

Newsletter "Der Tag" Der Tag mit vier Todesopfern im Namen Donald Trumps
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit 14.000-Dax-Punkten, zwei hoffnungsvollen Pharmadeals und natürlich den traurig-dramatischen Ereignissen in den USA.
Jeder Staatenlenker findet seinen Platz in den Geschichtsbüchern, und man konnte lange rätseln, an was man sich wohl beim Namen Donald Trump noch in 10, 20 oder 50 Jahren erinnern wird. Sein fragwürdiges Verhältnis zur Wahrheit und zu eigentlich unbestreitbaren Fakten sowie der damit verbundene Dauerclinch mit den etablierten Medien? Seine Wirtschaftspolitik, die vor allem vom Handelsstreit mit China und der EU dominiert wurde? Oder doch jene immer unverblümter vorgetragene Demagogie, mit der er seine Fans für sich einnahm und den Rest der Welt verstörte?
Seit vergangener Nacht kennen wir wohl die traurige Antwort: Donald Trump ist verantwortlich für den historisch beispiellosen, gewaltsamen Sturm eines Mobs auf das Kapitol in Washington, das Zentrum der US-Demokratie. Mit seiner beharrlich wiederholten Lüge vom angeblichen Wahlbetrug lieferte er den Randalierern die scheinbare Rechtfertigung für ihren Aufstand, zu dem er sie seit Langem immer wieder mehr oder weniger deutlich angestachelt hatte. Ein Aufstand, der auch vier Menschenleben gekostet hat, die fortan untrennbar mit dem Namen Donald Trump verbunden sein werden.
In unserem Newsblog haben wir alles Wichtige seit Mittwoch Abend für Sie protokolliert. Vom Hohn aus China über Amtsenthebungsforderungen gegen Trump bis hin zur letztlich doch noch erfolgten Bestätigung von Joe Biden als künftigem US-Präsidenten durch die Parlamentarier. Hier finden Sie zudem ein Video von den Krawallen, und hier einige durchaus bemerkenswerte Bilder von randalierenden und Selfie-schießenden Trump-Fans.
Mit etwas Abstand betrachtet spiegeln sich in den chaotischen Szenen von Washington allerdings auch die Schwächen des US-amerikanischen Wahlsystems wider. Auch dazu haben wir einen sehr informativen Text im Angebot: Im Harvard Business manager analysiert Harvard-Professor Michael Porter die Probleme - und er legt Lösungsvorschläge vor.

