Zentralbanker im Vergleich Die Weltfinanzregierung - Janet Yellen und ihre mächtigsten Mitstreiter

Künftige Präsidentin der Federal Reserve: Janet Yellen
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Die Tochter eines jüdischen Arztes aus Brooklyn wird im Februar die erste Frau an der Spitze einer großen Notenbank. Das Fundament dafür hat sie mit einer geradlinigen akademischen Karriere gelegt, deren erste Stationen ehrwürdige Ivy-League-Universitäten waren: Brown, Yale, Harvard. Ihr Doktorvater war die keynesianische Koryphäe James Tobin.
Karriere:
Zum ersten Mal kam die Ökonomin 1977, in einer Zeit steigender Inflationsraten, als Forscherin zur Notenbank Federal Reserve. Mehr geprägt als die Geldentwertung hat sie wohl ihr Mann George Akerlof, den sie dort kennen lernte. Mit ihm ging sie zur London School of Economics, dann zur Universität Berkeley nach Kalifornien.
Beide forschten intensiv über Arbeitslosigkeit und Marktversagen. Eine ihrer gemeinsamen Studien sagte harte Folgen der Währungsunion von Ost- mit Westdeutschland voraus. Akerlof wurde 2001 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Trotz seiner Berühmtheit richtete sich das Paar auch nach ihrer Karriere, die abermals zur Fed und in den Wirtschaftsrat von Präsident Bill Clinton führte.
Ihr Verhältnis zum Geld:
Seit 2004 war Janet Yellen als Notenbankchefin von San Francisco innerhalb der Fed so etwas wie die inoffizielle Sprecherin der geldpolitischen "Tauben", die eine niedrigere Arbeitslosigkeit für wichtiger halten als niedrige Inflation. 2010 machte Präsident Barack Obama sie zur Stellvertreterin von Fed-Präsident Ben Bernanke. Dessen Nachfolge wollte er trotzdem lieber seinem Vertrauten Larry Summers antragen, der aber nach öffentlichem Gegenwind zurückzog. Yellen gilt nicht nur als sympathischer und teamfähiger, sie bringt auch die größere geldpolitische Expertise mit. Ebenfalls aktuell von Vorteil: Yellen fehlt jede Nähe zur Wall Street.
Mario Draghi, ein Goldman rettet den Euro

Präsident der Europäischen Zentralbank: Mario Draghi
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1947 wurde Mario Draghi in Rom als Sohn eines hohen Zentralbanksbeamten und einer Apothekerin geboren. Nach dem frühen Tod der Eltern - sein Vater starb, als er gerade einmal 15 war -, übernahm er früh Verantwortung: Der Jesuitenschüler kümmerte sich um die jüngeren Geschwister.
Karriere:
Mit späteren Wirtschaftsgrößen wie Luca Cordero di Montezemolo (Fiat, Ferrari), besuchte der Italiener die exklusive römische Jesuitenschule Massimiliano Massimo, wo er als Klassenprimus für seine Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit bekannt war. Nach dem Ökonomie-Studium in Rom und einem Aufenthalt am MIT (Massachusetts Institute of Technology) promovierte er und lehrte danach an verschiedenen italienischen Universitäten, bevor der Vater zweier Kinder 1984 zur Weltbank wechselte.
Nach einem Intermezzo bei Goldman Sachs in London, wurde Draghi auf Vorschlag der Berlusconi-Regierung schließlich Chef der italienischen Zentralbank, wo er früh auf die Probleme des italienischen Staatshaushalts hinwies. Im November 2011 beerbte er nach dem Rückzug des deutschen Kandidaten Axel Weber schließlich Jean-Claude Trichet als EZB-Chef.
Sein Verhältnis zum Geld:
Seine Maxime hat er im Sommer 2012 festgelegt: Er werde "alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten", kündigte er in London an. Dem Erhalt der Einheitswährung ordnet er alles unter - kurzfristig auch die Inflationssteuerung. Seine Hobbies entsprechen grob seiner Peer Group: Bergsteigen, Golfen.
Mark Carney, der Tabubrecher

