
Der Mittwoch im Überblick Hellwach und zugleich permanent prüfend
Liebe Leserin, lieber Leser,
für Tobias Meyer ist morgen wohl der bis dato wichtigste Tag seiner Karriere: Der frühere McKinsey-Berater und bisherige Chef des Post-Bereichs Global Business Services wird CEO der Deutschen Post DHL. Wer also ist dieser Tobias Meyer? Und was ist von ihm an der Spitze des gelben Logistikriesen zu erwarten?
Ein geborener Menschenfänger, so viel stehe fest, sei Meyer nicht, schreibt unser Kollege und Post-Kenner Michael Machatschke, der sich den Manager für ein ausführliches Porträt sehr genau angeschaut und in dessen engstem Umfeld recherchiert hat. Meyer wirke sehr kontrolliert und zeige wenig Mienenspiel, so Machatschke. "Die Augen hinter der randlosen Brille hellwach und zugleich permanent prüfend, was zusätzlich Distanz schafft." Wer den passionierten Hobbysegelflieger deshalb als typischen Ex-Berater der Sondergattung McKinsey abstempelt, macht aber wohl einen Fehler. Meyer, der schon 2013 zur Post kam, gehe oft "irre ins Detail", so ein Weggefährte. Und manchmal zeigt er sogar Humor.
Den wird er in seinem neuen Spitzenjob vielleicht auch brauchen. Vorgänger Frank Appel hatte seine Amtszeit um anderthalb Jahre verlängert – er nahm auf diese Weise den Corona-Logistikboom mit und verabschiedet sich nun mit einer Rekordbilanz für 2022. Meyer wird also wohl zum Start erst einmal schwächere Zahlen verkaufen müssen (eine Ahnung davon vermitteln bereits die Quartalsergebnisse, die die Post heute veröffentlicht hat). Zugleich erwarten Aufsichtsrat und Anteilseigner mehr strategische Dynamik und frische Impulse von ihm. Kann Meyer das alles liefern? Lesen Sie dazu das Porträt: So tickt der neue Post-Boss .

Nah dran: Der künftige Post-Chef Tobias Meyer in konzerneigener Arbeitskluft
Foto:Jürgen Heinrich / SZ Photo
Die Wirtschaftsnews des Tages:
Gesteht er oder gesteht er nicht? Die Frage steht seit einiger Zeit im Zentrum des Interesses beim Betrugsprozess gegen Ex-Audi-Chef Rupert Stadler im Dieselskandal. Das Gericht hatte dem früheren Topmanager Strafmilderung in Aussicht gestellt, sollte der – wie bereits der Mitangeklagte Ex-Chefmotorenentwickler Wolfgang Hatz – seine Mitschuld am Dieselskandal umfassend einräumen. Doch Stadler konnte sich noch nicht dazu durchringen – bislang. Heute kündigte er nun doch ein Geständnis an.
Die Pandemie vorüber, die Lieferprobleme weitgehend aufgelöst – für Autobauer laufen die Geschäfte wieder deutlich besser. Das gilt auch für Porsche. Die Volkswagen-Tochter hatte bereits einen Absatzrekord im ersten Quartal vermeldet. Was das in Euro und Cent bedeutet, reichte Porsche-Chef Oliver Blume heute nach: Umsatz und Ergebnis des Unternehmens stiegen von Januar bis März um je 25 Prozent.
Neue Runde im Ringen um die umstrittene Cosco-Beteiligung im Hamburger Hafen. Die Hafengesellschaft HHLA, die Politik sowie die Öffentlichkeit streiten ja bekanntlich seit Monaten um einen Einstieg beim Containerterminal Tollerort. Nach einigem Hin und Her hatte Bundeskanzler Olaf Scholz den Einstieg per Machtwort bereits genehmigt, doch der Deal liegt nach wie vor auf Eis – und der Disput eskaliert weiter. Inzwischen wirft Wirtschaftsminister Robert Habeck der HHLA Täuschung vor. Und die Hafenfirma wehrt sich nach Kräften. Nach den Recherchen meines Kollegen Michael Machatschke hat sich die HHLA nun von der Topkanzlei Linklaters munitionieren lassen. Er hat das Papier vorliegen und verrät Ihnen, was drinsteht .
Was uns heute sonst noch wichtig war:

Extrarunde: Lufthansa-Managerin Dorothea von Boxberg
Foto: Arne Dedert / dpa / picture allianceAls die Lufthansa Ende März bekannt gab, Cargo-Chefin Dorothea von Boxberg wechsele an die Spitze von Brussels Airlines, klang das zunächst nach einer Beförderung. Eingeweihte hatten die Managerin allerdings als Kandidatin für den Konzernvorstand auf dem Zettel – verglichen damit ist der berufliche Umzug nach Belgien eher ein Abstieg. Kollege Michael Machatschke (heute zum dritten Mal im Sondereinsatz) hat sich also umgehört. Und siehe da: Frau von Boxberg, heißt es aus dem Konzern, soll sich bei Brussels Airlines nur noch einmal so richtig beweisen . Aha. Geschäftsergebnisse gab es von der Lufthansa heute übrigens auch noch.
Was Ihnen in Ihrer Karriere helfen könnte:
Eine Antwort auf die Frage: Was tun, wenn ein Anruf vom Headhunter kommt? In unserem Podcast "Team A" erklärt Mariam Dombrovskaja, Personalexpertin bei Egon Zehnder, wie man sich in so einem Fall richtig verhält. Diese Tipps können – je nach Ihrer Gehaltsklasse – wirklich sehr wertvoll sein. Reinhören lohnt sich also .
Meine Empfehlung für den Abend:

Verzockt: Ex-Commerzbank-Chef Martin Blessing vernichtete mit seinem Spac-Deal das Gros des Kapitals seiner Investoren
Foto: Marco Zanoni / LunaxLeere Firmenhüllen, die an die Börse gebracht werden, um dann per Übernahme einem anderen Unternehmen den Gang aufs Parkett zu erleichtern, waren vor etwa zwei Jahren das große Ding. Gleich reihenweise wurden diese sogenannten Spacs aufgelegt, und viele prominente Köpfe der Wirtschaft mischten dabei mit, sei es Ex-Commerzbank-Chef Martin Blessing, sei es der frühere Siemens-CEO Klaus Kleinfeld, sei es Rocket-Internet-Frontmann Oliver Samwer. Inzwischen ist die Euphorie jedoch verflogen, was unter anderem an der Zinswende liegt, die seit einiger Zeit die Stimmung am Finanzmarkt trübt. Aber was ist aus all den Spacs geworden, in die Anleger viel Geld gesteckt haben? Mein Kollege Mark Böschen zieht Bilanz – und die fällt alles andere als gut aus: Die Spac-Niederlagenserie deutscher Wirtschaftspromis .
Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm
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