Ein Bild für die Geschichtsbücher: Der Sturm der Trump-Fans auf das Kapitol in Washington kostete vier Menschen das Leben
Foto: Carol Guzy / dpaDie Wirtschaftsnews des Tages:
Die Krawalle in Washington haben offenbar auch bei vielen US-Topmanagern zum endgültigen Bruch mit Trump geführt: Von Hedgefonds-Manager Bill Ackman über Apple-Chef Tim Cook bis zu JPMorgans Jamie Dimon verurteilen sie reihenweise die Ereignisse und kritisieren den Präsidenten teils scharf. Lesen Sie hier vom Entsetzen in Amerikas Führungsetagen - und von CEOs, die jetzt noch vor der offiziellen Amtsübergabe am 20. Januar den schnellen Abgang von Donald Trump fordern.
Deutlich reagierten die Social-Media-Plattformen Twitter und Facebook, die Trumps Account und dessen verbreitetes "We love you"-Video sperrten. Allerdings reicht das wohl nicht, um eine neuerliche Debatte um deren Verantwortung an der politischen Eskalation zu verhindern. Promi-Investor Chris Sacca warf den CEOs Jack Dorsey und Mark Zuckerberg schon mal im gewohnten Twitter-Debatten-Ton vor: "An Euren Händen klebt Blut."
Biontech und Pfizer liegen im weltweiten Corona-Impfstoffrennen momentan weit vorne, aber womöglich kann Curevac doch noch aufholen: Die Tübinger Biotechfirma mit SAP-Gründer Dietmar Hopp im Rücken schloss eine globale Partnerschaft mit dem Pharmariesen Bayer. Das hehre Ziel: Beide wollen jedem in Deutschland bis zum Sommer eine Corona-Impfung ermöglichen.
An der Börse jedenfalls kam die Nachricht gut an, die Bayer-Aktie legte um mehr als 2 Prozent zu und das Curevac-Papier sogar um rund 16 Prozent. Und apropos Börse, vom Aktienmarkt gibt es heute noch eine Kleinigkeit zu berichten: Von den Ereignissen in Washington völlig unbeirrt knackte der Dax erstmals die Marke von 14.000 Punkten.
Was Bayer kann, kann Merck schon lange: Der Darmstädter Pharmakonzern übernimmt die Biotechfirma Amptec und verstärkt sich damit ebenfalls im Impfstoff-Geschäft. Amptec ist spezialisiert auf die mRNA-Technik, die auch in den Impfstoffen von Biontech, Moderna und Curevac eingesetzt wird.
Und auch Kühne + Nagel will beim großen Impfstoff-Geschäft mitverdienen: Der Logistik-Konzern erhielt den Zuschlag für den Transport des Vakzins von Moderna in die nationalen Verteilzentren weltweit - allerdings nicht in den USA.
Was heute sonst noch wichtig war:
Andere Branche, andere Liga: Von dem Berliner Start-up Mambu dürften bislang die wenigsten gehört haben. Das kann sich allerdings ändern: Nach einer Finanzspritze ist das Fintech, das Bankensoftware anbietet, plötzlich 1,7 Milliarden Euro wert und zählt damit zu den größten und am schnellsten wachsenden in Deutschland. Mambu steht damit stellvertretend für eine neue Generation von Start-ups, die gegenwärtig das Land erobern. Und wenn Sie sich für deren Aussichten interessieren, lesen Sie am besten dieses Hintergrundstück meiner Kollegin Christina Kyriasoglou: Das sind Deutschlands Softwarestars von morgen.
Im Hype um Kryptowährungen wurde ein durchaus historischer Meilenstein passiert: Laut Plattform Coinmarketcap sind alle Kryptowährungen zusammen erstmals mehr als eine Billion Dollar wert. Maßgeblichen Anteil daran hat selbstverständlich der Bitcoin, die wichtigste Cyberwährung, die auch am Donnerstag mit fast 38.000 Dollar einen erneuten Höchststand erreichte. Und bei der Gelegenheit: Unsere meistgelesene Geschichte gestern war das fachkundige Hintergrundstück des Ökonomen Cyrus de la Rubia über den Höhenflug am Krypto-Markt: Bitcoin - die Eine-Million-Dollar-Frage.
Meine Empfehlung für den Abend:

Randalierer am Kapitol in Washington: Trump und seine Helfer müssten zur Rechenschaft gezogen werden
Foto: Lev Radin / imago images/Pacific Press AgencyNoch einmal zu den Krawallen von Washington: Die staatsstreichartigen Szenen vom Sturm auf das Kapitol sind das logische Finale der Trump-Ära, so die Einordnung meines Kollegen Marc Pitzke vom SPIEGEL. Vier Jahre hatte Donald Trump Gelegenheit, die rechte, weiße, männliche Wut, die in Amerika seit Langem brodelt, anzufachen, zu bündeln und für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Dabei sekundierten ihm willige Helfer: Parteikollegen bei den Republikanern ebenso wie Medien wie Fox News. Sie alle müssten jetzt zur Rechenschaft gezogen werden, meint Pitzke, der für den SPIEGEL seit Jahren in den Vereinigten Staaten arbeitet und die Materie bestens kennt. Mein Ratschlag daher: Lesen Sie den ganzen Kommentar über "Ein amerikanisches Verbrechen".
Beste Grüße, Ihr Christoph Rottwilm