
Der Montag im Überblick Ein stressfreier Milliardär und straffreie Topmanager

Viel Geld, viel Ärger: Wer als erfolgreicher Familienunternehmer Milliardenwerte an die nächste Generation weitergibt, steht vor einer großen Aufgabe. Und bevor Sie jetzt sagen, mir kommen die Tränen, denken Sie einfach mal an den verstorbenen Heinz Hermann Thiele. 17 Milliarden Euro waren in dessen Knorr-Bremse-Imperium zu verteilen, Witwe und Tochter stritten wie die Kesselflickerinnen, das Finanzamt konnte sein Glück kaum fassen, und der Testamentsvollstrecker (geforderte Gage: jenseits der 200 Millionen Euro) rahmt sich den Tag der Mandatierung noch heute golden ein. Learning: So macht man es eher nicht. Besser so wie Albert Büll.
Der eher unbekannte Hamburger Milliardär ist mit Trümmergrundstücken groß geworden, die er bebaut und weiterverkauft hat. Zu den auskömmlichen Renditen dieses Tuns kam später der Wunsch, Immobilien energieeffizienter zu bauen: Zur Büll-Gruppe gehören heute Anteile am Stromanbieter Encavis, am Solaranlagenvermieter Enpal und am Mobilitäts-Start-up Miles. Bemerkenswerter als das Beteiligungsgeflecht ist jedoch die Strategie, mit der Büll sein Reich unfallfrei an die Erben weiterreicht: 1. Er investiert mit Herz. 2. Alle dürfen mitreden. 3. Es gibt keinen Streit.
Wie der milliardenschwere Mittelständler aus diesen drei Prinzipien ein funktionierendes Nachfolgemodell gezimmert hat, beschreibt meine Kollegin Hannah Steinharter in "Geld ausgeben und Spaß dabei". "Purpose" ist dabei der Kitt, der die Familieninvestments zusammenhält. "Die müssen Spaß haben", sagt Büll – und zwar nicht nur an dem Geld.

Streit vermeiden: Milliardär Albert Büll hat sein Vermögen bereits zu größten Teilen verteilt
Foto: Charlotte Schreiber für manager magazinDie Wirtschaftsnews des Tages:
Schwere Zeiten für Elektronikhändler: Europas größte Elektronikketten Mediamarkt und Saturn haben im abgelaufenen Quartal zwar ihren Umsatz gesteigert. Doch die beiden Marken des Ceconomy-Konzerns bleiben in den roten Zahlen. Der Nettoverlust von Ceconomy hat sich sogar auf 15 Millionen Euro verdoppelt.
Siemens Energy senkt Prognose: Der Energietechnikkonzern Siemens Energy geht davon aus, dass der Verlust in diesem Geschäftsjahr noch höher ausfallen wird als die rund 700 Millionen Euro Verlust im Vorjahr. Grund sind die Probleme bei der Windkraft-Tochter Gamesa. Zugleich habe sich die Auftrags- und Umsatzlage verbessert, sagte CEO Christian Bruch.
Streit um das Thiele-Erbe: Zu unserer eingangs gestellten Frage, wie man ein Milliardenvermögen vererbt, gibt es gleich noch eine frische Personalie. Bekannt war bereits, dass Stephan Sturm, Ex-Chef von Fresenius, als Vorsitzender der Heinz Hermann Thiele Familienstiftung den Erbstreit im Clan beendet. Nun bekommt Friedensrichter Sturm Verstärkung: Der ehemalige Finanzvorstand von BASF, Hans-Ulrich Engel, übernimmt den Vorsitz des Stiftungsrates. Dieser soll als Beratungs- und Kontrollgremium dem Stiftungsvorstand zur Seite stehen.
Was uns sonst noch beschäftigt hat:
Der Dieselskandal bei Volkswagen: An diesem Dienstag will der frühere Audi-Chef Rupert Stadler gestehen, dass er von den Abgasmanipulationen im Volkswagen-Konzern wusste. Nach zweieinhalb Jahren Prozess wäre er der erste Topmanager. Gericht und Staatsanwaltschaft haben ihm im Tausch eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt. Zeit also für eine Schummel-Zwischenbilanz: Was haben die Mitangeklagten im Münchner Prozess, Giovanni Pamio und Wolfgang Hatz zu erwarten? Und was ist mit Ex-VW-Chef Martin Winterkorn, dessen Prozess in Braunschweig derzeit auf Eis liegt? Müssen sich Ex-VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer und der ehemalige Chefentwickler von Audi, Ulrich (Hacki) Hackenberg, noch Sorgen machen? Und was wurde aus dem unglücklichen Oliver Schmidt, der 2016 zu einem folgenschweren Weihnachtsurlaub nach Miami reiste? All diese Fragen beantwortet meine Kollegin Anna Driftschröer in "Die Hauptfiguren im Dieselskandal".
Der umstrittene Fast-Fashion-Riese aus China: Shirts für 3 Euro, Kleider für 7 Euro. Der Moderiese Shein ist auf TikTok allgegenwärtig und überzieht nach dem chinesischen Heimatmarkt nun auch Europa mit Billigware. Dabei setzt Shein auf Pop-up-Stores und Polyester und lässt mit seinem Produktionstempo Konkurrenten wie Primark oder H&M erschauern. Meine Kollegin Maren Jensen beschreibt, wie Strategiechef Peter Pernot-Day Sheins Expansion in Europa beschleunigt – und warum sein Konzept Umweltschützern Sorgen bereitet. Wenn Sie nach Lektüre des Textes mit ihren Kindern über die Themen Fast Fashion, inszenierte Billigware und Nachhaltigkeit sprechen wollen, sollten Sie zwei Dinge beherzigen: Passen Sie einen günstigen Moment ab, in dem ihr Gesprächspartner nicht auf TikTok unterwegs ist. Und sprechen Sie Shein (sprich "She-in", nicht wie "Shine") richtig aus. Sonst hört Ihnen eh niemand zu.

