz der Kaspersky-Software: Sie erhöhe das Risiko eines IT-Angriffs. Das Amt empfiehlt den Umstieg auf alternative Produkte.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:
Was ist Zufall – und was nicht? Korrelation ist nicht das Gleiche wie Kausalität. Wenn man darüber nachdenkt, ist das eigentlich klar. Dennoch stellen viele Topmanager, Politikerinnen und Journalisten kausale Behauptungen auf Grundlage irreführender Korrelationen auf. Solche Behauptungen bleiben nur allzu oft unüberprüft, werden vervielfältigt und als Basis für wichtige Entscheidungen herangezogen. Je stärker Unternehmen auf Daten setzen, desto teurer wird dieser Fehler. Was hilft? Dieser Frage sind unsere Kolleginnen und Kollegen vom Harvard Business manager nachgegangen.

Dieselknappheit trifft Verbraucher: Schmerzhafte Preise für Autofahrer in Deutschland
Foto: IMAGO / MiS / IMAGOWarum Diesel jetzt schon knapp ist: Die Preise an deutschen Tankstellen sind knapp drei Wochen nach Beginn des Krieges in der Ukraine so hoch wie nie: Am Sonntag kostete laut ADAC Super E10 im bundesweiten Tagesdurchschnitt 2,199 Euro pro Liter, Diesel schlug sogar mit 2,305 Euro pro Liter zu Buche. Und nicht nur Autofahrer leiden, auch Besitzer von Ölheizungen: Der Preis für Heizöl hat sich binnen drei Wochen mehr als verdoppelt, ist aber seit vergangener Woche immerhin wieder rückläufig. Ein Grund für den massiven Preisanstieg beim Diesel: Panik-Käufe beim Heizöl. Zusätzlich treibt allerdings die Nervosität am Rohölmarkt die Preise für Kraftstoffe und Heizöl in die Höhe. In den vergangenen Wochen sei deutlich weniger russischer Diesel nach Deutschland geliefert worden, berichten Ölhändler. Warum das so ist, hat unsere Kollegin Anna Driftschröer recherchiert.
Meine Empfehlung für den Abend:

Unternehmer in Sorge: Georg Picard, Chef des gleichnamigen Lederwarenherstellers
Foto:PR
Wie ein deutscher Unternehmer sich um sein ukrainisches Werk sorgt. Als Georg Picard, Chef des gleichnamigen Lederwarenherstellers, 2011 einen Teil seiner Produktion in die Ukraine verlegte, war er voller Zuversicht. Das Land galt als friedliche Alternative zum vorherigen Standort Tunesien. Der neue Standort in Mukatschewo, einer 85.000-Einwohner-Stadt am Rand der Waldkarpaten, ist nur wenige Kilometer von der ungarischen Grenze und damit der EU entfernt. Heute ist der Unternehmer in große Sorge. "Ich habe Angst um meine Mitarbeiter", sagt Picard – auch wenn Mukatschewo etwa 750 Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt liegt und bisher noch von Raketen und Bomben verschont blieb. Unsere Kollegin Maren Jensen hat Picard erzählt, wie er Kontakt zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hält, wie diese sich auf den nahenden Krieg vorbereiten und wie es ihm bei alledem geht.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!
Ihr Oliver Hollenstein