Christoph Seyerlein

manage:mobility Lade-Lasten bei Webasto, Schienen-Schikanen der Deutschen Bahn

Liebe Leserin, lieber Leser,

Recherchen meines Kollegen Michael Freitag haben Anfang der Woche Wellen losgetreten, die nicht nur am Mittellandkanal in Wolfsburg zu spüren gewesen sein dürften. VW ist das Epizentrum des Volkswagenkonzerns. Doch ausgerechnet die Kernmarke, eine Industrieikone der deutschen Wirtschaft, steht vor harten Einschnitten. Chronisch margenschwach, konnte sie zuletzt mit neuen (Tesla, BYD) und alten (Stellantis, Toyota) Konkurrenten nicht mehr Schritt halten.

Die Modelle überzeugen nicht, viele Werke sind kaum ausgelastet, der Gesamtapparat ist aufgebläht. Markenchef Thomas Schäfer (53) steht einem gewaltigen Berg an Problemen gegenüber. Die Situation ist prekär, selbst die Heiligtümer des Autobauers, die eigenen Fabriken, scheinen teilweise nicht mehr unantastbar.

Viele von Ihnen haben die Geschichte sicher schon gelesen. Allen anderen sei sie hiermit ans Herz gelegt.

Unsere weiteren Themen der Woche:

  • Wieso Autozulieferer Webasto mit einem Wallbox-Debakel kämpft

  • Wie die Deutsche Bahn die Politik übertölpelt

Topthema: Das Wallbox-Desaster des Autozulieferers Webasto

Ladehemmung: Webasto-Chef Holger Engelmann wird seine Wallboxsparte nicht los

Ladehemmung: Webasto-Chef Holger Engelmann wird seine Wallboxsparte nicht los

Foto: Catherina Hess / SZ Photo / picture alliance

Auf der Suche nach zukunftsfesten Geschäftsmodellen hatte Holger Engelmann (58) Mitte der 2010er-Jahre vielversprechende Ideen. Der Chef des Automobilzulieferers Webasto ergänzte sein Kerngeschäft – Dachsysteme und Standheizungen – neben Batteriepacks und elektrischen Heizern auch um eine Lade-Sparte. Statt als First Mover mit seinen Wallboxen zu glänzen, will Engelmann jene Zukunftsvision nun aber schnell wieder loswerden. Nur: Seit einem Jahr beißt kein Käufer an – 82 Millionen Euro Verlust bei 92 Millionen Euro Umsatz schrecken dann doch ab. Wir beschreiben, wie es zu Webastos Lade-Desaster kommen konnte .

Köpfe: Stella Li ++ Jim Farley ++ Tom Zhu

Auf Expansionskurs: BYD-Topmanagerin Stella Li sucht nach einem Standort für ein europäisches Werk

Auf Expansionskurs: BYD-Topmanagerin Stella Li sucht nach einem Standort für ein europäisches Werk

Foto: Forbes Conrad / Bloomberg / Getty Images
  • Stella Li, Executive Vice President bei BYD, liebäugelt schon länger mit einem, vielleicht gar mehreren europäischen Werken für den chinesischen Autoaufsteiger. Der französischen Zeitung "Les Echos"  zufolge sind aktuell drei Länder als Standorte im engeren Rennen: Frankreich, Spanien und Deutschland.

  • Jim Farley (60) will bei Ford die E-Auto-Produktion ebenfalls schnell hochfahren. Dafür braucht es Rohstoffe. Fündig wird die Industrie immer häufiger in Kanada. Volkswagen will dort eine Batteriefabrik bauen, Ford bezieht künftig vom kanadischen Lieferanten Nemaska Lithium für seine Stromer.

  • Tom Zhu (45) gilt bei Tesla als Nummer zwei. Der Chinese, gleichzeitig neuseeländischer Staatsbürger, scheint für Elon Musk (51) wirklich wichtig zu sein. Jedenfalls darf sich Zhu jetzt über ein schickes Paket an Tesla-Optionen  freuen. Aktueller Wert: rund 68 Millionen Euro.

Unternehmen: Deutsche Bahn ++ Aston Martin ++ Tesla

Da geht's lang! Bahn-Chef Richard Lutz (li.) treibt Verkehrsminister Volker Wissing (re.) vor sich her

Da geht's lang! Bahn-Chef Richard Lutz (li.) treibt Verkehrsminister Volker Wissing (re.) vor sich her

Foto:

Florian Boillot / SZ Photo

  • Kaum ein Unternehmen verfehlt mit einer solchen Zielsicherheit seine Vorhaben wie die Deutsche Bahn. 2022 stellte sie einen peinlichen Negativrekord auf: Nur 65,2 Prozent der Fernzüge waren einigermaßen pünktlich. Höchste Eisenbahn für einen Kurswechsel. Doch im Gegensatz zu seinem Laden hat CEO Richard Lutz (59) die Politik bestens im Griff. Mein Kollege Michael Machatschke zeigt, wie alle Reformversuche am Chefschaffner abprallen .

  • Ähnlich wie die Bahn taumelt auch Aston Martin seit Jahren, kann aber nicht auf Staatsgeld bauen. Bei der britischen Nobelmarke tritt nun immer stärker Geely auf den Plan. Für umgerechnet knapp 270 Millionen Euro erhöhten die Chinesen gerade ihre Anteile von 7,6 auf 17 Prozent . In kleinerem Stil bringt sich noch ein weiterer asiatischer Autobauer bei Aston Martin ein: Ab 2026 liefert Honda die Motoren für das Formel-1-Team der Briten.