Gouverneur der Bank von England: Mark Carney
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Mark Carney ist der erste Ausländer an der Spitze der Bank of England - allerdings auch Untertan ihrer Majestät. Er wurde als Kind eines Schuldirektors und einer Lehrerin in der Kleinstadt Fort Smith in der kanadischen Provinz geboren. In seinen jungen Jahren zog die Familie dann in die Großstadt Edmonton, wo Carney auch die Highschool besuchte.
Karriere:
Schon im Studium zeigte sich Carney als weltoffen: Nach dem Ökonomiestudium in Harvard ging er, ähnlich wie Mario Draghi, zu Goldman Sachs, für die er bis 2003 auf mehreren Kontinenten tätig war - unter anderem in Südafrika, dem Nahen Osten, den USA, Kanada und Europa. Nach verschiedenen Tätigkeiten für das kanadische Wirtschaftsministerium und die Zentralbank wurde das "Financial Wunderkind", wie ihn eine kanadische Zeitung titulierte, 2008, gerade mal 43 Jahre alt, bislang jüngster Chef der Bank of Canada. Sein Markenzeichen: Scharfe, deutliche Worte. Das Ergebnis: An den hart regulierten kanadischen Banken zog die Finanzkrise weitgehend vorbei.
Im November 2011 beerbte Carney schließlich Mario Draghi als Vorsitzender des von den G20 ins Leben gerufenen Financial Stability Board (FSB), das sich um Standards in der internationalen Finanzmarktregulierung bemüht. Von dort warb ihn dann Großbritanniens Schatzkanzler George Osborne zum 1. Juli 2013 als ersten ausländischen Chef der Bank of England ab.
Sein Verhältnis zum Geld:
Kaum im Job, sorgte der passionierte Langstreckenläufer und vierfache Vater mit der für ihn typischen Deutlichkeit für Furore: Er schloss nicht aus, dass eine Zentralbank ihr Inflationsziel aufgeben und ihre Geldpolitik stattdessen an einem nominalen Wachstumsziel orientieren könne.
Zhou Xiaochuan, der Mann vom Geldberg

Gouverneur der Chinesischen Volksbank: Zhou Xiaochuan
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Geboren wurde der Gouverneur der Chinesischen Volksbank 1948 im Nordosten des Landes, wo der Bürgerkrieg am heftigsten tobte. 1975, als Zhou Xiaochuan in Peking seinen Abschluss als Chemieingenieur machte, tobte noch Maos Kulturrevolution, in der Studenten wie Zhou in Arbeitsbrigaden aufs Land verschickt und Funktionäre wie Zhous Vater verfolgt wurden. Das Ende der revolutionären Wirren wurde für ihn zu einer persönlichen Befreiung.
Karriere:
Kaum jemand im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei hat sich so sehr den marktwirtschaftlichen Reformen verschrieben wie Zhou. Er gilt als Mentor des früheren Generalsekretärs Jiang Zemin. In den 80er Jahren saß er im Rat zum Umbau des Wirtschaftssystems und amtierte als Vize im Außenhandelsministerium. Später bereitete er die Privatisierung von Bank of China und China Construction Bank vor und als Leiter der Börsenaufsicht den Rückzug des Staats aus vielen weiteren Firmen - was die Aktienkurse damals zum Absturz brachte.
Sein Verhältnis zum Geld:
Seit Dezember 2002 führt Zhou die Chinesische Volksbank, die er zu einer Notenbank nach westlichem Vorbild umbauen will. Von politischer Unabhängigkeit ist sie weit entfernt - dennoch ist sie als Machtfaktor bedeutsam. Wichtiger als der Leitzins ist für die Konjunktur des Riesenreichs die Feinsteuerung der Kreditvergabe. Zhous Leute halten die Geschäftsbanken an der kurzen Leine. Mit den Devisenreserven von 3,7 Billionen Dollar hat die Volksbank einen Geldberg angehäuft, der die deutsche Wirtschaftsleistung eines Jahres übersteigt.
Das vielleicht größte Projekt Zhous, die Landeswährung Renminbi für den internationalen Handel freizugeben, steht noch am Anfang. Im vergangenen Jahr wurde er für weitere sechs Jahre an der Zentralbankspitze berufen und mit der Wahl in einen Beratungsausschuss des Parlaments zum "Nationalen Führer" erhoben. Seine Frau Li Ling ist Chefjuristin im Handelsministerium.
Haruhiko Kurodas Mission gegen die Deflation

