
Der Dienstag im Überblick Eine Erfolgswelle und ein Rekord-Kahlschlag
Liebe Leserin, lieber Leser,
wer schwimmt nicht gern auf der Welle des Erfolgs, genießt das Lob der sonst notorischen Kritiker und blendet die Gedanken an die Zukunft einfach mal aus?
Fußballprofis wie İlkay Gündoğan werden verehrt und gehypt, dienen Millionen als Vorbild und verdienen im Jahr mehr als viele Dax-CEOs. Dem Manchester-City-Spieler attestieren viele Sportkommentatoren Weltklasseniveau. Morgen Abend könnte der Lobessturm weiter an Kraft zulegen: Die Rückspiele im Halbfinale der Champions League stehen an. Gündoğan führt als Kapitän Manchester City gegen Real Madrid aufs Feld (Hinspiel-Ergebnis 1:1). Mindestens schwierig, sich während dieser Erfolgswelle Gedanken zu machen über eine Zeit, in der das alles nicht mehr der Fall sein wird. Wie sieht er aus, der Plan B nach dem Profifußball?
Gündoğan weiß, wie gefährlich es sein kann, diese Frage zu verdrängen. Er setzt sich schon seit zwei Jahren mit dem Ende seiner Karriere auseinander. Der Profi liebäugelt mit einem Führungsjob im Fußball – als Trainer oder Sportdirektor etwa – und arbeitet gezielt darauf hin. Wie, das hat er meinem Kollegen Christoph Neßhöver erzählt, und er spricht auch über seine Angst vor dem Aufhören, über den Führungsstil seines Chefs Pep Guardiola und die motivierende Kraft des Rampenlichts. Das Interview lesen Sie hier.

Der Kapitän trifft: Fußballprofi İlkay Gündoğan am vergangenen Sonntag nach seinem Tor in der Premier League
Foto: Jon Super / APDie Wirtschaftsnews des Tages:
Fehlverhalten eingeräumt: Wie angekündigt, hat der frühere Audi-Chef Rupert Stadler im Prozess um manipulierte Abgaswerte bei Dieselautos heute doch ein Geständnis abgelegt. Er hätte die Möglichkeit gehabt einzugreifen, dies aber unterlassen. Er sehe, "dass es ein Mehr an Sorgfalt" gebraucht hätte, ließ er seine Anwältin vor dem Landgericht München verlesen. Nach zweieinhalb Jahren ist Stadler damit das erste Mitglied des VW-Konzernvorstands, das vor Gericht den Vorwurf des Betrugs durch Unterlassen einräumte – obwohl er zuvor jahrelang seine Unschuld beteuert hatte. Die Erinnerung schien erst Ende März wiederzukommen: Das Gericht machte Stadler klar, dass ihm ohne Geständnis Gefängnis drohen würde.
Nächste Preisaktion: Tesla-Chef Elon Musk rühmt sich, nie einen Cent in das Marketing des Elektroautoherstellers investiert zu haben. Die Autos verkauften sich auch so. Nun legt eine Pressemitteilung allerdings den Schluss nahe: Ganz von allein wird Tesla seine Fahrzeuge doch nicht mehr los. Nachdem Tesla die Preise seiner Autos zuletzt bereits mehrfach gesenkt hat, legt die Marke jetzt eine "Innovationsprämie" für Flottenfahrzeuge auf. Warum sich die Indizien, dass Tesla unter Überkapazitäten leidet, auch an anderer Stelle verdichten, beschreibt mein Kollege Christoph Seyerlein.
Rekord-Kahlschlag: Vodafones neue Konzernchefin Margherita Della Valle will eine etwas andere Firmengeschichte schreiben: Die Managerin kündigte den bisher größten Jobabbau in der Firmenhistorie an. In den kommenden drei Jahren sollen weltweit 11.000 Stellen gestrichen werden. Damit würde jeder zehnte Beschäftigte seinen Job verlieren. Della Valle rechtfertigt ihren Kurs mit den sinkenden Einnahmen und Gewinnen: "Unsere Leistungen waren nicht gut genug", sagte die Chefin. Vodafone-Aktien brachen an der Londoner Börse um knapp 5 Prozent ein, so stark wie zuletzt vor rund einem halben Jahr.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:
Solare Rooftop-Revolution: Die drei Gründer Mario Kohle, Viktor Wingert und Jochen Ziervogel hatten 2017 die Idee, die Anschaffung einer Solaranlage so unkompliziert wie möglich zu machen, quasi ein Paypal für erneuerbare Energie zu schaffen. Fünf Jahre später ist aus ihrer Idee ein rapide wachsendes Unternehmen geworden: Enpal. Investoren bewerten die Firma mit rund zwei Milliarden Euro. Gründer Kohle will das Start-up jetzt noch größer ausrollen – auch wenn das Geschäftsmodell nicht ohne Risiken ist.
Verdacht gegen Apple: Werden technische Geräte absichtlich so konstruiert, dass sie schneller kaputtgehen? Diesen Vorwurf erheben französische Verbraucherschützer nun gegen den Technologiekonzern und haben eine Beschwerde eingereicht. Konkret beschuldigen sie Apple, Reparaturen von iPhones durch nicht autorisierte Werkstätten einzuschränken. Auch werfen sie dem Konzern vor, Smartphones, die nicht mit Original-Ersatzteilen repariert wurden, aus der Ferne zu beschädigen. Die Ermittlungen der französischen Staatsanwaltschaft dauern an. Wegen gezielter Drosselung der Leistungsfähigkeit von iPhones hatte Apple in Frankreich bereits vor drei Jahren eine Strafe in Höhe von 25 Millionen Dollar kassiert.
Meine Empfehlung für den Abend:

"Es ging nicht mehr": WDR-Journalistin Georgine Kellermann offenbarte ihre Identität, Transfrau zu sein, kurz nach ihrer Beförderung zur Studioleiterin
Foto: Annika Fußwinkel / WDRJahrzehntelanges Doppelleben: In kaum einem Industrieland trauen sich so wenige Transmenschen unter ihrer wahren Identität ins Büro wie in Deutschland. WDR-Journalistin Georgine Kellermann gehört zu den wenigen, die den Weg gegangen sind: Sie beendete ihr Doppelleben nach Jahrzehnten des Versteckspiels und zeigte sich auch bei der Arbeit so, wie sie sich selbst empfand – als Georgine. "Ich habe Sorge gehabt, dass, wenn ich werde, wie ich bin, ich nicht mehr tun kann, was ich liebe", erinnert sie sich. Dabei sei damals direkte Hilfe "von allen, die Verantwortung für mich getragen haben" gekommen. Sie habe etwa sofort neue Visitenkarten, eine neue E-Mail-Adresse und viel Unterstützung bei allen organisatorischen und bürokratischen Aufgaben bekommen. In der neuen Folge des Podcasts Team A erklärt die Journalistin, wie wir inklusive Arbeitsplätze frei von Stereotypen und Geschlechternormen aufbauen können.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Podcasthören und einen schönen Abend, Ihre Hannah Steinharter
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