

Newsletter "Der Tag" Der Tag im Zeichen der Null

Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit dabei: Europas Notenbank beflügelt die Märkte, ein weiterer Impfstoff erhält die Zulassung und ein VW-Manager soll die Deutsche Bank überwachen.
Ein funktionierender Impfstoff gegen das Coronavirus ist nach wie vor der begehrteste Stoff der Welt – ein paar Tropfen, um unser Leben wieder in den Status von vor einem Jahr zu versetzen. An diesem Donnerstag hat auch der Pharmakonzern Johnson & Johnson die europäische Zulassung erhalten, für weitere Seren steht sie noch aus – unter anderem für den Impfstoff der deutschen Biotechfirma Curevac.
Vor genau einem Jahr, am 12. März 2020, verhandelte deren Chef Ingmar Hoerr im Berliner Kanzleramt, wie der Staat seiner Firma helfen könnte. Am nächsten Morgen ließ ihn eine Hirnblutung in seinem Hotelzimmer sofort bewusstlos werden. Er erinnert sich heute weder an die Verhandlungen, noch an die Tage danach; beim Börsengang seines Unternehmens im August 2020 hatte er das Krankenhaus gerade wieder verlassen. Ausführlich hat Hoerr mit meinem Kollegen Michael Kröher über seine Rückkehr gesprochen ("Der Tod hat mich nicht gekriegt!") – und über zwanzig Jahre Entwicklungsabenteuer.
Elon Musk gewährte ihm 30 Minuten, Bill Gates ("unser schwierigster Verhandlungspartner") traf er in einem Heizungskeller. Obwohl andere längst auf dem Markt sind, glaubt Hoerr übrigens: "Ein großer Teil der Pandemiebekämpfung wird über das Präparat von Curevac laufen." Aber lesen Sie selbst.

"Bei Curevac liegt ein gewisser Spirit in der Luft": Ingmar Hoerr (links) empfing unseren Kollegen Michael Kröher zum Gespräch
Foto: Sebastian Berger für Harvard Business managerDie wichtigsten Wirtschaftsthemen des Tages:
Die Null muss stehen – so lautet eine alte Fußballer-Weisheit, die auch von der Cheftrainerin der EZB angewandt wird. Nebenbei setzt Christine Lagarde auf kontrollierte Offensive. Konkret heißt das nach der Zentralbank-Sitzung: Der Leitzins bleibt bei Null, dafür werden die Anleihekaufprogramme beschleunigt. Ein deutliches Signal.
An den Aktienmärkten kam die Ansage jedenfalls sofort an. Der Dax kletterte auf ein neues Allzeit-Hoch.
Während der Pharmariese Johnson & Johnson die EU-Zulassung für seinen Corona-Impfstoff erhielt, gibt es um die Konkurrenz von Astrazeneca neue Irritationen. Nach diversen Zwischenfällen haben Dänemark und Norwegen die Impfungen vorerst ausgesetzt. Es ist nicht die erste Panne rund um das Vakzin, das vielen nach wie vor als größter Hoffnungsträger in der Pandemie gilt: Das Chaos um AZD1222.
Dem US-Konzern Boeing winkt ein Großauftrag für die Unglücksmaschine 737 Max. Offenbar ist Southwest Airlines an der Bestellung von 130 dieser Flugzeuge interessiert. Die Order hätte einen Listenpreis von 13 Milliarden Dollar, vor allem aber könnte sie das ramponierte Image des Konzerns wieder aufpolieren.
Die Personalmeldungen des Tages:
Carola von Schmettow, seit 2015 die einflussreiche Deutschland-Chefin der HSBC, nimmt sich eine "Auszeit" und verlässt die Großbank. Wer ihr Nachfolger wird und welche Rolle die strategische Neuausrichtung der Bank aufs Asiengeschäft spielt, lesen Sie hier.
Frank Witter, im Hauptjob Finanzvorstand des Volkswagen-Konzerns, soll in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank einziehen. Auf der Hauptversammlung im Mai soll er gewählt werden. Und da er absehbar bei VW ausscheiden wird, ist Witter ein Kandidat, die Nachfolge des Langzeit-AR-Chefs Paul Achleitner anzutreten.
Warren Buffett, auch bekannt als das "Orakel von Omaha", zählt seit Neuestem auch zum erlesenen Zirkel der Menschen, die mehr als 100 Milliarden Dollar Vermögen haben. Buffett rangiert hinter Bezos, Musk, Arnault und Gates nun auf Rang fünf.
Lina Khan, eine der schärfsten Anti-Kartell-Kämpferinnen in der US-Politik, soll innerhalb der Biden-Regierung mehr Einfluss erhalten. Die Frau, die Big Tech erzittern lässt. Für die großen Tech-Konzerne wird es also zumindest in den USA ungemütlich – in Europa nämlich sind wirksame Kartellklagen zunehmend unwahrscheinlich: Die Wettbewerbshüter verzweifeln an Amazons Algorithmen.
Und sonst?
In China hat der Nationale Volkskongress den nächsten Fünf-Jahres-Plan angenommen. Die Volksrepublik strebt jetzt nach gut 6 Prozent Wachstum in diesem Jahr, für die Folgejahre sind erstmals keine konkreten Zahlen hinterlegt. Und auch inhaltlich verschieben sich die Gewichte. China möchte sich auf Elektroautos konzentrieren, hochwertige Medizingeräte, seltene Erden, Robotik, Künstliche Intelligenz, Quantencomputer, Raumfahrt, Fintechs und Blockchain-Technologien. Von den 2873 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stimmten 2843 dafür. Das klingt nach Pekinger Power Play.
Bleiben Sie gesund, herzlich, Ihr Lukas Heiny