
Der Donnerstag im Überblick Ein Zinsschritt in XXL und ein Bauplan für Milliarden-Start-ups
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit dem Kampf der EZB gegen die Inflation, dem Ende eines der ambitioniertesten Roboauto-Projekte und der Frage nach der Effizienz von Homeoffice.
Die Europäische Zentralbank (EZB) bekämpft die Inflation mit einem weiteren Riesen-Zinsschritt: Die Währungshüter um Christine Lagarde haben am Nachmittag eine Erhöhung des Leitzins um 0,75 Prozent beschlossen – es ist die dritte Erhöhung seit dem Sommer und der zweite XXL-Schritt in Folge. Der Leitzins beträgt nun 2,0 Prozent und wird wohl noch weiter steigen. Der EZB-Rat "geht davon aus, dass er die Zinsen weiter anheben wird", erklärte die Notenbank.
Entscheidend für die weitere Entwicklung der Inflation sind aus Sicht von Experten vor allem die Inflationserwartungen der Bürgerinnen und Bürger. Erst wenn diese davon ausgehen, dass die Preise nicht mehr weiter steigen werden, ist das Schlimmste überstanden. Ökonomen wie Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer halten daher eine "Größenordnung von 4 Prozent" für erstrebenswert.
Fraglich bleibt trotz allem, wie stark die Zinserhöhungen auf die Inflation wirken können. Wenig Hoffnung macht da eine aktuelle Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW in Köln). "Gegen einen großen Teil der aktuellen Inflation ist die Geldpolitik derzeit machtlos", heißt es darin. Die Geldpolitik wirke vor allem auf die Nachfrage von Gütern und Dienstleistungen, ein Großteil der Teuerung werde aber von der Angebotsseite bestimmt. Die Preissteigerungen seien dort auf gestiegene Energie- und Rohstoffkosten sowie unterbrochene Lieferketten zurückzuführen. "Gegen diese Bestimmungsfaktoren der Inflation hat es die Geldpolitik schwer."

Streng geworden: EZB-Chefin Christine Lagarde
Foto: Arne Dedert / dpaDie Wirtschaftsnews des Tages:
US-Wirtschaft wächst überraschend stark: Nach den Rückgängen in den beiden Vorquartalen ist die US-Wirtschaft im dritten Jahresviertel wieder gewachsen. Höhere Exporte und Konsumausgaben stützten die größte Volkswirtschaft der Welt. Das dürfte neben allen Inflations-Sorgen zumindest die Rezessions-Sorgen auch hierzulande abmildern.
Volkswagen und Ford stoppen Roboauto-Traum: Eines der ambitioniertesten Roboauto-Projekte der Welt ist Geschichte. Volkswagen und Ford ziehen sich aus dem US-Start-up Argo AI zurück. Die Firma steht damit vor der Auflösung. Ford schreibt 2,7 Milliarden US-Dollar ab, auch bei VW dürften Milliardenabschreibungen bevorstehen.
Meta-Chef Mark Zuckerberg schockt die Investoren: Der Facebook-Konzern Meta verbrennt Milliarden mit der Entwicklung virtueller Welten – und hat enttäuschende Quartalszahlen verkündet. Der Umsatz ging zurück, der Gewinn halbierte sich und die Prognosen sind düster. Die Börsen reagierten mit einem Beben: Die Meta-Aktie brach zeitweise um 25 Prozent ein.
Credit Suisse stößt Konzernumbau an: Die Schweizer Großbank ist aktuell der Sorgenfall in Europas Finanzwelt. Mit Spannung war daher der Rettungsplan erwartet worden. Kapitalerhöhung, Stellenabbau, Trennung von Geschäften - mit einer Radikalkur will die Credit Suisse eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte überwinden. Und als neue Investoren steigen die Saudis ein.
Was uns sonst noch beschäftigt:

Wenig effizient: Nur Homeoffice funktioniert nicht gut, nur Büro auch nicht
Foto:MoMo Productions / Getty Images
Fifty-fifty zwischen Büro und Homeoffice funktioniert am besten. Seit der Coronapandemie wissen wir: Homeoffice ist für viele Berufe möglich und kann Unternehmen zahlreiche Vorteile bringen. Mit dem Ende vieler Pandemiemaßnahmen würden viele Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden am liebsten wieder täglich im Büro sehen. Das ist allerdings keine gute Idee, haben jetzt vier Wissenschaftler in der ersten groß angelegten Studie zum Thema herausgefunden. Ergebnis: Wer hybrid arbeitet, ist zufriedener und arbeitet effizienter als die Kolleginnen und Kollegen, die nur zuhause oder nur im Büro arbeiten. Fifty-fifty eben.
Wie man ein Milliarden-Start-up baut. Personio, N26, Celonis, Trade Republic, Enpal und so weiter – mehr als 30 Milliarden-Start-ups gibt es inzwischen in Deutschland. Wie haben die Gründerteams es geschafft, ihre Firmen so wertvoll zu machen? Das hat die Unternehmensberatung McKinsey in einer Studie analysiert, die manager magazin exklusiv vorliegt. Ergebnis: Fünf Faktoren sind wesentlich für den Erfolg. Welche das sind, lesen Sie hier.
Unsere Empfehlung für den Abend:

Läutet die Zukunft ein: Vitesco-Chef Andreas Wolf
Foto:PR
Ambitionierte Bad Bank: Als der Autozulieferers Continental im vergangenen Jahr seine Antriebssparte Vitesco abspaltete, wurde geunkt, Conti trenne sich da von seiner Bad Bank. Das Problem: 90 Prozent des Vitesco-Geschäfts hängen am Verbrennungsmotor. Doch ein Jahr später überrascht der Blick an die Börse: Während Conti immer weiter abstürzt, befanden sich die Vitesco-Papiere zuletzt im Aufwind. Der Grund der Hoffnung: CEO Andreas Wolf baut radikal um. 2030 will Vitesco 70 Prozent des Umsatzes mit E-Auto-Komponenten einfahren. Dafür schreckt Wolf nicht vor harten Einschnitten zurück. Jetzt stellt er die erste Verbrennersparte zum Verkauf. Unser Kollege Christoph Seyerlein hat sich die Sache näher angeschaut.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!
Ihr Oliver Hollenstein