Gouverneur der Bank von Japan: Haruhiko Kuroda
Foto: DPAHerkunft: Geboren 1944 in Fukoka, dem Hauptort der südlichsten der japanischen Hauptinseln, Kyushu, gehört BoJ-Chef Haruhiko Kuroda mit 69 Jahren zu den älteren Semestern im Zentralbankgeschäft.
Karriere: Nach dem Abschluss der Schulausbildung ging Kuroda nach Tokio und machte 1967 einen Abschluss in Rechtswissenschaften, den er 1971 an der Universität mit einem Studium der Wirtschaftsphilosophie ergänzte. 1967 trat er in die Dienste des japanischen Finanzministeriums ein. Von 1997 bis 2003 entwickelte er als Vize-Finanzminister eine Hilfsstrategie für die im Zuge der Asien-Krise in Bedrängnis geratenen Nachbarn. 2005 wurde er Präsident der Asiatischen Entwicklungsbank. Im März 2013 trat er schließlich das Spitzenamt der Bank of Japan an. Sein Vertrag läuft bis 2018.
Sein Verhältnis zum Geld: Der als Feingeist und als Bücherwurm bekannte Kuroda gilt als Verfechter einer aggressiven Geldpolitik. Das Ziel, das er bei seiner Wiederernennung durch Präsident Shinzo Abe ausgab, war denn an Deutlichkeit auch kaum zu überbieten. Höchstens zwei Jahre will er zum Erreichen des Inflationsziels von 2 Prozent brauchen.
Dass er bei der Weltrettung das große Ganze im Blick behält, hat der "Währungskrieger" bereits bewiesen: Auf dem Höhepunkt der Asienkrise soll ihn ein Mitarbeiter des Finanzministeriums einmal vertieft in einen Philosophieschmöker von Aristoteles gefunden haben.
Jens Weidmann, der Reservist

Präsident der Deutschen Bundesbank: Jens Weidmann
Foto: © Kai Pfaffenbach / Reuters/ REUTERSHerkunft:
1968 als Sohn einer Lehrerin und eines Ingenieurs geboren, zog es Weidmann bereits nach seinem Abitur in Backnang in die weite Welt. Nach dem Volkswirtschaftsstudium mit Stationen in Aix-en-Provence, Paris und Bonn sowie Ruanda promovierte er Ende der 90er Jahre - unter anderem beim späteren Bundesbankpräsidenten Axel Weber.
Karriere:
Es folgten Stationen beim Internationalen Währungsfonds in Washington, beim Sachverständigenrat und bei der Bundesbank, bis ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel 2006 schließlich zum Leiter der Wirtschafts- und Finanzabteilung ins Kanzleramt berief.
Mit seinem Weggefährten, dem damaligen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jörg Asmussen, kümmerte Weidmann sich erfolgreich um Bankenrettung, Abwrackprämie und Konjunkturprogramme und nahm in der Folge als Merkels persönlicher Sherpa auch internationale Verhandlungsaufgaben bei G8- und G20-Treffen wahr. Im März 2011 beerbte er schließlich den vorzeitig ausscheidenden Bundesbank-Präsidenten Axel Weber und wurde mit gerade einmal 43 Jahren der bis dato jüngste Bundesbankpräsident.
Herr des Geldes:
Geldpolitisch entscheiden kann Weidmann kaum. Das ist Sache der EZB, in deren Rat er eine von 24 Stimmen aus dem ganzen Euro-Land bildet, allerdings mit symbolischem Gewicht als Vertreter der größten und um den Geldwert besonders besorgten Volkswirtschaft. Als Bundesbankchef präsentiert sich der zweifache Vater als steter Mahner für Stabilität und stimmte auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise als einziger Notenbankchef gegen den Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB. Nach Draghi wird seine Stimme international am stärksten gehört - nur ist zunehmend unsicher, mit welchen Folgen. Die Hobbies des 45-Jährigen immerhin sind ideal für Selbstreflexion: Kochen und Gärtnern an seinem Wohnsitz im Rheingau.