
Der Dienstag im Überblick Berater von heute und Spirituosen von gestern
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute geht es um glückliche Unternehmensberater, Gewinner und Verlierer der Chipkrise, einen Klima-Schattenpapst und die Gemütlichkeit der alten BRD.
Carolin Eistert hat vor Kurzem mit Pilates angefangen. Jeden Montagabend trifft sie sich mit Freunden zum Training. An anderen Tagen geht sie nach der Arbeit Joggen – und danach zurück in ihre eigene Wohnung.
Warum das ungewöhnlich ist? Eistert arbeitet seit 15 Jahren für die Boston Consulting Group, seit 2021 gehört sie als Partnerin zum deutschen Führungsteam. Ein halbwegs geregeltes Leben mit festen privaten Terminen und Abenden in der eigenen Wohnung – das war bis vor zwei Jahren für viele Unternehmensberater illusorisch. Doch Corona hat die Branche mächtig durcheinander gewirbelt.
Die Pandemie zwang Berater weltweit ins Homeoffice. Anfangs gab es große Befürchtungen. Consultants beschreiben ihre Branche gerne als "People Business", ein Geschäft, das auf das Zusammentreffen und die Beziehungen zwischen Menschen angewiesen ist. Doch Beziehungen lassen sich schlecht aufbauen und pflegen, wenn Einsätze vor Ort wegfallen.
Nach zwei Jahren Pandemie ist die Branche aber weniger skeptisch. Der digitale Austausch läuft reibungsloser als befürchtet. Im Gegenteil: Das neue Modell bringt Unternehmen, Mitarbeitenden und Kunden Vorteile. "Es macht einen großen Unterschied, abends im eigenen Bett zu schlafen", sagt etwa Carolin Eistert. "Das Leben ist besser und planbarer geworden, für mich und für meine Freunde."
Doch das neue Normal birgt für die Beraterbranche auch Herausforderungen, die sie jetzt strategisch angehen muss. Welche das sind, erklären unsere Kolleginnen und Kollegen vom Harvard Business manager. Ihre Titelgeschichte „Consulting nach Corona“ lesen Sie hier.

Kein Berater in Sicht: Auch viele Consultants sind derzeit im Homeoffice
Foto: Erik Von Weber / Getty ImagesDie Wirtschaftsnews des Tages:
Hoffnungsschimmer im Ukraine-Konflikt: Nach einem Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Russlands Präsident Wladimir Putin stehen die Zeichen im Ukraine-Konflikt etwas auf Entspannung. Schon zuvor hatte die russische Nachrichtenagentur Interfax gemeldet, dass Russland offenbar einige Truppen in die Kasernen zurückzieht. Am Aktienmarkt reagierten die Anleger erleichtert.
Chipkrise kostet Jobs in der Autobranche: Der Mangel an Halbleitern und weiteren Bauteilen schlägt auf die Beschäftigung in der Autoindustrie durch. In den größeren Betrieben der Branche waren Ende 2021 2,1 Prozent weniger Menschen beschäftigt als ein Jahr zuvor. Das hat das Statistische Bundesamt heute mitgeteilt.
Intel kauft israelischen Konkurrenten: Der amerikanische Chipriese Intel rüstet angesichts des Halbleitermangels dagegen deutlich auf. Der US-Konzern zahlt 5,4 Milliarden Dollar für den Halbleiterhersteller Tower Semiconductor aus Israel. Das Unternehmen will damit seine Fertigungskapazitäten ausbauen. Vor einigen Wochen hatte der Konzern bereits verkündet, Milliarden Dollar in acht neue Chipfabriken zu investieren.
Audi darf E-Auto-Fabrik in China bauen: Die chinesischen Behörden haben der VW-Tochter Audi und ihrem staatlichen chinesischen Partner FAW den Bau einer neuen Fabrik für Elektroautos genehmigt. Die Arbeiten an dem drei Milliarden US-Dollar teuren Werk sollen im April beginnen, ab 2024 sollen dort jährlich mehr als 150.000 Fahrzeuge produziert werden.
Die Personalie des Tages:
Jim Hagemann Snabe auf dem Rückzug: Der ehemalige Co-Chef von SAP, Jim Hagemann Snabe, gibt seinen Posten als Verwaltungsratschef der dänischen Reederei Maersk ab. Er werde sich im März nicht mehr zur Wiederwahl stellen, gab das Unternehmen bekannt. Erst vor wenigen Tagen hatte Snabe bekannt gegeben, sich auch aus dem Aufsichtsrat der Allianz zurückzuziehen.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:
In der ersten Reihe der Politik stand Rainer Baake nie. Seit mehr als 30 Jahren ist er aber einer der wichtigsten Köpfe hinter der deutschen Energiewende, wechselte zwischen Führungsposten in Ministerien, Ökolobbygruppen und grünen Thinktanks. Heute gilt Baake als einer der einflussreichsten grünen Strippenzieher Berlins. Unser Kollege Christian Schütte hat mit ihm gesprochen – und ihn gefragt, wie realistisch die Klimaziele der Bundesregierung sind und für wie fundiert er die neuen Klimaversprechen vieler Unternehmen hält. Das Interview lesen Sie hier.
Meine Empfehlung für den Abend:

Die Tochter des Patriarchen: Hubertine Underberg-Ruder
Foto: Ute Grabowski / photothek / IMAGO"Meist hat er keinen Appetit, wenn er nach Hause kommt", sagt die Hausfrau, die neben ihrem essenden Mann am Küchentisch sitzt. "Ärger im Geschäft und so weiter schlägt auf den Magen. Aber Underberg hilft dann immer." Der Werbespot aus dem Jahr 1959 dürfte das Bild relativ gut treffen, das die meisten Deutschen von der Schnapsmarke Underberg und ihrer Schwester Asbach Uralt haben. Bundesrepublikanische Gemütlichkeit, stehen geblieben irgendwo auf halbem Weg zwischen Wirtschaftswunder und Wiedervereinigung. Ähnlich liest sich die unternehmerische Bilanz der Semper idem Underberg AG: Der Umsatz ist seit der Jahrtausendwende von 500 auf 120 Millionen Euro geschrumpft. Das Konzernjahresergebnis bewegte sich zuletzt – wenn überhaupt – im einstelligen Millionenbereich. Um Liquidität zu gewinnen, wurden reihenweise Liegenschaften, Beteiligungen und Marken verkauft. Wer daran schuld ist – und ob es Hoffnung auf Besserung gibt, lesen Sie im Text unserer Kollegin Mirjam Hecking.
Einen schönen Abend wünscht Ihnen
Oliver Hollenstein