
Der Freitag im Überblick Scuderia im Wandel und Influencer in Teilzeit
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit Ferrari und der größten Wette der Autoindustrie, Begeisterung und Panik bei Anlegern und einer Geschäftsidee für mitteilungsfreudige Manager.
Als John Elkann im vergangenen Jahr ein letztes Mal als Ferrari-Chef vor seine Spitzenkräfte trat, holte er weit aus. Er erzählte die Geschichte der Luxusmarke Hermès. Vor 100 Jahren war die Firma Weltmarktführer für luxuriöse Pferdesättel und Accessoires für die Reise. Damals, berichtete Elkann, sei Émile-Maurice Hermès, einer der Enkel des Gründers, aus Amerika zurückgekommen mit der Überzeugung, dass die Zukunft dem Automobil gehörte. Er wollte die Produktlinie anpassen, weg vom Pferd. Sein Bruder Adolphe glaubte nicht an die Idee, verkaufte seine Anteile; Émile-Maurice aber sattelte um auf Koffer fürs Auto und später auf Handtaschen. Die Marke wurde stärker als je zuvor.
Auch Ferrari braucht den Hermès-Moment, findet Elkann, Haupteigner des Autobauers und Oberhaupt der italienischen Agnelli-Familie. Seine Devise: Der Mythos Ferrari, Inbegriff für teure, extravagante, PS-starke Sportwagen, natürlich mit Benzinmotor, muss sich wandeln. Zur Not: radikal. Tutto o niente, alles oder nichts. Wofür soll die Scuderia in der Digital- und Elektroära stehen? Dafür hat Elkann keine Lösung, aber einen verwegenen Plan. Unsere Kollegen Margret Hucko und Michael Freitag haben sich auf die Spur der größten Wette der Autoindustrie begeben .

Schnelldenker trifft Schnellfahrer: John Elkann bei einem Formel-1-Rennen
Foto: Mark Thompson / Getty ImagesDie Wirtschaftsnews des Tages:
Rettungspaket für Uniper steht: Der Staat beteiligt sich mit 30 Prozent an dem angeschlagenen Gasversorger Uniper. Bundeskanzler Olaf Scholz stimmte Gaskunden zudem darauf ein, dass im Herbst die hohen Preise wohl auch bei den Endkunden ankommen werden. Er kündigte deswegen weitere Entlastungen für die Bürger an anderer Stelle an.
Delivery Hero nähert sich der Gewinnzone: Der Essenslieferant will früher als geplant endlich Gewinne machen. Schon im Mai und Juni habe man im Kerngeschäft an der operativen Gewinnschwelle gekratzt, erklärte das Unternehmen. Im Sommer solle das Geschäft mit Restaurantlieferungen keine roten Zahlen mehr schreiben. Die gestiegene Profitabilität erkauft sich Firmenchef Niklas Östberg allerdings mit einem deutlich gebremsten Wachstum. Die Aktie stieg um rund 20 Prozent.
Snapchat schockiert Anleger: Die Schwäche im Online-Werbemarkt trifft die Foto-App frontal. Im vergangenen Quartal wuchs das Geschäft so langsam wie noch nie seit dem Börsengang vor fünf Jahren. Snap-Chef Evan Spiegel wagt angesichts der Unwägbarkeiten keinen Ausblick. Die Aktie brach um mehr als ein Viertel ein.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:

Erleuchtet: EZB-Tower in Frankfurt am Main
Foto: Boris Roessler / DPA"Vielleicht das Umstrittenste, was die EZB bisher gemacht hat": Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins am Donnerstag um 0,5 Prozentpunkte und damit stärker erhöht als erwartet. Zudem hat die Notenbank ein neues Instrument namens TPI ("Transmission Protection Instrument") vorgestellt. Dadurch kann die EZB Anleihen von hoch verschuldeten Mitgliedstaaten kaufen, wenn die Finanzierungskosten einzelner Länder zu weit auseinanderdriften. Unser Spiegel-Kollege Tim Bartz hat mit Christian Keller gesprochen, dem Chefvolkswirt der Investmentbank Barclays. Er hält vor allem den Kauf von Anleihen für problematisch.
Wie Chinas Immobilienkrise jetzt auch die Banken bedroht: In China stehen tausende Baustellen und Immobilienprojekte still. Zahlreiche private Hauskäufer weigern sich inzwischen, die vereinbarten Raten an die Projektentwickler zu bezahlen. Unsere Kollegen vom britischen "Economist" haben beschrieben, wie durch den Zahlungsboykott das Risiko nun von den Käufern zu den Banken wandert.
Unsere Empfehlung für das Wochenende:

Lukrativ: Johannes Kliesch lässt an seinem Leben als Gründer und Chef von Snocks teilhaben
Foto:Michael Hudler für brand eins
Wie Manager als Linkedin-Influencer Geld verdienen: Rund 60.000 Menschen lesen auf Linkedin, was Johannes Kliesch so umtreibt. Etwa, dass er es "verkackt hat", wie er schreibt, auf seinen Körper zu hören, und er deswegen am Sonntag, nach einer stressigen Woche, 16 Stunden schläft. Seine Follower begleiten ihn im Privaten und im Job. Kliesch ist in der Start-up-Szene einer der aufstrebenden Stars. Sein Start-up Snocks setzt mittlerweile 50 Millionen Euro mit Produkten wie Socken und Unterhosen um. Kliesch, findiger Geschäftsmann, hat aber noch eine andere Einkommensquelle. Er wirbt bei Linkedin auch für andere Unternehmen. Unsere Kollegin Margret Hucko hat sich angeschaut, wie das Geschäftsmodell funktioniert.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Ihr Oliver Hollenstein