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Okay, wir haben heftig geflirtet, dann aber schnell gemerkt, dass wir gar nicht zueinander passen. So ähnlich klang die Stellungnahme von Microsoft zu der abgesagten Hochzeit des US-Softwareriesen und der Walldorfer SAP AG.
Hinter den Gesprächen der beiden Quasi-Monopolisten steckte freilich weit mehr als eine harmlose Tändelei. Immerhin verhandelten die beiden Konzerne von Ende 2003 bis tief ins Frühjahr 2004 hinein. Dann beendete Microsoft die Gespräche abrupt - offiziell, weil die Integration der Firmen zu kompliziert gewesen wäre.
Fakt ist, dass SAP derzeit schwer mit der Weiterentwicklung der Standardsoftware kämpft. Wegen dieses Techniktraumas wäre SAP-Mitbegründer Hasso Plattner (60) eine Fusion mit Microsoft höchst willkommen gewesen. Und anscheinend verlor Microsoft-Erfinder Bill Gates (48) genau deswegen die Kauflust.
Die beiden Granden fungieren heute als Chief Software Architects und kennen somit die Programmierprobleme ihrer Unternehmen genau; persönlich sollen sie die Fusionspläne miteinander beredet haben.
Und da könnte einiges zur Sprache gekommen sein. Der deutsche Softwareprimus modelt derzeit die Technik, die hinter seinen weltweit führenden Unternehmensprogrammen steckt, grundlegend um. "Wir stehen vor dem tiefgreifendsten Umbruch seit mehr als zehn Jahren, als wir R/2 durch SAP R/3 ersetzt hatten", umreißt Vorstandschef Henning Kagermann (56) die Dimension des Vorhabens, das firmenintern den Codenamen "Vienna" trägt.
Der Sprung in die Web-Welt, an dem Programmierfreak Plattner mitwirkt, erweist sich als extrem kompliziert, Zeit raubend und teuer. Zudem birgt der Technikwandel ein enormes Risiko: Gelingt der radikale Umbau nicht oder kaufen die Kunden die erneuerten Produkte nicht, kann der Branchenliebling schnell abstürzen.
In einer solch angespannten Situation wäre es extrem beruhigend gewesen, den reichsten Konzern der IT-Welt zum Partner zu haben. Schon bei der Umstellung von R/2 auf R/3 Mitte der 90er Jahre hatten die SAP-Gründer Plattner, Dietmar Hopp (64) und Klaus Tschira (63) mit einer solchen Idee gespielt. Immer wieder kursierten Gerüchte über eine Fusion - mal mit Microsoft, mal mit IBM.
Die heutige Aufgabe aber ist um einiges schwieriger zu bewältigen als der Übergang damals. Momentan stellt sich die betriebswirtschaftliche Standardsoftware R/3 als großer monolithischer Block dar, der mühsam an die Abläufe in den Unternehmen angepasst wird. Dieser langwierige Prozess verhindert, dass die SAP-Kunden ihre IT schnell an wechselnde Umstände anpassen können.
Dem Wunsch nach mehr Flexibilität will SAP mit einer Integrationssoftware namens "Netweaver" nachkommen. Auf dieser Basis sollen künftig alle Anwendungen - egal ob von SAP oder anderen Anbietern - problemlos miteinander kommunizieren können und sich immer wieder neu kombinieren lassen.
Um diese Vision zu realisieren, müssen jedoch weite Teile der SAP-Software umgeschrieben werden. An dieser komplizierten Arbeit tüfteln die SAP-Entwickler bereits seit zwei Jahren. Jetzt hat Kagermann seiner Mannschaft noch drei weitere Jahre Zeit gegeben.
Helmuth Gümbel, Branchenexperte beim Beratungshaus Strategy Partners, schätzt indes, dass die Runderneuerung des SAP-Produktportfolios noch locker bis 2010 dauern kann.
An einem grandiosen Erfolg des Projekts Vienna scheint deshalb selbst Hopp zu zweifeln. Befragt zur Bei-nahefusion mit Microsoft, antwortete der Gründer, allein sei SAP nur noch "fünf Jahre auf der sicheren Seite".
Ob Vorstandschef Kagermann sein Technikproblem innerhalb dieser Frist lösen kann? Eva Müller