  • Wie von selbst verkauft inzwischen selbst Tesla seine Autos nicht mehr . Mit ihrer Rabattorgie staucht die Marke ihre eigene Marge zusammen. Wirkung hinterlässt Teslas Preisdruck aber auch in Bestsellerrankings: Als erstes E-Auto, erstes SUV und erstes US-Fahrzeug überhaupt eroberte das Model Y im ersten Quartal 2023 mit gut 70.000 Auslieferungen Platz 1  in Europas Zulassungsstatistik. Jetzt schaltet Elon auch noch Werbung. Überzeugt Sie der erste Tesla-Spot ?

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Mehr Mobilität: Autohandel ++ Niu ++ ATU

Griff nach dem Stern: Der schwedische Großhändler Hedin übernimmt mit der Torpedo-Gruppe einen der größten deutschen Mercedes-Händler

Griff nach dem Stern: Der schwedische Großhändler Hedin übernimmt mit der Torpedo-Gruppe einen der größten deutschen Mercedes-Händler

Foto: Arnulf Hettrich / IMAGO
  • BYD hatten wir heute schon an anderer Stelle. Ein zentraler Partner für die Chinesen ist die Hedin Mobility Group. Die Schweden steuern BYDs Vertrieb in Europa. Nebenbei bauen sie ihr eigenes Handelsimperium aus. Nun auch in Deutschland: Mit der Torpedo-Gruppe übernimmt Hedin einen der größten hiesigen Mercedes-Händler . Die Konsolidierung im Autohandel nimmt immer mehr Fahrt auf.

  • Neue Wege im Vertrieb geht Niu. Im Stockholmer Store des chinesischen Elektroroller-Herstellers müssen Kunden eifrige Verkäuferinnen und Verkäufer nicht mehr mit einem "Ich will nur mal schauen" abschütteln. Der Laden verzichtet komplett auf Personal. Zugang zum Shop  erhält nur, wer sich per Bankkarte identifiziert.

  • In den Filialen der Werkstattkette ATU  kann man noch den ein oder anderen Menschen antreffen. Trotzdem hieß es dort vergangene Woche: Rien ne va plus, nichts geht mehr. Hacker hatten die IT-Systeme lahmgelegt. Inzwischen funktioniert zumindest die Telefonanlage wieder.

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Wenn Sie Fragen oder Anregungen zu diesem Newsletter haben, schreiben Sie uns an gern an manage.mobility@manager-magazin.de . Ebenso natürlich, wenn Sie Hinweise oder Anregungen zu Recherchen haben. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht.

Zahl der Woche: 2000

T-Euro 7: Die Autoindustrie warnt vor enormen Mehrkosten durch die geplante neue Abgasnorm

T-Euro 7: Die Autoindustrie warnt vor enormen Mehrkosten durch die geplante neue Abgasnorm

Foto: Julian Stratenschulte/ dpa

Die Autobranche zittert vor den Euro-7-Plänen der Europäischen Kommission. Die Politik geht davon aus, dass die neue Abgasnorm Hersteller maximal 450 Euro pro Auto extra in der Entwicklung kosten wird. Die Industrie malt dagegen heftigere Szenarien an die Wand. Frontier Economics  rechnet in einem vom europäischen Herstellerverband ACEA beauftragten Report mit 2000 Euro Mehrkosten pro Pkw. Die Klagen der Autolobby finden offenbar Gehör: Am Mittwoch erklärten acht Staaten, darunter die Autonationen Italien und Frankreich, den EU-Vorschlag im Herbst blockieren zu wollen.

Deepdrive der Woche: Lauffaule Hamburger

Geht es nach dem Hamburger Senat, sollen die Bewohner der Hansestadt 2030 nur noch jeden fünften Weg per Auto zurücklegen. Noch ist viel zu tun. 2022  war der Pkw mit 32 Prozent das meistgenutzte Fortbewegungsmittel. Im Vergleich zu 2017 ist der Wert aber immerhin um vier Prozentpunkte gesunken. Doch nicht nur das Auto verliert: Während öffentliche Verkehrsmittel (von 22 auf 24 %) und das Fahrrad (von 15 auf 22 %) in der Gunst stiegen, laufen Hamburger deutlich weniger (von 27 auf 22 %).

Kehrtwende der Woche

Autos wieder rein: Der Abschnitt der Berliner Friedrichstraße, der aktuell für Autos gesperrt ist, wird ab Juli wieder für den Pkw-Verkehr geöffnet

Autos wieder rein: Der Abschnitt der Berliner Friedrichstraße, der aktuell für Autos gesperrt ist, wird ab Juli wieder für den Pkw-Verkehr geöffnet

Foto: Stefan Zeitz / IMAGO

Die Berliner Friedrichstraße ist als autofreie Zone mitten in der Hauptstadt für die einen Hoffnungsschimmer für eine nahende Verkehrswende, für andere ein Symbol für ein ideologisches grünes Mobilitätsbullerbü. 2020 startete auf einem Straßenabschnitt ein Modellversuch ohne Fahrzeuge. Nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts fuhren dort zwischenzeitlich wieder Autos, ehe Ex-Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (54, Grüne) Teile der Straße im jüngsten Wahlkampf im Alleingang zur Fußgängerzone erklärte. Jarasch ist Geschichte, ab Juli gilt das auch wieder für das Autoverbot: Nachfolgerin Manja Schreiner (45, CDU) lässt die aufgestellten Parkbänke wieder abtransportieren.

Ich wünsche Ihnen eine bewegte Woche.

Herzlichst, Ihr Christoph Seyerlein

­Haben Sie Wünsche, Anregungen, Informationen, um die wir uns journalistisch kümmern sollten? Sie erreichen meine Kolleginnen und Kollegen im Team Mobility und mich unter manage.mobility@manager-magazin.de .

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