Milliardenumsatz mit Billigware: Sheins Strategiechef Peter Pernot-Day treibt die Expansion des chinesischen Fast-Fashion-Riesen in Europa voran
Foto: CHRISTOPHE ARCHAMBAULT / AFPWas Ihnen in Ihrem Job weiterhelfen könnte:
So finden Sie den richtigen Preis für Ihre Produkte. Wie setzt man angesichts von Inflation, steigenden Kosten, aber gleichzeitig preissensibler Kundschaft den richtigen Preis? Und wie kurbelt man mit einer neuen Preisstrategie die Geschäfte wieder an? Vermutlich gibt es für solche Fragen weltweit wenige Profis, die fundiertere Antworten hätten als der Ökonom Rafi Mohammed, der "Preispapst" aus den USA. In einem ausführlichen Aufsatz für den Harvard Business manager stellt er fünf Modelle zur Auswahl .
Meine Empfehlung für den Abend:
Stell dir vor, es ist Energiewende, und dein Akku bleibt leer: Eine Solaranlage auf dem Dach, die das Elektroauto und die Wärmepumpe im Haus mit Strom versorgt – so stellen sich Hausbesitzer die Energiewende in Deutschland vor. Wer ins Träumen gerät, träumt gar von fairen Einspeisevergütungen und davon, dass der politisch gewollte Wechsel zu erneuerbaren Energien nicht zu einem Kleinkrieg mit Stromversorger und Genehmigungsbehörden gerät. Dass bis dahin noch viel zu tun ist, weiß niemand besser als der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Im Interview mit meiner Kollegin Kirsten Bialdiga erklärt er, wie er Blackouts während der Energiewende vermeiden will und welche Rolle E-Autos, Wärmepumpen und die Industrie dabei spielen. Das ganze Gespräch lesen Sie hier.
Herzlich, Ihr Kai Lange
PS: Haben Sie Wünsche, Anregungen, Informationen, um die wir uns journalistisch kümmern sollten? Wir freuen uns auf Ihre Post unter chefredaktion@manager-magazin.de .