Russlands Finanzminister Siluanow: Die Strafmaßnahmen des Westens kosten Russland rund 40 Milliarden Dollar pro Jahr
Foto: REUTERSMoskau - Wegen der westlichen Sanktionen und des Ölpreis-Verfalls entgehen Russland nach Schätzung der Regierung bis zu 140 Milliarden Dollar im Jahr. Rund 40 Milliarden Dollar (32 Milliarden Euro) davon seien auf die Strafmaßnahmen zurückzuführen, sagte Finanzminister Anton Siluanow am Montag. Mit bis zu 100 Milliarden Dollar gehe Russland aber wegen des verbilligten Öls noch weit mehr Geld durch die Lappen.
Der Preis für das wichtige russische Exportgut ist innerhalb eines halben Jahres um rund 30 Prozent abgesackt. In der vergangenen Woche war der Ölpreis in London erstmals seit vier Jahren wieder unter die 80-Dollar-pro-Barrel-Marke gefallen. Öl und Gas machen zusammen zwei Drittel der gesamten Einnahmen aus dem Ausfuhrgeschäft aus. Die russische Wirtschaft dürfte Experten zufolge dieses Jahr kaum wachsen. Sie leidet unter den Folgen der Sanktionen, die EU und USA wegen des Ukraine-Konflikts verhängt haben.
Russische Unternehmen müssen verstärkt Dollar kaufen, weil die Sanktionen ihnen den direkten Zugang zu den internationalen Finanzmärkten versperren. Die Strafmaßnahmen richten sich vor allem gegen die wichtigen Energie- und Rüstungsindustrien.
All dies hat zu Kapitalflucht und einem Verfall der Landeswährung Rubel geführt. Die russische Zentralbank rechnet vor diesem Hintergrund mit einem Gewinneinbruch für die heimischen Geldhäuser. Vize-Notenbankchef Alexej Simanowski sagte, die Banken müssten sich 2014 auf rund zehn Prozent weniger Überschuss als im Vorjahr einstellen. Zu den Kreditinstituten, die von den westlichen Sanktionen direkt betroffen sind, gehören auch die Großbanken Sberbank und VTB.
Die Opec-Staaten müssen um ihre Macht kämpfen: Bisher hat sich das Ölkartell nicht gegen den Preisverfall zur Wehr gesetzt. Dabei bringen niedrige Ölpreise die Staatshaushalte in vielen Ländern in Schieflage. Doch es sieht so aus, als wollten es Saudi-Arabien, Venezuela und Co. es mit einer aufstrebenden Konkurrenz aufnehmen...
...den USA. Die Fracking-Revolution in Nordamerika läuft Gefahr, deutlich an Dynamik zu verlieren: Die Fördertechnik macht permanent neue Bohrungen erforderlich, doch angesichts des Preisverfalls versprechen diese zum Teil schon keinen Gewinn mehr. Die Kurse vieler Firmen sind bereits abgestützt, einzelnen Firmen droht die Pleite. "Dem Fracking-Boom droht ein Game Over", schreibt Forbes.
Die USA könnten das Ende ihres Ölbooms volkswirtschaftlich vermutlich ganz gut wegstecken, vor allem weil die Kaufkraft angesichts sinkender Benzinpreise steigt. Anders sieht es beim zweitgrößten Ölproduzenten der Welt aus. Russlands Probleme nehmen dramatisch zu: Putins Riesenreich hat außer Rohstoffen wirtschaftlich wenig zu bieten, das Land ist gegenüber Preisrückschlägen extrem empfindlich. Bleibt zu hoffen, dass die Führung in Moskau versucht, das Problem mit Kooperation gegenüber dem Westen und nicht mit Konfrontation zu lösen.
Die großen Ölkonzerne müssen umdenken: Bisher hat ihnen der hohe Ölpreis immer neue Mega-Explorationsvorhaben im zweistelligen Milliardenbereich ermöglicht, zum Beispiel in den Ölsanden Kanadas (Bild). Unsummen sind auch in Gasverflüssigungsanlagen gegangen. Damit ist vorerst Schluss. Exxon Mobil, Chevron, Shell und Co. müssen schrumpfen, um ihre Profitabilität zu halten.
Firmen aus der Öl- und Gasbranche werden als Übernahmeziel unattraktiver: Zwar verbilligen sich die Unternehmen, doch es ist völlig unklar, wohin die Reise mit ihnen geht. Die Zahl der Fusionen werde in naher Zukunft deutlich zurückgehen, sagt die Beratung EY voraus. Leidtragender des Ölpreisverfalls könnte Siemens sein. Der Technologiekonzern will das US-Unternehmen Dresser-Rand für 5,8 Milliarden Euro kaufen. Seit dem Gebot haben Firmen der Branche rapide an Wert verloren.
Alternative Technologien haben es schwerer: Im Oktober ist der Absatz von Hybrid- und Elektroautos in den USA zurückgegangen - so etwas passiert oft, wenn Benzin billiger wird. Allerdings werden auch Batterien, Solaranlagen und Co. permanent günstiger. Es könnte also zu einer Preisschlacht zwischen alternativen Energien und Technologien sowie konventionellen kommen. Um dauerhaft mithalten zu können, müssten die Ölförderfirmen weitere Effizienzsprünge hinlegen, wie zuletzt mit der Fracking-Technik.
Eine allgemein positive Folge hat der Preisverfall. Die Konjunktur in vielen Industriestaaten bekommt einen deutlichen Schub: Wenn Autofahrer weniger für Benzin und Diesel bezahlen, haben sie mehr Geld für andere Dinge. Laut einer Faustformel profitiert sogar die Weltwirtschaft als Ganzes: Sinkt der Ölpreis um 10 Prozent, wächst die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent.
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Foto: GEORGE OSODI/ ASSOCIATED PRESSEine allgemein positive Folge hat der Preisverfall. Die Konjunktur in vielen Industriestaaten bekommt einen deutlichen Schub: Wenn Autofahrer weniger für Benzin und Diesel bezahlen, haben sie mehr Geld für andere Dinge. Laut einer Faustformel profitiert sogar die Weltwirtschaft als Ganzes: Sinkt der Ölpreis um 10 Prozent, wächst die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent.
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