

Newsletter "Der Tag" Der Tag mit wilden Finanzmanövern

Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute blicken wir auf die Deutsche Bank, die jahrelang die Cum-Ex-Maschinerie in Schwung hielt, auf Rivian und die Fabrikpläne in Deutschland und auf die dunkle Seite hinter dem ETF-Boom.
Die wilden Jahre vor der Finanzkrise haben in neuerer Zeit den Mythos der Londoner City geprägt. Dort, in den Handelsräumen der Banken, wurde das Big Money verdient – und gleichzeitig die Kultur einer ganzen Branche geprägt. Die Zeiten sind vorbei. Nicht nur, dass uns heute eine Statistik erreichte, laut der London nicht mal mehr Europas größter Börsenplatz ist (das war 2020 Amsterdam, sic!). Auch der Glanz von damals ist längst verblasst, seit nach und nach klar wurde, welche Skandale in der City ihren Ausgang nahmen.
Meine Kollegin Katharina Slodczyk hat sich die vergangenen Wochen intensiv mit dem Cum-Ex-Skandal befasst. Sie hat sich durch ich-weiß-nicht-wie-viele Seiten Dokumente aus der Deutschen Bank gegraben, darunter E-Mails, interne Einschätzungen, Strategiepapiere, Produktbeschreibungen und Untersuchungsberichte externer Rechtsanwälte. Das Gros der vertraulichen Akten stammt aus den Jahren 2004 bis 2011. Und sie machen deutlich: Die Deutsche Bank war ein weitaus bedeutenderer Teil der Cum-Ex-Maschinerie als bislang angenommen.
Die Bank, die ihr einstiges Treiben heute selbst kritisch sieht, hat ihren Kunden die dubiosen Aktiengeschäfte offenbar schon früh, gezielt und im vollen Bewusstsein ihrer potenziellen Illegalität ermöglicht. Über die Jahre suchten die Banker immer wieder nach Mitteln und Wegen, sich nicht angreifbar zu machen – und trotzdem mitverdienen zu können. Selbst als der Druck der Behörden wuchs. Was das mit London zu tun hat? Nun, wie so viele andere unangenehme Episoden der Deutschen Bank nahm auch diese ihren Ausgang in der dortigen Dependance. Tauchen Sie selbst ein: Der große Cum-Ex-Enabler.
Die wichtigsten Wirtschaftsthemen des Tages:

Möchtegern-Musk: Rivian-Gründer RJ Scaringe
Foto: Carlos Delgado/ APDer Elektroautobauer Rivian sieht sich bekanntlich als großer Herausforderer von Tesla. Gut, die Bezeichnung Autobauer ist ein wenig euphemistisch, denn Rivian baut streng genommen noch gar keine Autos, das kommt noch. Fakt ist aber: Die US-Amerikaner möchten ihr großes Vorbild angreifen, wo es nur geht. Am Mittwoch hatten wir über Pläne zu Rivians Börsengang berichtet, die angesichts der kursierenden Summen aufhorchen lassen. Und nun will das Unternehmen, genau wie Tesla, offenbar auch eine eigene Fabrik in Europa bauen. Zur Auswahl steht dafür auch Deutschland. Und wenn Sie jetzt ein wenig den Kopf schütteln und so etwas denken wie "tststs", empfehlen wir den Deep Dive über die vermeintlichen Tesla-Fighter.
Die Verlängerung des Lockdowns in Deutschland hat unter den Unternehmen zu "Frust und Verzweiflung" geführt. Jeder Tag länger koste etwa den Handel 1,5 Milliarden Euro, klagte ein Verbandsvertreter. "Es geht um die Existenz ganzer Innenstädte", mahnte der Immobilienverband. Konkret hat der Metro-Konzern seinen Geschäftseinbruch beziffert.
Um möglichst schnell einen Restart nach dem Lockdown zu schaffen, arbeiten viele Unternehmen daran, ihr Geschäft auch ohne Gesundheitsgefährdung wieder hochzufahren. Meist geht es darum, das Angebot an nachweislich Gesunde oder Geimpfte zu richten. Helfen könnten dabei verschiedene Apps. Vorreiter sind die Fluglinien wie die Lufthansa, Etihad oder United Airlines, die mit smarten Technologien auf ein vorzeitiges Comeback hoffen. Nur ist das gar nicht einfach, wie meine Kollegin Mirjam Hecking recherchiert hat.
Zwar waren die Grundzüge seines Sparprogramms bereits bekannt. Doch heute stellte der neue Commerzbank-Chef Manfred Knof es selbst vor. Und weil es so erheblich für das Unternehmen ist, haben wir ein wenig genauer hingehört.
Wichtiges zum Thema Geldanlage:

Leerer Börsensaal in New York: Immer mehr Investoren setzen auf passives Investment anstelle einer aktiven Teilnahme am Finanzgeschäft
Foto: Kearney Ferguson/ dpaIm aktuellen Boom drängen die privaten Anlegerinnen und Anleger an die Börse. Nicht nur als Zocker im Gamestop-und-Bitcoin-Wahn, sondern auch in konservativerer Ausführung. Viele investieren dabei in Indexfonds, weltweit soll es aktuell rund 7600 dieser ETF geben, nie zuvor lockten sie so viele Milliarden Dollar Ersparnisse an wie 2020. Die Risiken sind vielen allerdings kaum bewusst: Die dunkle Seite des Indexfonds-Booms.
Sollten Sie an Umzug oder einen Immobilienkauf denken, dürfte Sie das interessieren. Die Neuvertragsmieten sind nach zwei Jahren Stagnation erstmals wieder leicht gesunken in Deutschland, in vielen Städten wegen der Pandemie sogar erheblich. Die Kaufpreise dagegen steigen weiter. Wo es runter und wo es rauf geht – lesen Sie hier.
Meine Empfehlung für den Abend:
Wenn Sie dachten, der Superbowl – die Show um das Finale der US-amerikanischen Football-Liga – wäre das größte TV-Ereignis der Welt, liegen Sie falsch. Das nämlich fand an diesem Donnerstag in China statt, wie jedes Jahr am Vorabend des Jahreswechsels. Die "Spring Festival Gala" auf dem Staatssender CCTV1 sehen rund 1,2 Milliarden Menschen, in China versammelt sich traditionell die Familie vor dem Fernseher, um diese opulente Mischung aus Tanz, Musik, Sketch, Akrobatik und dezenten Hinweisen auf Chinas wirtschaftliche Erfolge zu bewundern. Mit ARD-gewohntem Blick ist das, nun ja, bunt und ganz schön personalintensiv – aber irgendwie faszinierend. Ausschnitte können Sie hier sehen, einen 3-Minuten-Schnelldurchlauf aus dem vergangenen Jahr hier und eine Martial-Arts-Massen-Tanz-Propaganda-Nummer aus der Vergangenheit hier.
Bleiben Sie gesund, herzlich, Ihr Lukas Heiny