46. Treffen des World Economic Forum (WEF) in Davos: Jeder vierte Manager rechnet mit einer Verschlechterung der Lage in diesem Jahr
Foto: Jean-Christophe Bott/ dpaDie zunehmenden politischen Spannungen und Krisen verunsichern die globale Wirtschaft. Weltweit hat sich die Stimmung unter Top-Managern in den vergangenen zwölf Monaten deutlich verschlechtert, wie aus einer am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft PwC (PricewaterhouseCoopers) hervorgeht.
Nur noch gut ein Viertel der Unternehmenslenker rechnet in den kommenden zwölf Monaten mit einem weltweiten Wirtschaftswachstum, vor einem Jahr waren noch 37 Prozent der Befragten optimistisch für die globale Konjunktur. Viele Manager befürchten, dass sich die Staaten künftig wieder stärker abschotten werden.
Zwiespältig ist die Stimmungslage unter den deutschen Managern. Immerhin 40 Prozent und damit sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr erwarten eine Belebung der Weltwirtschaft. Ein Viertel rechnet hingegen mit einer Verschlechterung, das ist doppelt so viel wie vor einem Jahr.
Zudem beurteilen die deutschen Befragten die Aussichten für ihr eigenes Unternehmen schlechter. Nur noch 28 Prozent rechnen demnach mit Wachstum, 2015 waren es noch mehr als ein Drittel.
Deutsche Konzernchefs skeptischer als ihre Kollegen
Damit sind die deutschen Konzernchefs skeptischer als ihre Kollegen weltweit, von denen immerhin 35 Prozent ihr Unternehmen auf Wachstumskurs sehen, etwas weniger als 2015 (39 Prozent). Allerdings befinden sich die deutschen Chefs mit ihrer pessimistischeren Einschätzung im Einklang mit anderen wichtigen Wirtschaftsnationen. So sackte die Zuversicht in China von 36 auf 24 Prozent ab, in den USA von 46 auf 33 Prozent. Dagegen blicken vor allem Inder und Spanier deutlich optimistischer in die Zukunft.
"Die Verunsicherung in den Chefetagen nimmt weiter zu", kommentierte PwC-Deutschland-Chef Norbert Winkeljohann die Ergebnisse der Studie, für die 1409 Top-Manager aus 83 Ländern befragt wurden, davon 75 aus Deutschland. "Die Zunahme weltweiter politischer Krisen und Konflikte, die Entwicklung des Ölpreises, das verlangsamte Wachstum von Chinas Wirtschaft und die Herausforderungen durch Zuwanderung sind neue Risiken, die sich spürbar auf die Stimmungslage der Top-Manager ausgewirkt haben."
Angst vor Spannungen massiv gewachsen
Dabei macht auch der Flüchtlingszustrom nach Deutschland den Unternehmenslenkern zunehmend Sorgen. Die Angst vor gesellschaftlichen Spannungen ist in den vergangenen zwölf Monaten bei ihnen massiv gewachsen. Darin sehen nun 57 Prozent der befragten Manager eine Gefahr für die Wirtschaftsentwicklung, vor einem Jahr waren es gerade einmal 28 Prozent. Ganz oben auf der Sorgenliste stehen aber weiter zu strenge Regeln für die Konzerne, gefolgt von geopolitischen Unsicherheiten und der Schuldenkrise in Europa. Als größtes Risiko für das eigene Unternehmen sehen fast zwei Drittel der Befragten in Deutschland inzwischen Cyber-Angriffe.
Ungeachtet der wachsenden Sorgen sind die Beschäftigungsprognosen der Manager stabil geblieben. Weltweit will immer noch rund die Hälfte der Befragten ihre Belegschaft vergrößern. Nur rund ein Fünftel und damit genauso viele wie 2015 plant einen Stellenabbau. In Deutschland wollen 43 Prozent der Befragten die Mitarbeiterzahl erhöhen, (2015; 41 Prozent) und 33 Prozent sie verkleinern (2015: 28).
