
Newsletter Der Tag mit allerlei Auflösungserscheinungen
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit zwei Großkonzernen, die vielleicht zerschlagen werden, zwei Milliardärsbrüdern mit Problemen und zwei Toppersonalien.
Es gibt wohl kaum jemanden, der in den vergangenen Monaten nicht hin und wieder von dem Gefühl beschlichen wurde, dass sich Gewohntes auflöst und Neues bildet - die Welt scheint einfach nicht mehr die gleiche zu sein, die sie vor Corona war. Die Veränderungen in Corporate-Deutschland, von denen wir Ihnen heute exklusiv berichten können, sind aber noch einmal von einer eigenen Qualität. Als da wären: Ein Dax-Konzern, der womöglich vor der Zerschlagung steht, eines der großen Familienunternehmen, das einen Streit in der Eignersippe wohl nicht als Ganzes überstehen wird, und schließlich noch eine weitere der bekanntesten Unternehmerdynastien hierzulande, bei der das Lebenswerk in Gefahr gerät.
Fall eins ist der Gesundheitskonzern Fresenius. Dort rechnen die Eigner und das Management gerade nach, ob die Einzelteile des Unternehmens eventuell mehr wert sein könnten als der Konzern als Ganzes. CEO Stephan Sturm inszeniert sich inzwischen als Treiber einer Bewegung, die anfangs gegen ihn zu laufen schien – schließlich hat er mit Michael Sen einen gefährlichen Rivalen im eigenen Vorstand. Und der ist Spaltungsexperte. Die Details zur Lage erfahren Sie von meinem Kollegen Dietmar Palan: Warum Fresenius die eigene Zerschlagung auslotet
Fall zwei: Auch die vielseitig aktive Oetker Gruppe (Pudding, Hotels, Bier und weiteres) scheint den Streit, den sich die Mitglieder der Eignerfamilie inzwischen schon seit einigen Jahren liefern, nicht als zusammenhängender Konzern zu überstehen. Kollege Martin Mehringer hat herausgefunden, dass Deutschlands größter Nahrungsmittelkonzern unter den Eignern aufgeteilt werden soll, im Grundsatz steht der Deal fest. Wäre da nur nicht das Problem mit dem zur Gruppe gehörenden Bankhaus Lampe. Welches Problem? Das verrät Mehringer hier: Oetker soll zerschlagen werden

Puddingspender bei Oetker in Bielefeld: Der Mischkonzern könnte wegen der Fehde innerhalb der Eignerfamilie bald in seine Teile zerlegt werden
Foto: Michael Gottschalk / ddp/Michael GottschalkUnd dann sind da noch – Fall drei – die Herren Michael und Wolfgang Herz, Milliardärsbrüder mit Hoheit über Beiersdorf und Tchibo. Über die Führungskrise beim Nivea-Konzern, die kürzlich im abrupten Abgang von CEO Stefan De Loecker gipfelte, sind Sie durch uns bereits informiert. Doch jetzt droht den Herzens auch noch der Kaffee anzubrennen: Auch Tchibo-Chef Thomas Linemayr verlässt das Unternehmen. Da gehen also die beiden wichtigsten Manager innerhalb weniger Wochen. Riskieren die Herz-Brüder gerade tatsächlich ihr Lebenswerk? Kollege Thomas Werres verrät es Ihnen hier .
Die Wirtschaftsnews des Tages:
Frisches Geld für Trade Republic – und zwar spektakulär viel: Eine Gruppe von Investoren mit dem US-Wagnisfinanzierer Sequoia an der Spitze steckte 900 Millionen Dollar in den jungen deutschen Onlinebroker. Mit einem Firmenwert von fünf Milliarden Dollar gehört Trade Republic jetzt zu den wertvollsten Fintechs in Europa.
Schon als wir Ende April exklusiv die Verkaufspläne der Hella-Eigner für ihren Mehrheitsanteil am Autozulieferer publik gemacht haben , trieb das den Aktienkurs des Unternehmens um bis zu 15 Prozent nach oben. Heute legen Kollegin Angela Maier und Kollege Michael Freitag nach: Die Eignerfamilie hat mit ihren Plänen sogar den eigenen Vorstandschef Rolf Breidenbach überrumpelt, haben sie herausgefunden. Beim Verkauf werde nun aufs Tempo gedrückt, noch im Sommer könnte ein Deal stehen . An der Börse sprang der Hella-Kurs daraufhin erneut um rund 10 Prozent.
Zwei bemerkenswerte Personalien gab es heute auch noch: Mit Aletta von Massenbach rückt eine Frau an die Spitze des noch jungen und notorisch kriselnden Hauptstadtflughafens BER. Und Zhang Yiming, einer der reichsten Chinesen, zieht sich von der Spitze der von ihm gegründeten Tiktok-Mutter Bytedance zurück - mit einer ungewöhnlichen Begründung.
Was heute sonst noch wichtig war:
Vor wenigen Tagen haben wir Ihnen Oatly vorgestellt, den weltgrößten Haferdrinkanbieter aus Schweden, der seinen Börsengang in New York vorbereitete. Jetzt hat Oatly das IPO durchgezogen - lesen Sie hier alle Details zu der Transaktion und dem Unternehmen
Bayer hatte auf eine Entscheidung des US-Gerichts zum vorgesehenen Vergleich mit den Glyphosat-Klägern gehofft - doch vergebens: Der zuständige Richter ist mit dem Vorhaben nach wie vor nicht einverstanden, der Pharma- und Agrarchemieriese aus Leverkusen muss weiter bangen.
Meine Empfehlung für den Abend:

Luxusyacht "Dilbar" des usbekischen Milliardärs Alisher Usmanov: Der Verkauf solcher Privatschiffe floriert derzeit wie lange nicht
Foto: Peter Seyfferth / imago images / Peter SeyfferthDie einen sitzen im Keller, Pardon: Homeoffice und tippen am Notebook, die anderen liegen auf dem Sonnendeck einer 120-Meter-Yacht und schlürfen am Cocktail: Wir leben in einer Welt der Gegensätze. Was sich am Cocktail-Ende tut, können Sie heute bei uns nachlesen: Weil die Corona-Krise zwar die Wirtschaft erschüttert hat, nicht aber die Börsen, sind die Superreichen noch vermögender geworden. Einen Teil ihres Geldes stecken sie offensichtlich in riesige Luxusyachten, deren Verkäufe geradezu explodiert sind. Einer, der sich ein besonders exquisites Exemplar bestellt haben soll, ist der weltweit reichste Mensch, Amazon-Gründer Jeff Bezos. Weiteres Namedropping finden Sie hier: Superreiche im Yachten-Kaufrausch
Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm