Christoph Rottwilm

Der Mittwoch im Überblick Dax-Geflüster

Jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit allem, was Börsianer momentan wissen müssen, geheimen Börsenplänen bei Douglas und einer künstlichen Intelligenz, die den wichtigsten Einflussfaktor von Börsenkursen kennt.

Wer sein Geld zumindest zum Teil auch an der Börse anlegt, durchlebt momentan eine anstrengende Zeit. Einerseits sind die Kurse in den vergangenen Monaten stark gestiegen, bis hin zum neuen Dax-Rekord vor wenigen Tagen. Andererseits gibt es irritierend viele Störfaktoren und Unsicherheiten, die die Freude über die Kursgewinne trüben, von der Geopolitik mit dem Krieg in der Ukraine über die hohe Inflation und die teure Energie bis hin zum bangen Blick auf die Zinspolitik der Notenbanken und auf China. Gerade an diesem Mittwoch knickte der Dax unter dieser Last wieder mal kräftig ein.

Da kann es schon schwierig sein, den Überblick zu bewahren. Das dachte sich auch mein Kollege Kai Lange, einer der versiertesten Kenner des Aktienmarktes in unserer Redaktion und Autor des "Dax-Geflüsters", mit dem wir bis vor einigen Jahren regelmäßig das Börsengeschehen begleitet haben. Er hat sechs derzeit zentrale Faktoren herausgearbeitet: Nach dem Rekordhoch – was für Dax-Anleger jetzt wichtig wird.

Und apropos Börse und Wunsch nach Sicherheit und Stabilität in der Geldanlage: Haben Sie schon von Event-Driven-Fonds gehört? Das sind Investmentfonds, die gezielt in Unternehmen in besonderen Situationen investieren, also beispielsweise in Übernahmekämpfen oder Spin-off-Vorbereitungen. Die Besonderheit: Die Renditen, die sich mit solchen Investments erzielen lassen, sind bei richtiger Herangehensweise weitgehend unbeeinflusst vom aktuellen Marktgeschehen. Event-Driven-Fonds, über die wir heute ebenfalls berichten , können ein Portfolio daher stabilisieren – theoretisch zumindest.

Die Wirtschaftsnews des Tages:

Allein unterwegs: Der Verkauf von Flink an Getir ist geplatzt

Allein unterwegs: Der Verkauf von Flink an Getir ist geplatzt

Foto: Christian Mang / REUTERS
  • Der Lebensmittellieferdienst Flink sollte eigentlich an den türkischen Rivalen Getir verkauft werden, die Verhandlungen liefen bereits. Doch nun ist der Deal geplatzt. Wie mein Kollege Jonas Rest von Insidern erfahren hat , will Flink es mit einer Notfinanzierung in die Profitabilität schaffen, ausgestattet mit frischen 150 Millionen Euro von Investoren wie dem US-Lieferdienst Doordash und der Supermarktkette Rewe. Allerdings müssen Gründer Oliver Merkel und die Mitarbeiter erhebliche Zugeständnisse machen: Die Bewertung des Start-ups rutschte kräftig ab, und um Kosten zu senken, wird ein Sechstel der Stellen in der Zentrale gestrichen.

  • Die Parfümeriekette Douglas machte zuletzt vor allem mit Abgängen prominenter weiblicher Führungskräfte von sich reden: Die prominente Chefin Tina Müller, Deutschland-Statthalterin Nicole Nitschke und Marketingchefin Caroline Schmitt kehrten dem Unternehmen bereits den Rücken. Und, wie Kollege Martin Mehringer erfahren hat, könnte Einkaufchefin Isabell Hendrichs die nächste sein. Der neue Douglas-Chef Sander van der Laan mischt sich dauernd in ihren Fachbereich ein. Auch er steht unter Druck von Investorenseite. Denn wie Kollege Mehringer aus dem Inneren des Duftunternehmens weiter berichtet , drängt vor allem Finanzinvestor und Haupteigner CVC stark auf einen baldigen Börsengang – per Geheimplan.

  • Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten nach und nach gebessert, viele gehen inzwischen davon aus, dass eine mögliche Rezession in diesem Jahr doch noch vermieden werden kann. Die Zahlen, die heute das Münchener Ifo-Institut veröffentlichte, können daher überraschen: Demnach hat sich das Geschäftsklima erstmals seit sechs Monaten wieder eingetrübt, und zwar deutlich.

  • Das Votum der 36 Vereine aus der Ersten und Zweiten Bundesliga zum geplanten Einstieg eines Finanzinvestors war mit Spannung erwartet worden, jetzt ist es da: Das Milliardenvorhaben erreichte nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit und ist damit vom Tisch. Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga stimmen elf Vereine gegen den externen Geldgeber, fünf Klubs enthielten sich.

Was heute sonst noch wichtig war:

Sieg ohne Siegerin: HHLA-Chefin Angela Titzrath möchte weitermachen – andere möchten das nicht

Sieg ohne Siegerin: HHLA-Chefin Angela Titzrath möchte weitermachen – andere möchten das nicht

Foto: Niklas Grapatin / laif
  • Dass die chinesische Reederei Cosco nach langem Hin und Her bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen einsteigen darf, ist auch ein Erfolg von Angela Titzrath, der Chefin des Hafenlogistikers HHLA. Titzrath hatte entgegen politischer und öffentlicher Widerstände für den Deal gekämpft – als strahlende Siegerin steht sie nun aber dennoch nicht da, wie mein Kollege Michael Machatschke beobachtet. Titzrath würde ihren im September 2024 auslaufenden Vertrag an der Spitze der HHLA gern verlängern – doch in der Hansestadt gibt es Kräfte, die dagegenwirken .

Meine Empfehlung für den Abend:

  • Zum Abschluss heute noch einmal zurück zur Börse. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf den Aktienkurs ist langfristig die Gewinnentwicklung eines Unternehmens, das ist bekannt. Wohl dem also, der in die Zukunft blicken kann – wer weiß, wie sich der Gewinn entwickeln wird, kann auch erahnen, wohin es mit dem Aktienkurs geht. Jetzt die forsche These: Es gibt eine künstliche Intelligenz, die angeblich aus der Stimme eines CEOs bei der Bekanntgabe von Geschäftsprognosen heraushören kann, ob sein Unternehmen im nächsten Jahr Gewinn machen wird. Blödsinn? Dachte ich zunächst auch. Aber dann las ich das Interview, das mein Kollege Ingmar Höhmann vom Harvard Business manager mit Doron Reichmann geführt hat . Reichmann gehört zu den Wissenschaftlern, die an der besagten KI arbeiten und eine Studie dazu erstellt haben. In dem Gespräch erläutert er seine Arbeit und alles, was damit zusammenhängt – und das ist keineswegs Blödsinn, sondern zweifellos lesenswert.

Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm

PS: Haben Sie Wünsche, Anregungen, Informationen, um die wir uns journalistisch kümmern sollten? Wir freuen uns auf Ihre Post unter chefredaktion@manager-magazin.de .

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