

Newsletter "Der Tag" Der Tag mit Daimlers Car Guy

Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit Mit dabei: Ein neuer Chefaufseher für Daimler, ein verhinderter Deal mit China, toxische Chefs und ganz viel Klima.
Seit Ola Källenius als Nachfolger von Dieter Zetsche den stolzen Daimler-Konzern führt, versucht er sich und dem Unternehmen einen modernen und irgendwie zukunftsoffenen Kurs zu verordnen. Zwar blieb man hinter den eigenen Elektroplänen zurück und das Sparprogramm samt Arbeitsplatzabbau verursacht erhebliche Misstöne – aber Daimler sollte grün werden (und wieder schwärzer, was die Zahlen angeht).
Als vor Kurzem "Dr. Z" verkündete, er werde doch nicht weiter anstreben, als neuer Aufsichtsratschef zurückzukehren und zu Källenius' Vorgesetztem zu werden, atmete die Zukunftsfraktion im Konzern auf. Ein Platz für neue Impulse schien frei, illustre Namen wurden gehandelt, von Tim Höttges über Jürgen Hambrecht bis zu Joe Kaeser. Jetzt teilte Daimler mit, dass der frühere BMW- und Volkswagen-Chef Bernd Pischetsrieder (72) zum neuen Oberaufseher ernannt werden soll. Ein Car Guy, alte Garde, den mehr der Geruch von Diesel als ein Elektroknistern umgibt. Meine Kollegin Margret Hucko, die Daimler intensiv für uns beobachtet, sieht in der Wahl vor allem ein Versagen des bisherigen Aufsichtsratschefs Manfred Bischoff. Ihr Kommentar: Die letzte Lösung.

Driver's seat: Bernd Pischetsrieder war Konzernchef von BMW und Volkswagen – nun soll er die Richtung in Deutschlands drittem großem Autokonzern mitbestimmen.
Foto:Sven Simon / imago images
Die wichtigsten Wirtschaftsthemen des Tages:
Gerade mal 14 Millionen Euro Umsatz meldete die Funktechnikfirma IMST mit Sitz in Kamp-Lintfort bei Düsseldorf zuletzt. Und doch schafft sie es in unsere Topmeldungen. Der Grund: Die Eigentümer möchten ihre Firma nach China verkaufen. Aber auf Geheiß von Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat das Bundeskabinett den Deal untersagt. Bei IMST fühlt man sich politisch instrumentalisiert und will vor Gericht, wie mein Kollege Christoph Neßhöver im Gespräch mit den Beteiligten erfuhr. Ein Krimi, der die Fallstricke einer strategisch und geopolitisch motivierten Industriepolitik demonstriert. Und weil wir glauben, dass dies ein wirklich wichtiges Thema ist, bieten wir Ihnen gleich zwei Hintergrundstücke an: Eines zu den Gefahren des neuen deutschen Staatskapitalismus. Und eines, das die neuen, sehr strategischen Leitlinien der jüngst neu beschlossenen Wirtschaftspolitik Chinas illustriert.
Die Lufthansa meldet einen Buchungsboom zu Weihnachten und Neujahr – trotz oder gerade wegen der Pandemie und dem Lockdown in der Heimat.
Jener Lockdown, darauf haben sich Bundeskanzlerin und die Länderchefinnen und -chefs geeinigt, wird nun bis 10. Januar verlängert. Nur sollen Unternehmen ab Januar nicht mehr so viel Hilfe bekommen wie bisher.
Mitten in der tiefsten Krise der Branche kauft die Billigairline Ryanair 75 neue Flugzeuge. Und zwar vom Typ des Unglücksfliegers 737 Max des US-Konzerns Boeing. Das ist bemerkenswert, denn rund 18 Monate waren diese Maschinen mit einem Startverbot belegt, erst diese Woche hob erstmals wieder eine 737 Max ab.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:
EU und Bundesregierung stellen gigantische Summen für klimafreundliche Technologien bereit. Der Green Deal der EU-Kommission sieht 550 Milliarden Euro Fördergelder vor, die Konjunktur- und Zukunftsfonds in Deutschland nochmals rund 100 Milliarden. Einen solchen Anreiz für Investitionen hatte die Industrie noch nie. Gezielt versuchen die Unternehmen nun, vom vielen Geld etwas abzubekommen. Und plötzlich lohnen sich ganz neue Geschäfte. Meine Kollegin Eva Müller hat sich in den Unternehmen umgehört. Die grüne Revolution.
Nach ihrem heftigen Übernahmestreit wollen der finnische Energiekonzern Fortum und seine neue deutsche Tochter Uniper eine klimafreundlichere Stromproduktion aufbauen. Die Stromerzeugung solle in Europa bis 2035 und in allen anderen Märkten bis 2050 klimaneutral sein. Ziemlich beste Öko-Freunde.
Der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé hat angekündigt, bis 2050 klimaneutral zu werden und bis 2030 die Hälfte seiner CO2-Emissionen (auch entlang der Lieferketten) zu reduzieren. Der Fahrplan sieht dabei rund drei Milliarden Euro Investitionen vor.
In den USA fordern dutzende Großkonzerne den designierten Präsidenten Joe Biden auf, zum Pariser Klimaschutzabkommen zurückzukehren. Das hat Biden allerdings ohnehin schon angekündigt.
Meine Empfehlung für den Abend:

Kopfjäger: Der Personalvermittler Christoph Zeiss von Heads.
Welche Führungskräfte sind in der Krise gesucht? Diese Frage stellte mein Kollege Martin Noé dem renommierten Headhunter Christoph Zeiss. Der sucht Frauen und Männer für Vorstände und Aufsichtsräte in deutschen und Schweizer Konzernen und er sagt: "Showtalente sind out." Auch Führungskräfte mit extrovertiertem, amerikanischem Stil seien eher weniger gesucht. Worauf es ankommt, lesen Sie hier.
Die gute Nachricht aber für alle, die nun ihre Chancen schwinden sehen: Am Stil lässt sich arbeiten. Selbst tyrannische Vorgesetzte können ihr Verhalten ändern. Hier erklärt Zhenyu Liao von der Business School in Boston konkrete Trainingsmethoden für ein besseres Führungsverhalten: Wie toxische Chefs sich ändern können.
Bleiben Sie gesund. Herzlich, Ihr Lukas Heiny