Neu-Performer
Für Rolf Kunisch endete am 27. November eine Pokerpartie, die den Chef des Hamburger Kosmetikkonzerns Beiersdorf fast zwei Jahre lang in Atem gehalten hatte. Die drohende Übernahme durch den US-Konsumgüterriesen Procter & Gamble war verhindert worden, Kunischs Job als Primus gerettet. Ein Happy End, an dem der Manager kräftig mitgewirkt hatte. Rund 800 Millionen Euro steuerte Kunisch aus der Konzernkasse zu den 4,4 Milliarden Euro bei, die Tchibo und die Stadt Hamburg an den ausstiegswilligen zweiten Großaktionär, den Münchener Allianz-Konzern, überwiesen.
Für die übrigen Beiersdorf-Aktionäre brachte der Deal ausgesprochen wenig. Das aus den USA erhoffte Übernahmeangebot von 130 Euro je Aktie blieb aus. Schlimmer noch, das Papier verlor nach Bekanntgabe der deutschen Lösung 20 Prozent.
Unter diesen Vorzeichen war das Debüt von Rolf Kunisch im manager-magazin-Börsenbarometer bemerkenswert. Rund 42 Prozent der deutschen Privataktionäre trauen ihm zu, dass er den Kurs der Beiersdorf Aktie wieder antreiben wird.
Damit landet Kunisch, der den Börsenwert seines Unternehmens seit Januar 2003 um über 10 Prozent reduzierte, immerhin vor ThyssenKrupp-Lenker Ekkehard Schulz (62) und Post-Chef Klaus Zumwinkel (60). Die beiden steigerten den Kurs ihrer Aktien im gleichen Zeitraum um 40 respektive 60 Prozent.
Das Kalkül der befragten Aktionäre ist offensichtlich weniger von kurzfristigen Erwägungen geprägt. Sie verlassen sich darauf, dass Kunisch weitermacht wie bisher und sein Unternehmen allein dadurch in absehbarer Zeit in die Topliga der Dax-Konzerne aufsteigt. Davon hätten die Aktionäre tatsächlich mehr als von dem schnellen Geld, das ein Übernahmeangebot bringen würde.
Und langfristig betrachtet, hat Kunisch einiges vorzuweisen. Seit er das Kommando in Hamburg-Eimsbüttel übernahm, hat sich der Börsenwert des Nivea-Konzerns fast vervierfacht.
Bereits zum zwölften Mal hat das Bielefelder Meinungsforschungsinstitut Emnid rund 1000 private Aktionäre nach ihren Urteilen über Deutschlands Topmanager und ihre Einschätzung des Börsenklimas gefragt. Die aktuelle Untersuchung zeigt erneut, wie unzufrieden die Anleger mit der Art und Weise sind, in der die Flaggschiffe der Deutschland AG geführt werden.
Die Werte von DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp (59) und der Nummer eins der Deutschen Bank, Josef Ackermann (55), befinden sich seit dem Frühjahr im Sinkflug.
Die Anleger verübeln Schrempp offenbar, dass er die Probleme bei den Töchtern Mitsubishi und Chrysler nicht in den Griff bekommt. Und Josef Ackermann, der sich eine deutliche Steigerung des Shareholder-Value vorgenommen hatte, beeindruckte den Kapitalmarkt nicht sonderlich. Anfang Dezember war Deutschlands größter Geldkonzern ein Viertel weniger wert als bei Ackermanns Start im Frühjahr 2002.
Aufsteiger der aktuellen Umfrage sind Siemens-Chef Heinrich von Pierer (62), der es erstmals seit Juli 2001 wieder schaffte, in das Spitzenquartett der Automobilindustrie einzubrechen, und Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke (42), der sich noch einmal um sechs Punkte steigerte und seinen Beliebtheitswert seit Frühjahr 2003 auf jetzt 44 Prozent verdoppelte.
Die positive Grundstimmung der vergangenen Umfragen hat sich auch im aktuellen Barometer gehalten. Beflügelt von der Aussicht, dass die wichtigsten Börsen zum ersten Mal seit 1999 am Jahresende mit einem Plus abschließen, erwarten 65 Prozent der Befragten 2004 weitere Kurssteigerungen - nur ein Drittel glaubt an neue Rückschläge.
Dietmar Palan
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Methode
Idee: Ziel des Börsenbarometers ist es, alle drei Monate die Stimmung privater Aktionäre in Deutschland auszuloten. Zugleich wird die Einstellung der Anleger gegenüber 20 deutschen Vorstandschefs ermittelt, die von der mm-Redaktion nominiert werden.
Vorgehen: Im Auftrag von mm befragte das Bielefelder TNS Emnid-Institut 1001 deutsche Privatanleger zu ihrem Investitionsverhalten. Die Telefoninterviews wurden in Städten und Gemeinden unterschiedlicher Größe quer durch alle Bundesländer geführt - mit Personen, die angaben, Aktien zu besitzen.
Zeitraum: Die Befragung, die den Ergebnissen dieses mm-Börsenbarometers zugrunde liegt, führte Emnid vom 17. bis 21. November 2003 durch.
Online
Wie schätzen die privaten Anleger das Börsenklima ein? Steigt die Bereitschaft zu investieren? Welche Märkte halten die Aktionäre für besonders interessant? Weitere Informationen unter:
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