
Der Freitag im Überblick Die Zukunft Chinas und eine schwierige Fehlersuche bei VW
Liebe Leserin, lieber Leser,
jeden Abend fassen wir die wichtigsten Wirtschaftsnews des Tages zusammen. Heute mit dem Ende des chinesischen Wirtschaftswunders, der Milliardensuche des deutschen Profifußballs und der Frage, warum das Softwareproblem von VW so schwer zu lösen ist.
In China wird am Wochenende der übermächtige Präsident Xi Jinping wohl seine dritte Amtszeit antreten – und noch mächtiger werden. Was bedeutet das für Europa und Deutschland? Wie sollen wir darauf reagieren? Darüber wird derzeit sowohl in Chefetagen der Konzerne als auch in der Politik heftig diskutiert. Beim EU-Gipfel in Brüssel haben heute die Staats- und Regierungschefs über die Abhängigkeit Europas von China gesprochen. In Berlin streitet die Bundesregierung, ob sie China mehr Einfluss auf den größten deutschen Hafen in Hamburg geben soll.
Einer, der Antworten auf viele drängende Fragen hat, ist Bernhard Bartsch. Seit vielen Jahren erforscht er China, hat lange in dem Land gelebt. Doch heute darf er nicht einmal mehr einreisen, so wie all seine Kollegen vom Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin, dem in Europa führenden privaten Forschungsinstitut zu Politik und Wirtschaft der Volksrepublik. Peking hat die kritischen Analysten mit einem Visa-Bann abgestraft. Verstummt sind sie aber nicht.
Merics hat in einer neuen Studie analysiert, wie es mit dem Land bis 2027 weitergeht. Unser Kollege Mark Böschen hat das Papier vorab lesen können. Die zentrale Botschaft: Das chinesische Wirtschaftswunder ist vorbei. Unternehmer und Investoren müssen sich auf eine Dekade des niedrig einstelligen Wachstums oder gar der Stagnation einstellen. Wie genau die nächsten Jahre aussehen könnten, dafür haben die Forscher fünf Szenarien ausgearbeitet. Wir stellen Sie Ihnen hier vor.
Und wenn Sie anschließend noch mehr wissen möchten: Auch in unserem wöchentlichen Podcast "Das Thema" geht es diese Woche um China. Chefredakteur Sven Clausen und unsere Kollegin Eva Buchhorn haben diskutiert, warum deutsche Unternehmen zwischen den beiden Machtblöcken USA und China zerrieben werden könnten und wie sie sich dagegen schützen. Hören Sie doch einmal rein!

Unbegrenzte Macht: Staats- und Parteichef Xi Jinping im März in der Großen Halle des Volkes am Tiananmen-Platz in Peking
Foto: Alex Plavevski / EPADie Wirtschaftsnews des Tages:
Nächster Engpass in der Energiekrise: Um die Lücke zu schließen, die das fehlende Gas aus Russland in Europa hinterlassen hat, setzen Deutschland und die Nachbarstaaten auf Flüssigerdgas, kurz: LNG. Es kommt übers Meer. Nur werden jetzt auch die Schiffe für den Transport knapp, die Preise explodieren bereits. Unsere Kollegin Anna Driftschröer beschreibt die Jagd nach den letzten freien Tankern und die Hintergründe.
Adidas-Aktie nach dritter Gewinnwarnung unter Druck: Die dritte Gewinnwarnung von Adidas in diesem Jahr hat die bereits schwer angeschlagenen Aktien des Sportartikelherstellers noch weiter absacken lassen. Die zum Teil massiv gesenkten Gewinnziele von Adidas brachten außerdem Druck auf die Papiere der Konkurrentin Puma und belasteten den Dax.
Renault erzielt mehr Umsatz mit weniger Autos: Renault hat im dritten Quartal dank höherer Preise den Umsatz auf fast zehn Milliarden Euro gesteigert – bei weniger verkauften Autos. Insgesamt erreichte der Erlös in den Monaten Juli bis September 9,8 Milliarden Euro. Fast 13 Prozentpunkte des Wachstums kamen aus Preiserhöhungen – der stärkste Anstieg im Konzern jemals.
Elon Musk will offenbar massiv Jobs bei Twitter streichen: Twitter droht nach der Übernahme durch Elon Musk offenbar ein Job-Kahlschlag. Der Tesla-Chef wolle bis zu 75 Prozent der Stellen abbauen, berichtet die "Washington Post" unter Berufung auf Insider und vertrauliche Dokumente.
Was uns sonst noch beschäftigt:

Auf Bewährung: DFL-Chefin Donata Hopfen
Foto:Carsten Schmidt / PublicAd
Wie die Bundesliga-Chefin um Finanzinvestoren buhlt: Der deutsche Profi-Fußball will sich mit Milliarden internationaler Investoren vollpumpen. Das Private-Equity-Geld gilt als Schlüssel, um den Abstand zu umsatzstarken Profiligen wie der Premier League in England nicht weiter wachsen zu lassen. Die zentrale Figur bei dem Milliardenprojekt: Donata Hopfen, Chefin der Deutschen Fußball Liga (DFL). Scheitert sie, könnte der deutsche Vereinsfußball in die Zweitklassigkeit abrauschen – und sie ihren Job verlieren. Unsere Kollegen Katharina Slodczyk und Christoph Neßhöver haben sich die Sache genauer angeschaut.
IT-Expertin und Biotech-Pionier ziehen in die Ruhmeshalle ein: Claudia Eckert, Informatik-Professorin an der TU München und Direktorin des Fraunhofer-Instituts für Angewandte und Integrierte Sicherheit, und Detlev Riesner, Emeritus für Biophysik und Mit-Gründer des Biotech-Konzerns Qiagen, sind in die Hall of Fame der deutschen Forschung berufen worden. Die Initiative des manager magazins zeichnet jährlich Wissenschaftler aus, deren Lebensleistung einen herausragenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Forschung geleistet und den Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfähiger gemacht haben. Eckert gilt als eine der wichtigsten Forscherinnen zur Cyber-Security, Riesner als einer der erfolgreichsten Pioniere der deutschen Biotech-Branche. Herzlichen Glückwunsch!
Die besten Originaltexte aus dem aktuellen Economist:
Brutale Wende auf den globalen Immobilienmärkten: Der Boom ist vorbei, die massiv steigenden Zinsen der Notenbanken zeigen Wirkung. In Kanada, Schweden und Australien sinken die Preise für Häuser und Immobilien bereits, ebenso in den USA und Großbritannien. "Es ist, als ob wir auf einem Vulkan sitzen", sagte Stefan Ingves, Gouverneur der schwedischen Zentralbank kürzlich. Die Frage ist nur: Wie schlimm wird es? Eine große Analyse zeigt die Dramatik der aktuellen Lage und benennt die Länder mit den höchsten Risiken.
Kennen Sie Kweichow Moutai? Weder die Corona-Lockdowns noch die trübe Verbraucherstimmung konnten Chinas größtem Schnapsbrenner – und inzwischen wertvollstem Börsenunternehmen – etwas anhaben. Kaum ein Geschäft und kaum eine Gefälligkeit, das nicht mit einem guten Schluck Moutai besiegelt wurde. Doch nun stört ein drohendes Alkoholverbot für Staatsdiener die guten Geschäfte.
Unsere Empfehlung für das Wochenende:

Frische Luft nötig: Volkswagen-Chef Oliver Blume im 13. Stock des Wolfsburger Volkswagen-Hochhauses.
Foto: Reto Klar / FUNKE Foto ServicesWarum die Softwareprobleme von Volkswagen so schwierig zu lösen sind: Nichts drängt mehr für den neuen Volkswagen-Chef Oliver Blume als eine Lösung der Softwareprobleme. Die Tochter Cariad liegt weit hinter den Plänen, die neuen Elektronikarchitekturen – und damit auch zentrale Modelle wie der elektrische Porsche Macan – sind massiv verspätet. Blume hat deswegen eine Rettungstruppe handverlesen, die mit großem Elan gestartet ist. Unser Kollege Michael Freitag hat nun allerdings erfahren, dass die Rettungsmission bislang wenig Zählbares geliefert hat. Woran es hakt und wie es nun weitergehen soll, lesen Sie hier.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Ihr Oliver Hollenstein