Zugpferd: US-Vizepräsident Joe Biden wird beim WEF den Kampf gegen den Krebs in den Mittelpunkt stellen. Biden ist der erste amtierende US-Vizepräsident, der beim Weltwirtschaftsforum teilnimmt. US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel sind in diesem Jahr nicht dabei, wohl aber rund 40 Regierungschefs aus aller Welt. Deutschland wird vertreten ...
... durch Bundespräsident Joachim Gauck, der zum Thema Flüchtlinge reden wird.
Außerdem wird Finanzminister Wolfgang Schäuble beim WEF in Davos erwartet. Neben den rund 40 Regierungschefs und mehr als 700 Firmenchefs ...
... sind auch einige Königinnen in Davos dabei, so zum Beispiel Mathilde von Belgien (im Bild mit dem sri-lankischen Premierminister Ranil Wickremesinghe). Sie kann beim WEF auch einige Amtskolleginnen treffen, zum Beispiel Maxima der Niederlande und Rania von Jordanien oder ...
... Schauspieler Leonardo Di Caprio zum Beispiel wird für seinen Einsatz für die Umwelt in Davos mit dem "Crystal Award" belohnt.
Dauergast: Bono gehört in Davos schon zum Promi-Inventar.
Nein, das ist nicht der US-Präsident, er spielt diesen lediglich in "House of Cards". Wenn Obama schon nicht in der Schweiz vorbeischaut, dann kann zumindest Kevin Spacey staatsmännisch schauen.
Zu den sechs diesjährigen Co-Chairs, die auch das Programm der Konferenz mitbestimmen, gehört General-Motors-Chefin Mary Barra ...
... ebenso wie Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam, der auch gleich auf der ersten Runde am Mittwochmorgen zum Langfristdenken von Unternehmenslenkern auftrat.
Oliver Bäte von der Allianz ist dabei. Er kann dort fast die Hälfte seiner Dax-Chefkollegen treffen, ob Joe Kaeser (Siemens), John Cryan (Deutsche Bank), Kasper Rorsted (Henkel, bald Adidas) oder ...
... Bill McDermott von SAP, hier beim Selfie mit US-Vizepräsident Joe Biden.
Wo all die global debattierenden Davos Men sind, darf sie nicht fehlen: Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds.
Das Programm hat mehr als 100 Seiten. Es geht um Konflikte und neue globale Herausforderungen. Übergreifendes Motto des diesjährigen Events, das erneut von WEF-Gründer Klaus Schwab geleitet wird: "Die Meisterung der vierten industriellen Revolution".
2500 Politiker, Manager und Wissenschaftler aus mehr als 100 Ländern kommen nach Davos. Darunter auch Hollywoodstars: Leonardo DiCaprio und Kevin Spacey. Bundespräsident Joachim Gauck vertritt Deutschland.
Die rund 90 Hotels und weit mehr Restaurants sind ausgebucht - und meist viel teurer als sonst.
Das WEF kostet eigenen Angaben zufolge umgerechnet 32 Millionen Euro - statistisch 12.800 Euro pro Teilnehmer. Dabei zahlen die meisten Gäste Anreise und Unterkunft selbst. Die Kosten für den Sicherheitsaufwand dürften enorm sein, werden aber geheim gehalten.
Dem WEF gehören 1000 der weltgrößten Unternehmen an. Der WEF-Jahresbeitrag liegt - je nach Firmengröße und Umfang der Beteiligung - zwischen 50 000 und 500 000 Franken (458 000 Euro).
1000 Polizisten und 3000 Soldaten im Einsatz, 2000 weitere in Reserve. Kampfjets sichern den gesperrten Luftraum, am Boden Flugabwehrwaffen, Straßensperren und Sicherheitsschleusen.
Gut ein Dutzend Partys pro Nacht, die begehrtesten mit Vertretern des Hochadels und Hollywoods. Gastronomen haben den Gesamtumsatz voriges Jahr auf 35 Millionen Euro geschätzt.
Thomas Mann (1875-1955) verhalf Davos mit seinem 1924 erschienenen Roman "Der Zauberberg" zu Berühmtheit. Im darin beschriebenen Waldsanatorium wurde seine Frau Katia gepflegt. Es ist heute ein Luxushotel.