„Endlose Papiernachweise“
mm Der Vorstand der Allianz hat die Vor- und Nachteile des Börsengangs in New York kürzlich kritisch gegeneinander abgewogen. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Perlet Wir halten die Notierung an der Wall Street nach wie vor für sinnvoll. Schließlich hat sich an unseren Zielen nichts geändert. Wir wollten eine Akquisitionswährung für Übernahmen in den USA schaffen ...
mm ... davon haben Sie bisher keinen Gebrauch gemacht ...
Perlet ... momentan steht anderes auf der Tagesordnung als neue Akquisitionen. Die Möglichkeit bleibt indes erhalten. Zweitens können wir die US-Belegschaft über Mitarbeiteraktien stärker an uns binden. Drittens - und das ist der wichtigste Punkt - hat der Börsengang in den USA innerhalb des Allianz-Konzerns einen enormen Fortschritt in puncto Transparenz bewirkt.
mm Warum hat Ihr Vorstandskollege Michael Diekmann dann überhaupt die Abwägung veranlasst?
Perlet Es ist ganz natürlich, dass ein neuer Konzernchef die Vor- und Nachteile eines solchen Projekts hinter- fragt - so wie wir das zurzeit mit vielen Dingen tun.
mm Der Anteil amerikanischer Allianz-Aktionäre hat sich seit dem Wall-Street-Debüt kaum verändert. Haben Sie mehr erwartet?
Perlet Die Quote ist leicht gestiegen, von 5 auf rund 8 Prozent. Zugegeben: Die Umsätze unserer Aktie an der New Yorker Börse sind nicht hoch. Aber da hatten wir uns keine Illusionen gemacht. Die Erfahrungen der anderen in den USA notierten Unternehmen sind ja ähnlich.
mm Was kostet Sie das US-Listing - Börsengebühren, Berichterstellung, Beratung und Prüfung inklusive?
Perlet Einen kleineren zweistelligen Millionenbetrag muss man schon ansetzen.
mm Ist es nicht schade um das viele Geld? Selbst große US-Fonds kaufen Allianz-Aktien nicht in New York, sondern in Frankfurt.
Perlet Das ist für uns nicht entscheidend. Wir wollten mit dem US-Börsengang unseren Weg zu voller Transparenz fortsetzen, und das haben wir erreicht.
mm Der amerikanische Gesetzgeber verpflichtet die Firmen seit kurzem, umfangreiche interne Kontrollprozesse zu etablieren. Bei Finanzkonzernen führt das so genannte Sarbanes-Oxley-Gesetz zu erheblicher Mehrarbeit. Sind die Amerikaner über das Ziel hinausgeschossen?
Perlet Nein, allerdings besteht die Gefahr, dass durch die neuen Vorschriften der Verwaltungsapparat aufgebläht wird, weil man endlos Papiernachweise vorlegen muss. Wir müssen abwarten, wie die Regeln von der amerikanischen Justiz interpretiert und angewendet werden. Dennoch ist Sarbanes-Oxley vom Grundsatz her eine gute Idee. Es geht darum, Kontrollprozesse zu etablieren, um die Risiken besser zu steuern. Das gehört zu einer ordentlichen Unternehmensführung und wird sicher auch in Deutschland bald zur Pflicht werden.